Frost & Payne - Die mechanischen Kinder Die komplette erste Staffel. Luzia Pfyl
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Читать онлайн книгу Frost & Payne - Die mechanischen Kinder Die komplette erste Staffel - Luzia Pfyl страница 16

СКАЧАТЬ Als er in der Tür stand, drehte er sich noch einmal um und schaute Frost lange an. Etwas, das Frost nicht klar deuten konnte, hatte sich in seine Augen geschlichen. »Du weißt, wo du mich findest. Und es wäre besser, wenn du das Buch bald lieferst.«

      War das ein gut gemeinter Ratschlag oder eine versteckte Drohung? Als Michael gegangen war, nahm Frost das Buch aus der Schublade und betrachtete es nachdenklich. Eine Idee breitete sich in ihrem Hinterkopf aus. Aber dafür brauchte sie professionelle Hilfe von einem Experten.

      »Helen, ich gehe noch einmal aus«, rief Frost durch die Wohnung und griff nach ihrem Mantel. Das Buch lag gut geschützt in ihrer Umhängetasche. »Sollte wider Erwarten jemand meine Dienste in Anspruch nehmen wollen, sag ihnen, sie sollen morgen wiederkommen.«

      Helen streckte den Kopf aus der Küche. »Und wenn es wichtig ist, Miss?«

      »Dann sollen sie warten, wenn sie warten wollen. Ich bin bald zurück.« Helen nickte, und Frost schloss die Tür hinter sich.

      Sie musste wissen, wie wertvoll dieses Buch wirklich war. Vielleicht war es der Schlüssel dazu, dass sie sich endgültig von Madame Yueh und der Organisation lösen konnte. Sie wusste, wie sehr ihre Ziehmutter Druckmittel verachtete, doch Frost hatte während all der Jahre in der Organisation genug gelernt, um nun etwas gegen die Patriarchin in der Hand zu halten.

      Und Frost wusste genau, wer ihr dabei helfen konnte. Zum Glück war das Britische Museum nicht weit.

      »Miss Frost?«

      Frost hielt inne und drehte sich um. Cecilia Payne kam auf sie zu. »Mrs. Payne, wie geht es Ihnen? Ich hatte Sie nicht erkannt, bitte entschuldigen Sie.« Sie war tatsächlich so in Gedanken gewesen, dass sie an der Frau vorbeigegangen war.

      Mrs. Payne lächelte kurz. »Konnten Sie schon etwas herausfinden?«

      Frost hätte sich beinahe mit der Hand an die Stirn geklatscht. Verdammt, den Pinkerton hatte sie vollkommen vergessen. Den musste sie ja auch noch finden. »Noch nicht, Mrs. Payne«, erwiderte sie. »Aber seien Sie versichert, dass ich mich sofort bei Ihnen melde, sollte ich Ihren Mann finden.« Sie hoffte, dass sie zuversichtlich genug klang.

      Mrs. Payne nickte wieder. »Ich will Sie nicht aufhalten, Miss Frost.«

      »Oh, keineswegs.« Sie verabschiedeten sich, und Frost machte sich etwas zerknirschter als noch vor einigen Minuten wieder auf den Weg. Sie dachte an das Lichtbild des Pinkertons, das auf ihrem Schreibtisch lag. Wie sollte sie diesen Mann unter all den Männern in dieser Stadt nur finden? Aber sie hatte den Auftrag angenommen. Sie brauchte das Geld.

      Eines nach dem anderen, ermahnte sie sich, als sie eine belebte Kreuzung überquerte. Erst musste sie zu Jonah, damit er sich das Buch anschaute.

      Die eisige Winterluft drückte den Smog und die Asche von Hunderten von Kohleöfen und rauchenden Kaminen hinunter in die Häuserschluchten. Die Menschen umwickelten ihre Gesichter mit Schals und Tüchern, um sich vor dem Smog zu schützen. Frost tat es ihnen gleich und zog ihren Schal über Mund und Nase. Als sie um eine Ecke bog, hielt sie erschrocken inne. Vor ihr türmte sich ein mechanisches Ungeheuer aus Metall in die Höhe. Seine dicken Arme bogen sich laut quietschend, und aus zwei Abgasrohren, die sich auf seinem Rücken befanden, schoss schwarzer Rauch in die Luft. Der Boden unter Frosts Füßen bebte, als das Ungetüm sich durch die aufgerissene Straße wühlte.

      Bauarbeiten, schoss es Frost durch den Kopf, als sie die gewaltige Maschine anstarrte. Die Straße, die sie eigentlich auf direktem Weg zum Museum geführt hätte, war abgesperrt. Ein Konstrukt aus wackelig aussehenden Treppen und Metallplanken schraubte sich hinter Frost in die Höhe und weit hinter der Baustelle wieder hinunter. Eine schnellere Option für Passanten, die nicht den langen Umweg nehmen wollten.

