Название: Frost & Payne - Die mechanischen Kinder Die komplette erste Staffel
Автор: Luzia Pfyl
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Frost & Payne - Die gesamte Staffel
isbn: 9783958344112
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Payne legte die Zeitung beiseite. Cecilias Bitte ging ihm wieder durch den Kopf. Er wollte ihr helfen, doch Frost hatte recht. Es war Sache der Polizei. Außerdem hatten sie nur noch weniger als zwei Tage Zeit, um die verschwundene Waffe zu finden. Falls der Mörder bis dahin nicht gefasst war, konnten sie sich immer noch des Falles annehmen.
Trotzdem nagte es an ihm. Was, wenn die nächste Leiche tatsächlich Annabella war? So ziemlich alles sprach jedoch dagegen. Die Jugendlichen schienen nirgendwo hinzugehören, niemand vermisste sie. Annabella war erst halb so alt. Außerdem war da die Visitenkarte, die er in ihrem Zimmer gefunden hatte, in der Nacht nach ihrem Verschwinden. Er glaubte immer noch, dass der Russe etwas damit zu tun hatte.
Nein. Erst die Waffe, dann alles andere.
Die Kellnerin brachte ihm das dritte Bier und warf einen Blick auf die Zeitung, die vor ihm auf dem Tisch lag. »Schreckliche Sache, nicht? Diese armen Kinder!« Sie schüttelte den Kopf.
Payne schaute auf. »Hat die Polizei den Übeltäter schon gefasst?«
Die Kellnerin schnalzte mit der Zunge. »Diese Nichtsnutze vom Yard können oft nicht mal links von rechts unterscheiden. Was glauben Sie?«
Payne musste lächeln und bedankte sich für das Bier. Dann nahm er die Zeitung wieder zur Hand und blätterte durch den Rest. Beim Namen Greyson blieb er hängen. Es war ein kurzer Bericht über die Fabrikeröffnung in York.
Ein Gedanke setzte sich in seinem Kopf fest. Auch wenn er sich wohl wieder eine Faust einfing, vielleicht würde es sie weiterbringen. Das Risiko war es wert.
Payne legte Geld auf den Tisch und eilte aus dem Pub. Kurz darauf stand er wieder vor Newmans Büro. Die beiden Wachmänner standen langsam auf, als sie ihn kommen sahen, und starrten ihn an.
»Der Boss meinte, dass Sie nicht mehr willkommen sind«, sagte der eine. Er schob den Kautabak von einer Wange in die andere.
»Diesmal ist es geschäftlich«, erwiderte Payne gelassen. »Sagen Sie Newman, dass ich ihn sprechen muss.«
Die Männer warfen sich einen skeptischen Blick zu, dann drehte sich der eine um und betrat das Büro. Gleich darauf tauchte er wieder auf und deutete mit einem Kopfnicken an, dass Payne eintreten sollte.
»Ich dachte, wir hätten alles geklärt, Mr. Payne«, begrüßte ihn Newman ohne Umschweife. Im Zimmer hing der herbe Geruch des Pfeifentabaks. Newman schlug ein Buch zu und legte den Füller, mit dem er darin geschrieben hatte, daneben auf den Tisch.
»Ich habe eine Frage. Kennen Sie einen Mr. Sanderson? Er arbeitet für eine Waffenfabrikation in Southwark. Eine von Greysons Fabriken, wenn mich nicht alles täuscht.«
Newman runzelte die Stirn. »Sanderson … Sanderson … Ja, ich kenne einen Sanderson. Er ist einer von Mr. Greysons Sekretären und in dessen Abwesenheit verantwortlich für die Fabrik.«
Paynes Mundwinkel zuckten zufrieden. »Mr. Newman, Sie als Kopf von Greysons Sicherheitskorps, was können Sie mir über Sanderson erzählen?«
»Nennen Sie mir einen Grund, warum ich das tun sollte.« Newman lehnte sich zurück und hob das Kinn. »Worum geht es hier?«
»Miss Frost und ich arbeiten an einem Fall«, antwortete er nur und setzte ein Grinsen auf. »Mehr darf ich Ihnen leider nicht sagen, Sie verstehen.«
»Hat er etwas angestellt, worüber ich Bescheid wissen sollte?« Der Sicherheitschef runzelte die Stirn.
