Free Zone. Charles Platt
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Free Zone - Charles Platt страница 3

Название: Free Zone

Автор: Charles Platt

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Memoranda

isbn: 9783948616472

isbn:

СКАЧАТЬ Romane, mit denen ich in den 1950ern und ’60ern groß geworden bin, taten das nie. Wenn ein Autor ein neues Buch plante, begann er (oder – damals nur sehr gelegentlich – sie) vielleicht mit Notizen zu Figuren und Plot und sah sich vielleicht an, wie eine Idee schon früher benutzt worden war. Doch wenn der Autor dann wirklich mit dem Schreiben anfing, erzählte er schlicht eine Story, und der Entstehungsprozess blieb verborgen.

      William Gibson sagte mir einmal, dass Fiktion wie ein farbenprächtiger chinesischer Drache auf einem Straßenfest sei. Die Kinder in der Menge werden durch die sich windende und dahinwogende Gestalt des Drachen belustigt, der lebendig zu sein scheint. Doch darunter stecken eine Menge verschwitzter Kerle, die Stangen und Hebel bewegen, um den Effekt zustande zu bringen. Die Arbeit des Autors bestehe darin, einer dieser Kerle zu sein und den Leser zu beeindrucken, dabei zugleich den Arbeitsvorgang zu verbergen.

      Gibson hatte natürlich recht; doch für mich ist die Weise, in der der Drache in Bewegung gebracht wird, mindestens ebenso interessant wie seine Außenwirkung. Ich finde den Arbeitsvorgang ebenso interessant wie das Produkt, weshalb ich auch am »Drabble Project« interessiert war, wie auch daran, es weiterzutreiben. (Ein Drabble ist wohl insofern eine simple Form von Metafiktion, als dem Leser von Anfang an klargemacht wird, dass der Form die äußerliche Grenze von 100 Wörtern aufgezwungen ist. Das ist ja der springende Punkt.)

      In der zweiten Hälfte der 1960er war das Science-Fiction-Magazin NEW WORLDS voll von Experimenten zu erzählerischen Verfahren. John Sladek, J. G. Ballard, Brian Aldiss, D. M. Thomas und viele andere schrieben Metafiktion.

      Ballard verfasste, was er »kondensierte Romane« nannte, in denen er auf all die Charakteristika gewohnter Erzählweise verzichtete und das Werk lediglich als Folge von Szenen präsentierte, wie Fotografien. D. M. Thomas schrieb ein Gedicht, das sich in zwei Dimensionen entwickelt, wie ein Kreuzworträtsel. John Sladek schrieb eine Erzählung, die aus isolierten Sätzen besteht, die in Tausenden verschiedenen Anordnungen gelesen werden können. Nur drei von vielen Experimenten.

      Manche Leser fanden solche Sachen unbefriedigend oder gar anstrengend. Theoriebasierte Fingerübungen wollten sie nicht lesen. Sie wollten eine unkomplizierte Geschichte, die ihnen eine von Zweifel unbehelligte Lektüre ermöglichte. Ich kann ihre Einstellung gut verstehen, denn einige meiner Lieblingsromane sind sehr konventionell geschrieben. Doch reizte mich eben auch das Spiel mit den Verfahren des Schreibens – und ich dachte mir, es sollte möglich sein, beides zu tun. Warum also nicht Metafiktion, die zugleich eine gute, lesbare Story ist?

      Das Erzählverfahren ausloten

      Mein erster Roman, Garbage World, war kein ambitioniertes Buch, doch es mischte die traditionelle Erzählweise insofern mit etwas bewusster Selbstbeobachtung, als es humorvolle Anspielungen auf Traditionen der Science Fiction und zwanghaft Bücher sammelnde Fans brachte.

      Ein anderer Roman von mir, betitelt Planet of the Voles, war sogar noch weniger ambitioniert. Dies Buch schien nur eine schlichte Abenteuergeschichte zu sein, doch hatte ich Spaß daran, es mit freudianischer Symbolik vollzustopfen, die jahrzehntelang bewusst oder unbewusst in der Science Fiction benutzt worden war und von den Gestaltern der Magazin-Cover ausgeschlachtet wurde.

      Die Warum-Fragen tauchen immer wieder auf, weil das »Warum« ein häufiger Einwand gegen Metafiktion ist. Warum schraubt jemand am Erzählverfahren herum? Was soll das?

      Ein paar Begründungen habe ich schon angeführt, es folgen noch einige mehr:

      Für manche Autoren und Leser wird geradliniges Geschichtenerzählen mit der Zeit langweilig. Ballard sprach gern verächtlich vom »leidigen Verfahren«, Figuren herumzubewegen und sie miteinander reden zu lassen.

