Outsider. Jonathan Wilson
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Название: Outsider

Автор: Jonathan Wilson

Издательство: Bookwire

Жанр: Сделай Сам

Серия:

isbn: 9783730701195

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СКАЧАТЬ Jaschin einen Strafstoß von Sandro Mazzola in einem EM-Qualifikationsspiel gegen Italien – einen von ungefähr 150 gehaltenen Strafstößen in seiner Karriere – und wurde zu „Europas Fußballer des Jahres“ ernannt. Er ist der einzige Torwart, der jemals diese Auszeichnung erhielt.

      Bei der Weltmeisterschaft 1966 spielte er erneut erstklassig, insbesondere im Viertelfinale gegen Ungarn, das im Roker Park in Sunderland stattfand. Obwohl er bereits 1967 seinen Abschied aus der Nationalmannschaft verkündet hatte, wurde er in den Kader für die WM 1970 in Mexiko berufen, wo er als Ersatztorwart und allgemeiner Berater diente. Noch kurz vor seinem 40. Geburtstag präsentierte er sich bei Dynamo in prächtiger Form und ließ in seinen ersten zehn Saison-spielen nur ein Tor zu. Kurz nach der Rückkehr aus Mexiko beendete er seine Karriere und absolvierte am 30. August 1970 sein letztes Meisterschaftsspiel, 20 Jahre und 59 Tage nach seinem ersten. Auch wenn Statistiken im Fußball nicht unbedingt sehr aussagekräftig sind, sind die von Jaschin doch so erstaunlich, dass sich ein Blick darauf lohnt. So absolvierte Jaschin für Dynamo Moskau und die UdSSR insgesamt 438 Spiele. Beide Teams waren zwar erfolgreich, aber nicht übermäßig. Umso erstaunlicher ist es, dass Jaschin 209-mal, also in 48 Prozent seiner Spiele, zu null spielte.

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       Lew Jaschin (2.v.l.) wird als „Europas Fußballer des Jahres“ ausgezeichnet. Kein anderer Torhüter erhielt je diesen Preis.

      Im Mai 1971 streifte Jaschin das dunkle Jersey noch einmal über für ein Abschiedsspiel zwischen einer Weltauswahl mit Gerd Müller, Dragan Džajić und Christo Bonew und einer Elf der landesweiten Sportgemeinschaft Dynamo. Unnötig zu erwähnen, dass er noch nicht bezwungen worden war, als er in der 52. Minute unter bewegenden Beifallsbekundungen ausgewechselt wurde. Anschließend arbeitete er als Vorstand bei Dynamo Moskau, verbrachte aber den Großteil seines Ruhestands mit Angeln. „Ich kann mir zum Ausspannen nichts Schöneres vorstellen, als mit der Rute in der Hand draußen auf einem See oder in der Marsch zu sein“, sagte er. Jaschins mutige Spielweise forderte nun allerdings ihren Tribut. Die regelmäßigen Schläge auf die Beine hatten innere Schäden verursacht. 1984 erkrankte er bei einer Reise mit der sowjetischen Altherrenmannschaft in Budapest, und ihm musste das rechte Bein amputiert werden. Dass er starker Raucher war, machte die Sache nicht besser. 1990, sechs Monate nach seinem 60. Geburtstag, ist Lew Jaschin gestorben. Doch seine Legende lebt weiter.

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      Es gab die Vorgänger Jaschins, und es gibt seine Nachfolger. Der Jaschin der 1980er Jahre war Rinat Dassajew, der 1957 im südrussischen Astrachan geboren wurde. Er ist, direkt hinter Jaschin, vermutlich der zweitgrößte russische Torhüter aller Zeiten und sicherlich der größte tatarische Fußballer überhaupt. Er nahm an drei Weltmeisterschaften teil, gewann Bronze bei den Olympischen Spielen 1980 in Moskau und wurde Zweiter bei der EM 1988 in Deutschland. Zwischen 1979 und 1990 brachte er es auf 91 Länderspiele. Nur Oleh Blochin hat mehr Spiele für die Sowjetunion absolviert.

      Seine größten Spiele waren aus seiner eigenen Sicht die 1:2-Niederlage gegen Brasilien in der Gruppenphase der WM 1982 und der 1:0-Sieg gegen die Niederlande in der Gruppenphase der EM 1988 (die Niederländer besiegten die Sowjets im Finale mit 2:0). „‘82 war die erste Weltmeisterschaft für mich“, sagte er. „Ich habe eine DVD und gucke sie mir immer mal wieder an. Ich kann mich noch an jeden einzelnen Moment des Spiels erinnern, und ich glaube nach wie vor, dass ich beide Tore hätte verhindern können, wenn ich eine Hand und nicht beide benutzt hätte.“

      Dassajew war auch ein Schlüsselspieler in der starken Mannschaft von Spartak Moskau in den späten 1970er und frühen 1980er Jahren, die zwei Meisterschaften holte und dabei eine schnelle, attraktive Spielweise mit Kurzpässen und ständigen Positionswechseln pflegte. Sechsmal wurde er sowjetischer Torhüter des Jahres, und man nannte ihn den „Eisernen Vorhang“. Nach dem Ende des Kommunismus gehörte er zu den ersten Spielern, die die neue Reisefreiheit nutzten, und wechselte 1990 für eine Transfersumme von damals umgerechnet gut vier Millionen Mark zum FC Sevilla. „Als ich zu Sevilla kam, war ich 31“, sagte er. „Aber ich kam mir vor wie ein Teenager, weil ich nicht ausdrücken konnte, was ich wollte oder was ich von anderen Spielern wollte. Ich hielt mich von der Mannschaft fern. Das lag an meinen fehlenden Sprachkenntnissen.“

