Outsider. Jonathan Wilson
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Название: Outsider

Автор: Jonathan Wilson

Издательство: Bookwire

Жанр: Сделай Сам

Серия:

isbn: 9783730701195

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СКАЧАТЬ wurde Sergei Owtschinnikow als „neuer Jaschin“ gehandelt, auch wenn er sich durch sein forsches Auftreten und seinen Pferdeschwanz im Stile des englischen Torhüters David Seaman deutlich von seinem berühmten Vorgänger unterschied. Owtschinnikows Talent wurde schon zu Schulzeiten rasch deutlich. Damals erwarb er sich auch den Spitznamen „Boss“. Bald holte man ihn in die Jugendabteilung von Dynamo Moskau – des Klubs also, in dem sich bereits Jaschin einen Namen gemacht hatte. 1991 wechselte Owtschinnikow zu Lokomotive Moskau und von dort nach sechs weiteren Jahren nach Portugal. Hier spielte er bei Benfica, Alverca und dem FC Porto, bis er 2002 zu Loko zurückkehrte. Oft tun sich russische Spieler im Ausland schwer, doch Owtschinnikow lernte offensichtlich eine Menge in Portugal. Als er Russland verließ, war er zwar brillant, aber nicht konstant; als er zurückkehrte, war er brillant und konstant. Er spielte 20 Spiele zu null – ein neuer russischer Rekord –, als Lokomotive erstmals in der Vereinsgeschichte die Meisterschaft holte. „Die Situation bei Loko mit Owtschinnikow war damals die gleiche wie bei Dynamo mit Jaschin“, sagte Lokos damaliger Stürmer Walentin Bubukin.

      Nur Owtschinnikows Temperament war ein anderes. Jaschin war zwar auch hitzig, lernte aber, seine Emotionen unter Kontrolle zu halten. Das schaffte Owtschinnikow nie. „Der Keeper sollte aggressiv sein“, sagte er. „Er sollte schreien, das Kommando übernehmen, für seine Mitspieler kämpfen. Das wird Teil seines Images. Man macht das mit Absicht, um Druck auf die Schiedsrichter aufzubauen und den Gegner aus dem Gleichgewicht zu bringen. Glauben Sie bloß nicht, dass ich auch im Alltag so bin.“ Manchmal übertrieb er es allerdings mit seiner Aggressivität. 2003 wurde er für fünf Spiele gesperrt, nachdem er einem Trainer von Zenit St. Petersburg hinterhergejagt war, der aus seiner Sicht Loko beleidigt hatte. „Am meisten regt mich an anderen Leuten auf, wenn sie sich Loko gegenüber respektlos zeigen“, sagt er. „Wenn sie Schlechtes über meinen Verein sagen, ist das das Gleiche wie eine persönliche Beleidigung.“

      Nachdem Owtschinnikow bei einem Freundschaftsspiel gegen Deutschland nur Ersatz gewesen war, hieß es im Jahr 2000, er habe geschworen, nie wieder für die Nationalmannschaft anzutreten. Doch tatsächlich kehrte er vor allem deshalb aus Portugal nach Russland zurück, um sich in den WM-Kader zu spielen. Nach seiner Rückkehr gesellten sich zu den beiden Auszeichnungen als Russlands Torhüter des Jahres, die er bereits bei seinem ersten Engagement für Loko gewonnen hatte, noch zwei weitere. Eine Rote Karte wegen Handspiels außerhalb des Strafraums bedeutete allerdings faktisch das Ende seiner Nationalmannschaftskarriere. Insgesamt brachte er es auf nur 35 Länderspiele. Daher beschleicht einen das Gefühl, dass er dem ganzen Hype trotz seines Talents nie ganz gerecht wurde. Nach dem Ende seiner aktiven Zeit war Owtschinnikow interessanterweise auch einmal Berater für einen ukrainischen Film über das Todesspiel und trainierte den Schauspieler, der Trussewitsch spielte.

      Nach Jeremin und Owtschinnikow kam Igor Akinfejew. Er wurde 1986 in Widnoje geboren, direkt vor den Toren Moskaus. Sein Vater war Kraftfahrer und seine Mutter Lehrerin in einer Schwesternschule. Sein Großvater hatte bereits als Torwart in der zweiten sowjetischen Liga gespielt. „Er kannte einen Trainer aus der Jugendabteilung von ZSKA, und deswegen haben die mich da reingebracht, als ich vier Jahre alt war“, sagte Akinfejew. „Ich glaube, niemand liebt ZSKA mehr als ich.“

      Akinfejew war 16, als er sein Debüt bei ZSKA gab und beim 2:0-Sieg über Krylja Sowetow Samara einen Strafstoß hielt. „[Wenjamin] Mandrikin verletzte sich“, erinnerte er sich. „Ich war sehr nervös und hatte Angst, wie die anderen Spieler mich wohl empfangen würden. Ich habe mich im Trainingslager in ein Zimmer eingeschlossen und habe mit niemandem geredet. Am Abend hatten wir allerdings eine Trainingseinheit, also musste ich rauskommen. Aber die Jungs haben mich freundlich begrüßt, und nach dem ersten Spiel habe ich eine Ladung Bier mit in die Sauna genommen, um zu feiern.“

      Eigentlich ist er ja nicht von der ängstlichen Sorte, wie auch ZSKAs Torwarttrainer Wjatscheslaw Tschanow bestätigt, ein ehemaliger Torhüter, den Akinfejew einmal als „Trainer fürs Leben“ bezeichnete. „Er hat Mut“, sagte Tschanow. „Er wird nicht nervös. Seine größte Stärke ist sein Selbstvertrauen, was sich auf seine Mitspieler überträgt. Er macht nur sehr selten mal einen Stellungsfehler.“ Akinfejew brachte es in der Saison 2003 noch auf 13 Ligaeinsätze, und ZSKA holte die erste Meisterschaft seit dem Ende der UdSSR. Im Jahr darauf wurde er Stammtorhüter bei ZSKA und zum russischen Torhüter des Jahres gewählt. Wiederum eine Saison später gewann ZSKA als erste russische Mannschaft einen europäischen Titel. Im UEFA-Pokal-Finale schlug man Sporting in deren eigenem Stadion in Lissabon.