      Einige Autoren haben Spaß an Spielereien. John Sladek, dessen Werk ich überaus schätze, ist wahrscheinlich das beste Beispiel. Doch auch dessen alten Freund Thomas M. Disch verlockte es in die Richtung, und er strukturierte seinen Roman 334 nach einem von Sladek angeregten System.

      Was mich angeht, so bin ich einfach fasziniert von den verschiedenen Weisen, in denen Autoren tun, was sie tun. Ich möchte immer wissen, wie Erzählen funktioniert und wie eine Erzählung aufgebaut ist. Ich veröffentlichte sogar zwei Bücher (Dream Makers und Dream Makers II), in denen ich Autoren nach ihrem Vorgehen beim Schaffen von Erzähltexten befragte.

      Ich war überzeugt, ich könnte einen Roman schreiben, der die gesamte Liste meiner 43 Begriffe enthält, und auch davon, dass dieser einen doppelten Zweck erfüllen könnte. Obschon manche Leser nicht willens zu sein schienen, sich mit Metafiktion abzugeben, würde es sie sicherlich interessieren, wie das Buch so disparate Ideen wie Zeitreisen und Alternativwelten zusammenbringt. Und ich hoffte, sie dadurch zu gewinnen, dass ich eine actiongeladene und unterhaltsame Geschichte erzählte.

      Das einzige Problem war, für ein solches Projekt einen geeigneten Verlag zu finden. Ich konnte mir nur einen vorstellen, der davon versucht sein könnte: John Douglas, der 1988 bei Avon Books tätig war.

      Ein Roman mit allem drin

      John und ich hegten beide eine innige Liebe zur Science Fiction und waren zugleich mit all ihren Traditionen und Klischees sehr vertraut. Ich rief ihn an, um mich selbst zu einem Business-Lunch einzuladen. »Ich habe eine Idee, der du, glaube ich, nicht wirst widerstehen können.«

      In einem chinesischen Restaurant in der Innenstadt, an einem runden Tisch mit weißem Tischtuch, gab ich John meine Liste. »Ich habe vor, all diese Begriffe in einem Roman unterzubringen«, sagte ich. »Wir können ihm den Untertitel ›Der einzige Science-Fiction-Roman, den Sie jemals lesen müssen‹ geben. Weil alles drin sein wird.«

      In der folgenden halben Stunde versuchte John aus Spaß, irgendeinen Begriff zu finden, der mir für meine Liste entgangen war. Ich glaube, er kam auf zwei oder drei. Er strich auch ein paar meiner Begriffe, die er für nicht wichtig genug hielt. Als wir unsere Glückskekse bekamen, waren wir der Meinung, eine schlüssige und vollständige Liste zu haben.

      »Aber du kannst es nicht den einzigen Science-Fiction-Roman nennen, den man jemals lesen muss«, sagte er.

      Ich war bestürzt. Ich dachte, genau das wäre das schlagende Verkaufsargument.

      »Wir bringen vier Titel im Monat heraus«, erläuterte John. »Die anderen Autoren sind wohl nicht glücklich, wenn wir den Eindruck vermitteln, dass man ihre Bücher nicht lesen muss.«

      Na ja, damit könnte er recht haben. Also gut, vergiss den Untertitel. Die Konzeption des Buchs war immer noch einzigartig und bestechend.

      John war sich da nicht so sicher. Er wollte ein Exposé sehen.

      Der beleidigende Vorschuss

      Das Exposé zu schreiben war schwierig, aber nicht unmöglich. Eine Woche später hatte ich es fertig. Bald darauf war John gewillt, ein Angebot zu machen.

      »Eins, was ich in diesem Geschäft gelernt habe«, sagte er, »ist, dass ich, wenn ich ein idiosynkratisches Buch rausbringe, nicht viel Geld hineinstecken sollte.« Also bot er mir 2000 $. Ich glaube, das war das Minimum eines gegen Tantiemen aufzurechnenden Vorschusses, das Avon damals für Erstlingsromane zahlte.

      Selbst für das Jahr 1988 war es ein beleidigend niedriges Angebot und völlig absurd, wenn man bedenkt, dass man voraussichtlich vier bis sechs Monate brauchte, um einen Roman zu schreiben. Ich erzählte ihm, dass die Konzeption meines Buchs so überaus originell sei, dass es garantiert viel Aufmerksamkeit auf sich ziehen werde. Das Publikum würde neugierig gemacht und fasziniert sein. Kritikern wäre es eine Freude, die Liste meiner Begriffe durchzugehen. Wir würden reichlich Exemplare absetzen.

СКАЧАТЬ