      Und so enttäuschte Dassajew gegen Ende seiner Karriere in Spanien. Er hatte schon bei der WM 1990 in Italien untypische Schwächen gezeigt. Nun musste er sich regelmäßig mit dem Status des vierten Ausländers begnügen, waren damals im spanischen Fußball doch nur drei erlaubt. 1994 lief sein Vertrag aus. Danach entschied er sich, in Spanien zu bleiben, auch wenn er nicht wirklich die Qualifikationen besaß, einen Arbeitsplatz zu finden. „Meine Frau ist aus Sevilla, und wir haben dort viele Freunde“, sagte er. „Ich fahre oft dorthin. Sevilla ist meine zweite Heimat. Dort gehöre ich dazu.“ Einige Jahre lang schien Dassajew verschwunden zu sein, bis ihn die Zeitung Komsomolskaja Prawda aufspürte. Sie berichtete, dass er mittlerweile in Armut lebte. Man überredete ihn, nach Russland zurückzukommen, wo man ihn als Helden empfing.

      Dassajew erkannte das Land kaum wieder. „Ich habe ja selbst nicht miterlebt, was da alles passiert ist“, sagte er über die radikalen Veränderungen nach der Perestroika. „Ich hatte Glück. Da war ich schon weg. Ich habe meine Freunde von Spanien aus angerufen, und die haben mir gesagt, ich solle dort bleiben und nicht zurückkommen. Das war ein guter Rat. Als ich nach zehn Jahren Spanien zurückkehrte, musste ich die nächste Herausforderung meistern. Ich musste wieder Russisch lernen, weil ich zehn Jahre lang nur Spanisch gesprochen hatte. Ich musste immer ein bisschen überlegen, was ich eigentlich sagen wollte. Ich habe auch Zeit gebraucht, bis ich mich an die neue Wirklichkeit in diesem Land gewöhnt hatte. Ich bin aus einem Land fortgegangen und in ein ganz anderes zurückgekommen, politisch gesehen. Also musste ich noch einmal von vorne anfangen.“

      Dassajew scheint gemischte Gefühle zu haben, was das alte System angeht. Er weiß, dass sich sein Leben als Spitzenfußballer stark von dem vieler Landsleute unterschied. „Ich spreche nicht nur für mich, sondern auch für viele andere große Sportler, die die Sowjetunion repräsentierten“, sagte er. „Es gab zwar so etwas wie Druck, aber der war nicht so schlimm oder stark, dass man darunter zu leiden hatte. Dass die UdSSR ein abgeschottetes Land war, galt für uns Fußballspieler ja nicht wirklich, weil wir oft auf Reisen waren. Wir haben in einer anderen UdSSR als unsere Mitmenschen gelebt. Die einzige Einschränkung war, dass wir das Land nicht verlassen konnten, um bei anderen Vereinen zu spielen. Das war verboten. Vergessen Sie nicht, dass wir in der UdSSR groß geworden sind und dass wir Teil dieser Gesellschaft waren.“

      Und weiter: „Wir waren ein bedeutender Bestandteil des sowjetischen Lebens. Man fragt mich oft, wann es denn besser war, zu sowjetischen Zeiten oder heute. Was den Fußball angeht, stimmt es schon, dass wir nicht so hohe Gehälter bekamen, wie man sie den Spielern heute zahlt. Aber was wir Sportler zu der Zeit an Geld bekommen haben, war mehr als genug, um das Leben zu genießen. Man hatte keine Probleme, eine Wohnung oder ein Auto zu kaufen. Außerdem waren die Preise so niedrig, da reichte das Geld, das wir bekamen, um einen hohen Lebensstandard zu garantieren. Heute kriegen die Jungs zwar viel Geld, aber sie müssen auch viel Geld ausgeben.“ Und vielleicht änderte sich auch die Einstellung gegenüber Torhütern: In der neuen Gesellschaft suchte man nun den Ruhm und die Ehre, die Tore mit sich brachten, und weniger die mit viel Selbstaufopferung einhergehende Unabhängigkeit des Torhüters. Nachdem er eine Zeit lang als Co-Trainer der russischen Nationalmannschaft gearbeitet hatte, begann Dassajew, eine Trainerakademie im Luschniki zu führen.

      Der nächste Mann, der als Nachfolger Jaschins galt, war Michail Jeremin. 1986 gab er mit 18 Jahren sein Debüt bei ZSKA Moskau, war Schlüsselspieler der UdSSR beim Gewinn der U21-Europameisterschaft 1990 und wurde noch im gleichen Jahr für ein Freundschaftsspiel der A-Nationalmannschaft gegen Rumänien nominiert. 1991 gehörte er dem ZSKA-Team an, das nach einem Sieg gegen Torpedo Moskau den sowjetischen Pokal gewann und später auch die letzte sowjetische Meisterschaft holte. СКАЧАТЬ