Gespräche jenseits der Zeit. Markus Jost
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Название: Gespräche jenseits der Zeit

Автор: Markus Jost

Издательство: Bookwire

Жанр: Религия: прочее

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isbn: 9783943362527

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СКАЧАТЬ Meinungen zulasse, aber in Ansehung der wesentlichen Absicht auf Grundsätzen errichtet sei, welche notwendig zur allgemeinen Vereinigung in eine einzige Kirche führen. Zudem müsse sie gereinigt sein vom Blödsinn des Aberglaubens und dem Wahnsinn der Schwärmerei. Ihre einzige Triebfeder müsse das Moralische sein. Sie müsse als ein ethisches gemeines Wesen, als Repräsentantin eines Staates Gottes betrachtet werden. Sie solle weder monarchisch (unter einem Papst oder Patriarchen), noch aristokratisch (unter Bischöfen und Prälaten), noch demokratisch (als sektiererische Illuminaten) organisiert sein. „Sie würde noch am besten mit einer Hausgenossenschaft (Familie), unter einem gemeinschaftlichen, obzwar unsichtbaren, moralischen Vater verglichen werden können, sofern sein heiliger Sohn, der seinen Willen weiss, und zugleich mit allen ihren Gliedern in Blutsverwandtschaft steht, die Stelle desselben darin vertritt, dass er seinen Willen diesen näher bekannt macht, welche daher in ihm den Vater ehren, und so untereinander in eine freiwillige, allgemeine und fortdauernde Herzensvereinigung treten.“78

      Sie fragen nochmals, warum er sich so auf das Moralische fixiere. Gott und Religion könnten doch mehr sein als nur Moral und guter Lebenswandel. Er würde Ihre Frage in der neuen Welt anders beantworten, sagt er. Aber zu seiner Erdenzeit sei er überzeugt gewesen, dass es eine übersinnliche Ordnung gebe und die Natur ihren verborgenen Plan umsetze, indem sich die Menschheit moralisch weiterentwickle. Der Fortschrittsglaube sei eben eine wichtige Vorstellung der Aufklärung gewesen. Und er sei davon überzeugt gewesen, dass Fortschritt nur durch die moralische Entwicklung der Menschheit erreicht werden könne. Denn solange die Menschen in einer geschichtlichen Welt lebten, würden sie danach fragen, wie sie leben sollen, um der übersinnlichen, zeitlosen, natürlichen Ordnung zu entsprechen.

      In der neuen Welt habe er aber festgestellt, dass die Moral tatsächlich nicht der einzige Grund für Gott und das Leben sei. Er sei nun froh, in dieser neuen Welt zu sein, wo er alles viel klarer erkenne. Wenn er diese Klarheit schon zu Erdenzeit gehabt hätte, hätte er seine Schriften klarer und wahrer formulieren können. Dies hätte ihm in der neuen Welt eine Menge Ärger erspart. Denn die Anzahl derer, die durch seine komplizierten Schriften zu Erdenzeiten gequält wurden, sei viel zu gross.

      Sie sind erstaunt, wie ein so gelehrter Mann das Judentum – eine der ältesten noch zu Ihrer Erdenzeit praktizierten Religionen – als keine eigentliche Religion bezeichnen kann, noch dazu behauptet, dass das Judentum keinen moralischen Anspruch an die Lebensführung der Menschen habe. Das Argument des fehlenden Jenseits-Glaubens verblüfft Sie. Denn zu Ihrer Erdenzeit kritisierten die Aufklärer die Religionen, weil diese sich angeblich ausschliesslich für die jenseitige Dimension interessieren würden und der diesseitigen Welt zu wenig Beachtung schenken würden.

      10 Uwe Schultz, Immanuel Kant : mit Selbstzeugnissen und Bilddokumenten, 25. Aufl, Rowohlts Monographien (Reinbek b.Hamburg: Rowohlt, 2001), 44–49.

      11 Immanuel Kant, Kritik der praktischen Vernunft, [Nachdr.], Reclams Universal-Bibliothek (Stuttgart: Reclam, 1961), 253.

      12 Immanuel Kant, „Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung?“, Berlinische Monatsschrift, Nr. Dezember (1784): 481–94.

      13 Auch „kopernikanische Wende“ genannt.

      14 Wilhelm Weischedel, 34 grosse Philosophen in Alltag und Denken : die philosophische Hintertreppe, [6. Aufl.] (München: Nymphenburger, 1980), 224.

      15 Kant, Kritik der praktischen Vernunft, 53.

      16 Immanuel Kant und Christoph Horn, Grundlegung zur Metaphysik der Sitten (Frankfurt am Main: Suhrkamp, 2007), 62.

      17 Weischedel, 34 grosse Philosophen in Alltag und Denken, 225.

      18 Immanuel Kant, Die Religion innerhalb der Grenzen der blossen Vernunft, [Nachdruck], Reclams Universal-Bibliothek (Stuttgart: Reclam, 2012), 38.

      19 Immanuel Kant, „Idee zu einer allgemeinen Geschichte in weltbürgerlicher Absicht“, Berlinische Monatsschrift, Nr. November (1784): 385–411.

      20 Immanuel Kant, Zum ewigen Frieden : ein philosophischer Entwurf (Königsberg: Nicolovius, 1795).

      21 Immanuel Kant, Die Religion innerhalb der Grenzen der blossen Vernunft (Königsberg: Nicolovius, 1793).

      22 Am 5. April 1795.

      23 Vgl. Immanuel Kant, „Was heisst: sich im Denken orientieren?“, Berlinische Monatsschrift, Nr. Oktober (1786): 304–30.

      24 Immanuel Kant, Jens Timmermann, und Heiner F. Klemme, Kritik der reinen Vernunft, Sonderausg (Hamburg: Meiner, 2003), Vorrede.

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