Elfenzeit 8: Lyonesse. Uschi Zietsch
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Читать онлайн книгу Elfenzeit 8: Lyonesse - Uschi Zietsch страница 29

Название: Elfenzeit 8: Lyonesse

Автор: Uschi Zietsch

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Elfenzeit

isbn: 9783946773320

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СКАЧАТЬ gesamte Stachus lag in romantischem Licht. Der einzige Schandfleck war der hässlich verdeckte Brunnen, der sonst im Sommer zusätzliche Stimmung verbreitete.

      Ein steter Strom an Autos flanierte vorbei; kaum zu glauben, dass hier mitten im Leben derart grausige Morde geschehen konnten, ohne dass die Ursache dafür gefunden wurde.

      »Und denkst du immer noch schlecht über deine Stadt?«, fuhr Anne fort, während sie Arm in Arm zum verabredeten Punkt schlenderten.

      »Grummel«, machte er. »Nein. Ich meine, ja. Ich meine … diese Stadt ist schön. Man wird sogar mit Hund freundlich aufgenommen, ohne gleich als niederträchtiger Sünder und Umweltverschmutzer verschrien zu sein. Aber was mich stört … ist das, was verloren gegangen ist. Die Stadt hat versucht, sich an die Moderne anzupassen, und dabei ihre eigene Identität aufgegeben. Das ist, was ich ihr vorwerfe. Sie hat all das verworfen, was sie liebenswürdig und lebenswert gemacht hat. Wien ist die Anpassung besser gelungen, und von London brauchen wir erst gar nicht zu reden. Diese Stadt aber ist ein Dorf geblieben, das nicht weiß, wohin es gehört. Doch sie hat auch ihren studentischen Flair an gewissen Orten.«

      Anne sah sich um. Leute spazierten ohne Ziel und Wollen, einfach nur so. Es war der friedlichste Ort der Welt. Eine Illusion? »Wo ist jetzt Tom?«

      »Na, hier«, erklang eine muntere Stimme, und plötzlich stand der blonde Journalist vor ihnen. »Ich folge euch schon eine Weile.«

      Robert war verblüfft. »Wie …«

      Tom grinste vergnügt. »Erste Reporterregel: Falle niemals auf.«

      »Das weiß ich, aber …«

      »Na ja, das ist so eine Sache. Ihr seid ja beide magische Geschöpfe.« Tom hob die Schultern. »Wisst ihr, als das auf Island geschah … als alle nach Nadja gesucht haben …«

      Robert erinnerte sich. »Ich habe mit Fabio telefoniert, als du auch da warst …«

      »Genau. Ihr seid alle nach Island geflogen. Und dann kam der Getreue und quetschte mich aus. Ich habe Nadja an ihn verraten.« Toms blaue Augen trübten sich. »Sie hat mir verziehen, ich mir nicht. Wie auch immer. Anstatt mich umzubringen, hat der Getreue mir etwas gegeben. Ich stellte es in Tokio fest, als ich Cagliostro begegnete. Zuerst haben wir ja darüber gerätselt, wie das möglich sein sollte. Auf dem Rückflug hatte ich allerdings genug Gelegenheit, darüber nachzudenken und meine Schlüsse zu ziehen. Und meiner Ansicht nach gibt es nur eine einzige Lösung.« Auffordernd sah er Anne an. »Mach was.«

      »Und was?«, fragte sie irritiert.

      »Wirke einen Elfenzauber gegen mich.«

      »Was ist das für ein dummes Spiel?«

      »Probier’s, Anne, bitte«, forderte Robert sie auf, der ahnte, worauf Tom hinauswollte.

      Ihre Augen funkelten, aber dann gab sie nach. Sie richtete ihren Blick auf Tom. Robert hörte durch seinen Vampirsinn, dass sie etwas zu ihm sagte, konnte es aber nicht verstehen.

      Tom rührte sich nicht.

      Anne machte ein verblüfftes Gesicht.

      »Du wolltest, dass ich auf einem Bein herumhüpfe und dabei mit den Armen wedle, wie ein Gockel um eine Henne«, sagte Tom völlig ernsthaft.

