Название: Frost & Payne - Die mechanischen Kinder Die komplette erste Staffel
Автор: Luzia Pfyl
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Frost & Payne - Die gesamte Staffel
isbn: 9783958344112
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»Wie hoch?«, fragte Frost, ohne vorher nachzudenken.
Sanderson schaute sie lange an, als wäge er ab, wie viel er ihr erzählen sollte. »Der Duke of Edinburgh und weitere hohe Militärs der königlichen Marine.«
Frost spitzte die Lippen. Das war sehr hoch. Alfred Duke of Edinburgh war Dritter in der Thronfolge und ein Admiral der Flotte. Man munkelte, dass er ein Waffennarr war und einen Haufen Geld ausgab, um sein Flaggschiff immer mit der neuesten Technik auszurüsten.
Sanderson räusperte sich. »Sie sehen also, wir stehen ein wenig unter Druck.« Dennoch schaffte er es, ein sehr zufriedenes Lächeln aufzulegen.
»Haben Sie den Prototypen an jenem Abend gesehen?«, fragte Payne unbeeindruckt.
»Ich glaube, Dr. Baxter hat an der Waffe gearbeitet. Allerdings war ich mit meiner eigenen Arbeit beschäftigt, deswegen kann es auch sein, dass ich mich irre.«
Frost zupfte einen Fussel von ihrem Mantel. »Gibt es jemanden, der Ihnen, Ihrem Boss oder der Fabrik schaden will?« Sie fixierte Sanderson, um keine seiner Reaktionen zu verpassen.
»Mr. Greyson hat viele Feinde, Miss Frost, aber das ist nun einmal so in unserem Business.«
»Greyson?«, fragte Payne sichtlich überrascht.
»Lord Edward Greyson, in der Tat«, sagte Sanderson gewichtig. »Ich nehme an, Sie kennen ihn.«
»Jeder kennt Lord Greyson, den Stahlmagnaten.« Frost warf Payne einen Blick zu. Warum hatte er eben so überrascht reagiert? »Diese Fabrik gehört also ebenfalls ihm.«
Das machte die Sache nicht einfacher. Greyson war der reichste Mensch des Empires, mal abgesehen von der Königin. Seine Feinde waren so zahlreich wie Sand am Meer. Frost war sich jedoch ziemlich sicher, dass die Nummer viel kleiner war. Der Diebstahl des Prototyps war etwas Persönliches – warum nur einer und nicht gleich alle? Das Timing war zudem äußerst verdächtig. In wenigen Tagen wurde die Nummer drei der Thronfolge höchst persönlich für eine Demonstration der Waffen erwartet. Greyson würde vermutlich ebenfalls anwesend sein. Beides Männer, deren frühzeitiges Ableben für jede Menge Zündstoff im Empire sorgen würde. War das Motiv vielleicht sogar politisch? Sah beinahe so aus. Sie musste es nur noch beweisen und den Übeltäter ausfindig machen.
Nur wollte irgendjemand, dass die Sache unter Verschluss blieb und die Polizei nicht eingeschaltet wurde. »Hat Mr. Greyson Kenntnisse von dem Diebstahl?«, fragte sie.
Sanderson verneinte. »Mr. Greyson befindet sich zurzeit in York, wo er eine neue Fabrik einweiht. Jedoch wird er zurückerwartet, um den Duke of Edinburgh persönlich zu begrüßen und durch die Präsentation zu leiten. Dr. Baxter und ich haben volles Vertrauen in Sie, Miss Frost. Und Ihren Partner natürlich«, fügte er hinzu und bedachte Payne mit einem schalen Lächeln.
Frost blinzelte und musste ihre Hände dazu zwingen, keine Fäuste in ihrem Schoss zu formen. Mit nur einem Satz hatte Sanderson die Sache für sie ebenfalls zu etwas Persönlichem gemacht. Die Warnung zwischen den Zeilen hatte sie sehr gut verstanden. Entweder sie löste innerhalb der nächsten drei Tage den Fall und brachte die Waffe rechtzeitig zur Demonstration zurück, oder man würde dafür sorgen, dass sie die Agentur und ihre Arbeit an den Nagel hängen konnte. Sanderson hatte genug Einfluss – oder zumindest die richtigen Kontakte –, um das zu bewerkstelligen.