»Sie werden es frühzeitig erfahren, sollte Sanderson tatsächlich etwas mit unserem Fall zu tun haben.«
Newman schaute Payne abschätzig an. Dann stand er auf und ging zu einem Aktenschrank, wo er ein schmales Buch herauszog und darin zu blättern anfing. »Eric Sanderson, seit drei Jahren als Privatsekretär angestellt und mit der Aufsicht über eine der Fabriken in Southwark betreut. Tadellose Buchführung, äußerst zuverlässiger Mann.«
»Was hat er gemacht, bevor er bei Greyson Industries eingestiegen ist?«
»Lassen Sie mich sehen. Royal Navy, Marineoffizier. Mehr wissen wir nicht über den Mann.« Newman klappte das Buch zu und stellte es zurück ins Register.
Also daher kam die steife Art des Sekretärs, dachte Payne. Sanderson war bei der Marine gewesen. In seinem Unterbewusstsein rastete etwas ein, doch er bekam den Gedanken nicht zu fassen. »Danke. Und entschuldigen Sie die erneute Störung. Das war dann auch die letzte für heute.«
»Ihr Amerikaner habt einen wundervollen Sinn für Humor«, gab Newman mit gebleckten Zähnen zurück.
Payne schlenderte grinsend an den Wachhunden vorbei. Jetzt musste er nur noch Frost finden, die irgendwo bei den Docks war. Vermutlich bei ihren Freunden von der chinesischen Mafia.
Der Gedanke gefiel ihm nicht, doch wenn es half, den Prototypen schneller zu finden, so sollte es ihm recht sein. Solange nicht wieder auf ihn geschossen wurde.
9.
Selbst zu ihren besten Tagen in der Organisation hatte Frost es vermieden, in die Opiumhöhlen hinter den Docks zu gehen. Sie verabscheute die Droge. Sie machte aus anständigen Menschen wandelnde Leichen. Frost hatte schon viele abstürzen sehen. Junge Gentlemen mit viel zu viel Geld, die nicht wussten, was sie mit sich anstellen sollten; gestandene Geschäftsmänner, die sich durch den Rausch verführen ließen; tugendhafte Ehefrauen, die aus ihren goldenen Käfigen ausbrechen wollten.
Das Tragische an der Sache war, dass es ohne Madame Yueh keine Opiumhöhlen in England gegeben hätte. Die Engländer waren, im Gegensatz zu den Franzosen, bis zu den Opiumkriegen mit China nie wirklich der Droge verfallen gewesen. Madame Yueh hatte ihr Imperium vor Jahrzehnten jedoch nach London ausgelagert und dafür gesorgt, dass die steifen Engländer auf den Geschmack gekommen waren.
Hier im chinesischen Viertel hingen überall Lampions, über Türeingängen und an langen Seilen zwischen die Häuser gespannt. Ihre kleinen Aetherflammen in den roten Laternen tauchten die Gassen in warmes Licht. Frost blieb vor einem der Häuser stehen und klopfte an die Tür. Nur ein unscheinbares Zeichen am Rahmen deutete auf das, was sich hinter der Fassade befand.
Ein untersetzter Mann in traditioneller Kleidung öffnete ihr. Frost grüßte ihn auf Chinesisch. Der Raum, in dem sie stand, war einmal eine alte Teestube gewesen, doch der Staub auf den Regalen und den wenigen Tischen machte klar, dass hier schon lange kein Tee mehr serviert wurde. Zur Tarnung, falls die Polizei doch einmal auftauchen sollte, hatte man jedoch alles stehen lassen.
Der Mann führte Frost hinter den Tresen und dann durch einen Vorhang, der die Teestube von der eigentlichen Opiumhöhle abtrennte. Ein Gemisch aus Räucherware und dem beinahe Übelkeit erregenden süß-erdigen Duft des Opiums schlug ihr entgegen. Das Licht war gedimmt, an der Decke hingen traditionelle Öllampen, und auf den Tischchen brannten die kleinen Lampen, die für das Rauchen gebraucht wurden. Die Wände waren mit roten Stoffbahnen verhängt, um Zugluft zu vermeiden. Trennwände aus Holz und Stoff unterteilten den Raum in gemütliche Nischen, in denen jeweils Betten oder Diwans standen.
Frost presste die Lippen zusammen und kämpfte gegen das aufsteigende Unwohlsein an. Die wenigen Male, die sie mit Michael Opium geraucht hatte, hatte sie kotzend und elend verbracht. Viele erstmalige Konsumenten litten unter diesen Symptomen, aber die meisten СКАЧАТЬ