      Frost stieg die Treppen hinauf und ging sicheren Schrittes über die instabilen Metallplanken. Das Geländer stellte sich als noch instabiler heraus – Frost wollte sich nicht darauf verlassen, dass dieses im Ernstfall halten würde. Unter ihr wühlte sich die gewaltige Maschine dröhnend durch das halb gefrorene Erdreich und beförderte mit ihren enormen Schaufelhänden Tonnen von Dreck und Schutt ans Tageslicht. Der dichte Rauch raubte Frost beinahe den Atem, der Lärm betäubte ihre Sinne. Die Arbeiter, die sich weit unter der erhöhten Passage befanden, waren so sehr mit Kohle und Erde bedeckt, dass man sie kaum als Menschen erkennen konnte.

      Frost war froh, als sie endlich wieder sicheres Pflaster unter sich hatte, und eilte die Straße weiter. Bald darauf konnte sie in der Ferne die hoch aufragende Fassade des Museums sehen. Über der gläsernen Kuppel schwebten zwei kleine Zeppeline. Durch den Smog konnte Frost die Wappen der beiden Adelshäuser erkennen, die auf die Hüllen gemalt waren. Das Museum hatte also hohen Besuch.

      Eine Straßenbahn entlud an der Station vor dem Museum eine Ladung Besucher. Frost mischte sich unter sie und betrat zwischen einem jungen Ehepaar und einer Schar Schulkinder den Säulengang. In der riesigen Eingangshalle musste sie, wie jedes Mal, kurz innehalten und zur Glaskuppel hinaufschauen. Das Licht fiel durch die Scheiben zwischen den feinen Stahlträgern.

      Im Museum war es warm, und Frost löste den Schal von ihrem Gesicht. Die Schulkinder kreischten aufgeregt durcheinander, doch als der Lehrer sie laut ermahnte, stellten sie sich in zwei Reihen artig vor ihm auf. Frost musste schmunzeln. Sie konnte sich noch gut daran erinnern, dass sie damals ebenso aufgeregt gewesen war, als sie das Museum zum ersten Mal in Begleitung von Madame Yueh besucht hatte.

      »Guten Tag, Madam, und herzlich willkommen im Britischen Museum. Wie kann ich Ihnen zu Diensten sein?«

      Frost wandte sich von den Schulkindern ab und sah sich einem der Servicedroiden gegenüber. Er war gänzlich mit Messing verkleidet und ähnelte einem Bierfass, dem man einen halbwegs menschlichen Kopf aufgesetzt hatte. Er hatte runde Augen, die einer Fliegerbrille ähnelten, und senkrechte Schlitze im Metall, die einen Mund ersetzten. Unter seinen Stummelbeinen befanden sich Rollen, mit denen er sich fortbewegte. Seine Bewegungen waren ungelenk und steif.

      Frost mochte diese Servicedroiden nicht sonderlich. Man hatte versucht, ihnen ein menschliches Aussehen zu verleihen, doch Frost waren sie nur unheimlich. Selbst die Stimme, die man den Droiden gegeben hatte, war blechern und abgehackt.

      »Ich möchte zu Dr. Jonah Neville«, sagte sie und betrachtete die kleinen Blinklichter, die nun hinter den Fliegergläsern aufleuchteten, während der Droide ihre Worte verarbeitete.

      »Werden Sie erwartet, Madam?«, blechte er ihr entgegen.

      »Nein. Dr. Neville ist ein Freund.« Frost hatte eine vage Ahnung, dass dem Droiden die Bedeutung des Wortes Freund unbekannt war. Hinter ihr marschierten die Schulkinder los in Richtung ägyptische Abteilung.

      »Bitte, folgen Sie mir, Madam«, antwortete der Droide nach einer halben Ewigkeit. Frost verdrehte die Augen, als er sich ruckelnd um die eigene Achse drehte und sich dann quälend langsam in Bewegung setzte.

      »Vielen Dank, aber ich kenne den Weg. Außerdem bin ich ohne dich schneller.«

      »Vielen Dank für Ihren Besuch im Britischen Museum. Neben dem Eingang finden Sie eine Kollekte für die Ausgrabung in Mesopotamien. Wir freuen uns auf Ihren nächsten Besuch.«

      Frost ächzte leise auf, als sie den Servicedroiden stehen ließ und durch die Halle ging. Fortschritt und Technik schön und gut, aber diese Droiden gefielen ihr wirklich nicht. Sie zog die Kommunikation zwischen zwei menschlichen Wesen definitiv vor.

      Mit weiten Schritten ging sie an den Informationstresen und am Souvenirladen vorbei СКАЧАТЬ