»Natürlich«, sagte sie und setzte ein gewinnendes Lächeln auf. »Ich habe noch eine letzte Frage, Mr. Sanderson. Wen verdächtige Sie, die Waffe gestohlen zu haben?«
Sanderson rieb sich über das Kinn und dachte lange nach. »Dr. Baxter ist der einzige, der ständigen Zugriff zu allen Prototypen hat. Er hat an allen mitgewirkt und weiß am besten Bescheid, wie sie funktionieren. Zudem glaube ich, dass er in finanziellen Schwierigkeiten steckt, denn vor zwei Wochen saß er hier vor meinem Schreibtisch und hat um eine Gehaltserhöhung gebeten. Nicht weil er dachte, seine Arbeit war mehr Geld wert – wir bezahlen unsere Mitarbeiter sehr gut, müssen Sie wissen. Sondern weil er sagte, dass sein Lohn nicht mehr ausreiche.«
Frosts Röcke raschelten, als sie sich aus dem Sessel erhob. »Danke, Mr. Sanderson. Wir haben Ihre Zeit nun lange genug in Anspruch genommen.« Sie tauschte einen Blick mit Payne, der ebenfalls aufstand und dem Sekretär die Hand reichte.
»Halten Sie mich auf dem Laufenden?«, fragte dieser, als sie bereits in der Tür standen. Frost nickte.
»Ich mag diesen Lackaffen nicht«, murrte Payne, als sie sich wieder unter dem Bahnviadukt befanden.
»Geht mir genauso«, stimmte sie zu. »Aber ich vermute schwer, dass er derjenige ist, der uns bezahlt, also halten wir brav den Mund und tun unsere Arbeit. Ich schlage vor, wir gehen zurück in die Agentur, essen zu Mittag und sehen dann weiter.«
»Glauben Sie, dieser Baxter hat etwas mit der Sache zu tun?«
»Ich hatte eigentlich nicht den Eindruck. Er schien ehrlich betroffen und ein wenig von der Rolle zu sein. Wir sollten ihn dennoch nicht voreilig von der Liste streichen.«
Am Bahnhof nahmen sie ein Tram. Auf der London Bridge staute sich wie immer der Verkehr. Frost schaute aus dem Fenster nach Westen. Über der Stadt schwebten über ein Dutzend Luftschiffe, wobei die drei größten sich deutlich von den anderen abhoben. Ihre Hüllen zierten die jeweiligen Wappen der Adelsfamilien, denen sie gehörten. Die grellen Farben wirkten wie kleine Leuchtfeuer inmitten des Smogs.
Frost selbst war erst einige wenige Male in einem Luftschiff geflogen. Madame Yueh verachtete die Fluggeräte, auch wenn sie selbst zwei kleinere Modelle besaß. Luftschiffe waren ein Statussymbol, und die mächtigste Patriarchin der Stadt konnte es sich nicht leisten, keine zu haben, verabscheute sie sie auch noch so sehr. Frost mochte Fliegen auch nicht sonderlich. Dennoch ertappte sie sich immer wieder dabei, wie sie den Kopf in den Nacken legte, wenn sie das leise Dröhnen der Maschinen vernahm. Die Luftschiffe waren auf ihre ganz eigene Art elegant und anmutig.
»Frost.«
»Ja?« Payne hatte sie aus den Gedanken gerissen. Sie blinzelte.
»Was ist eigentlich passiert, nachdem wir den Attentäter vor der Agentur erschossen haben?« Er sah sie etwas zerknirscht an.
Frost erkannte sogleich seinen Gedankengang. Payne hatte das Nachspiel ihres ersten gemeinsamen Abenteuers verpasst, weil er sich von seiner schweren Verletzung erholen musste; sie musste schmunzeln bei dem Gedanken an das Wort Abenteuer, denn ein solches war es bei Weitem nicht gewesen – und schon gar nicht gemeinsam. Der vermeintliche Attentäter war vor ihrer Agentur aufgetaucht, gerade, als sie und Payne den Fall abschließen wollten. Sie hatten kurzen Prozess gemacht mit dem Mann.
»Ach, ein Polizist kam vorbei und hat viele Fragen gestellt, aber Mr. Tamaran vom Schuhladen gegenüber hat bestätigt, dass der Mann uns angegriffen hat. Die Leiche wurde abtransportiert, und ich musste ein paar Dinge unterschreiben.«
»Hat man rausgefunden, wer der Mann war?«
Frost schüttelte den Kopf. »Er trug keine Papiere bei sich. In seinen Taschen befanden sich lediglich ein paar Pfund und einige Dollarscheine.« Sie legte den Kopf schief und musterte den Pinkerton. »Sie denken also immer noch, dass man sie umbringen wollte, weil Sie einen Auftrag nicht fertig ausgeführt haben?« Offenbar ließ man ihn seither in Ruhe, denn Frost hatte keinen ungebetenen Gast mehr in ihrer Agentur gehabt.
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