      »Ja«, gab sie zu. »Meine leichteste Übung. Ich habe noch nie versagt.«

      »Das hast du auch nicht. Dein Zauber kam bei mir an. Aber ich habe ihn neutralisiert.«

      »Was?«, rief Robert. »Du hebst jeden Zauber auf?«

      »Ich weiß nicht, ob jeden«, gestand Tom. »Aber Cagliostro, der ein sehr mächtiger Zauberer geworden ist, erzeugte keine Wirkung, solange ich in der Nähe war.«

      Anne schluckte. »Und das … soll der Getreue dir gegeben haben?«

      Tom nickte. »Ich kann dir versichern, vorher hatte ich diese Fähigkeit, oder wie immer man es nennen will, nicht. Und …« Er schloss die Augen, und Grauen verzerrte seine Miene. Dann brach es wie eine Sturmflut aus ihm hervor.

      »Er … hat mich vergewaltigt«, flüsterte er. »Nicht körperlich, sondern geistig, was viel schlimmer ist. Was er mir angetan hat … ich sage euch ehrlich, ich war zuerst nicht sicher, ob ich das überleben würde. Überleben wollte. Ich hatte mich noch nicht entschieden, als Nadja sich aus Tokio meldete. Das war sozusagen meine Lebensrettung. Und letztendlich die Erkenntnis, dass der Getreue mir etwas als Ausgleich gegeben hatte, dass er mich derart beschmutzte.«

      Robert merkte, wie sehr Tom es gut tat, mit ihnen darüber sprechen zu können, dass es aus ihm heraus musste. Kein Wunder, er hatte ja sonst niemanden, und mit Nadja konnte er nicht so darüber reden wie mit Robert und Anne, da sie der Grund für Toms Trauma war. Robert und Anne waren neutrale Verbündete, mit denen man über so etwas Entsetzliches reden konnte. Seit Monaten quälte es ihn, da musste er ja verzweifeln.

      Jeder wusste, was der Getreue einem antun konnte. Robert war erstaunt, wie fröhlich Tom dabei immer noch sein konnte. Er selbst hätte sich wahrscheinlich bewusstlos gesoffen.

      Hatte er getan, nach dem Tod seiner Frau und Tochter.

      Anne tat etwas Ungewöhnliches. Sie legte eine Hand auf Toms Arm. »Das ist vorbei«, sagte sie mit sanfter Stimme. »Er hat seine Schuld beglichen.«

      »Und ich muss damit leben?«

      »Du kannst damit leben.« Anne sprach eindringlich. »Der Getreue hat erkannt, dass du noch eine wichtige Rolle zu spielen hast in dieser Geschichte, deswegen ließ er dich leben. Und gab dir etwas, wie bei einem Handel, für das, was er dir nahm. Es war schrecklich, was er dir angetan hat, aber es ist nichts, woran du scheitern müsstest, Tom. Das Gleichgewicht ist erhalten geblieben. Es ist vorbei.«

      »Und die Narbe?«, sagte er leise.

      »Unser Leben taucht die Feder in die Tinte und schreibt seine Geschichte auf. Das sind die Narben, Tom. Nichts anderes als Schriftzeichen. Markierungen für deine Erinnerungen. Die Historie deines Lebens. Was sollte daran schlimm oder erschreckend sein? Sei froh darum. Du wirst nicht als unbeschriebenes Blatt sterben, sondern eine Geschichte hinterlassen. Du hast deinen Abdruck in die Annalen des Lebens gesetzt.«

      »Kurz gesagt: Lebe weiter?«, fragte Tom mit leicht zitternder Stimme.

      »Ja«, antwortete Robert anstelle von Anne. »Es ist ein Teil deiner Entwicklung. Es hat dich nicht zerstört, und warum auch. Du bist immer noch du selbst.«

      »Er raubte mir …«

      »… deine Würde? Nein. Die kann dir nur geraubt werden, wenn du es zulässt. Bei allen Selbstmordgedanken: Hast du dich denn tatsächlich selbst aufgegeben?«

      Tom starrte Robert an, und allmählich beruhigte sich das Flackern in seinen Augen. »Nein …« Dann, mit fester Stimme: »Nein. Nein, verdammt!«

      Robert nickte. Dann zog er die Lippen zurück und zeigte seine Fangzähne. Er genoss es zu spüren, wie sie ausfuhren, und die Kontrolle darüber zu haben. »Ich auch nicht«, sagte er. »Ich habe bewusst mein Leben aufgegeben, um ein neues zu gewinnen. Aber ich bin immer noch ich selbst. Und ebenso ist es bei dir.«

      Tom СКАЧАТЬ