      Auch Akinfejew hat ein feuriges Temperament. So wurde er beispielsweise fünf Spiele gesperrt, weil er Ognjen Koroman, den serbischen Mittelfeldspieler von Krylja Sowetow, geschlagen hatte. Der hatte, offenbar ohne böse Absicht, beim Torjubel mit dem Ball auf ihn geschossen. Doch inzwischen ist Akinfejew zu einer freundlichen, reflektierten, fast schon melancholischen Persönlichkeit gereift. 2005 hatte er noch über einen Wechsel ins Ausland nachgedacht, wenn auch ohne große Begeisterung. Schließlich ist er Russe, und es gibt vielleicht keine andere Nation, die sich ihrer Heimat derart verbunden fühlt. „Von seinem eigenen Volk verlangt Russland die hilflose Verehrung des Dazugehörens“, stellt Colin Thubron in Unter Russen fest. „Es umschließt sie mit dem elementaren Despotismus einer Erdmutter, und das Volk empfindet für sie die zerquälte Zärtlichkeit eines Bittenden.“

      Bei Akinfejew wird diese Bindung durch seinen orthodoxen Glauben noch verstärkt. „Wenn ich Zeit habe“, sagte er bei meinem ersten Interview mit ihm im Jahr 2006, „dann versuche ich, in die Kirche zu gehen. Ich zünde einfach nur eine Kerze an […], und schon spüre ich Unbeschwertheit in meiner Seele. Ich kann mir selbst gar nicht vorstellen, für einen anderen Verein als ZSKA zu spielen. Aber wenn man die Chance kriegt, zu einem namhaften Verein zu wechseln, muss man sie nutzen. Vielleicht jetzt noch nicht, aber ganz bestimmt, wenn ich 25 bin. Wenn man in Russland 30 Jahre alt wird, vergessen einen alle. Es gibt große Schauspieler, die im ganzen Land berühmt waren und arm und vergessen gestorben sind.“

      Als er dann 25 Jahre alt war, hatte Akinfejew noch immer Zweifel an einem Wechsel. „Fragen Sie mich, ob ich von ZSKA weg will, und ich werde Nein sagen“, sagte er. Einige glauben aber, dass er woanders hingehen muss, wenn er weiterkommen will. „Zu Beginn seiner Karriere war er der beste Nachwuchsspieler“, sagte Dassajew. „Er war sehr vielversprechend, aber bisher hat er die Erwartungen noch nicht richtig erfüllt. Ich glaube, dass er sich nicht so entwickelt, wie er es müsste, um der Beste zu werden. Ein paar Jahre lang hat er Fortschritte gemacht, und jetzt tut er das nicht mehr. Vermutlich ist es an der Zeit für ihn, ins Ausland zu wechseln. Solange er das nicht tut, wird er stagnieren.“

      Akinfejew sieht das ähnlich, zumindest theoretisch. Gefühlsmäßig bleibt er jedoch an Russland gebunden. „Ich verstehe ja, dass jeder Spieler Fortschritte machen muss. Aber Fortschritte macht man nur bei besseren Mannschaften“, sagte er. „Deshalb würde ich zum Beispiel nie für Aston Villa oder Florenz hier weggehen. Ich habe gehört, dass Arsenal und Manchester United ein gewisses Interesse an mir haben. Sollte ich eines Tages herausfinden, dass das stimmt, dann würde ich ziemlich ins Grübeln kommen. Das sind echt starke Mannschaften, aber ich liebe ZSKA, und ich liebe auch Russland. Ich mag die Menschen in Russland – sie sind mein Volk. Ich mag die russische Natur, besonders die Birken. Ich glaube an Gott und gehe gerne an orthodoxen Kirchen vorbei. Davon würde ich in Europa ganz sicher nicht genug bekommen. Mich machen ja sogar schon zwei Wochen Trainingslager in Europa traurig.“

      Das ist vielleicht typisch russisch. Zahllose Spieler aus Russland haben von starkem Heimweh berichtet, nachdem sie zu ausländischen Klubs gewechselt waren. Jegor Titow sagte, dass ihm regelmäßig übel wurde, wenn er im Flugzeug in Moskau auf den Start wartete. Das geht über die üblichen Probleme hinaus, mit denen sich Fußballspieler, die sich an eine neue Umgebung gewöhnen müssen, konfrontiert sehen.

      Auch dass Akinfejew in einem Atemzug von der Natur und seinem orthodoxen Glauben spricht, ist letztlich typisch. Das verdeutlicht auch Thubron, als er die Vorliebe der Russen für die Eleusa-Darstellungen der Jungfrau Maria erörtert, die vor allem die СКАЧАТЬ