Ehrenmord - Schweden-Krimi. Björn Hellberg
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Название: Ehrenmord - Schweden-Krimi

Автор: Björn Hellberg

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Sten Walls erster Fall

isbn: 9788726445077

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СКАЧАТЬ – die Chance bekommen hätte, die Ermittlungen von Anfang an zu leiten! Dann würden sie nicht länger im Dunkeln tappen, dann wäre das schwedische Mordrätsel des Jahrhunderts schon lange gelöst. Aber er war damals, vor mehr als zwölf Jahren, natürlich noch viel zu grün und unerfahren gewesen: erst gute dreißig Jahre alt und am Anfang seiner Karriere. Widerstrebend musste er einräumen, dass sein Mangel an Erfahrung ein Hindernis für eine derartig gigantische und wichtige Aufgabe gewesen wäre. Außerdem hatte er die entscheidenden hohen Herren zu dieser Zeit, im Spätwinter 1986, noch gar nicht gekannt.

      Bill Elfvegren hatte einen unerschütterlichen Glauben an seine eigenen Fähigkeiten. Selbstvertrauen in Kombination mit einem unbezähmbaren Draufgängertum machte ihn zu einem anerkannten Fachmann, der bereits einige ansehnliche Erfolge vorweisen konnte. Sein Mangel an Beschełdenheit hatte ihm aber gleichzeitig viele Feinde verschafft. Als Diplomat und Lobbyist hatte er immer noch viel zu lernen.

      Viele fürchteten ihn aufgrund seiner Rücksichtslosigkeit und seiner Fähigkeit, sich wie ein Blutegel an einem Opfer oder einer Ermittlung festzusaugen.

      Das wusste er und darauf war er stolz. Es gab ihm ein ungeheures Gefühl der Macht.

      Dagegen hatte er keinerlei Ahnung davon, dass ihn sowohl seine Anhänger als auch seine Widersacher für ziemlich phantasielos hielten.

      Ja, ihm fehlte einfach die Phantasie, sich so etwas vorzustellen.

      In seiner Eitelkeit glaubte er, von seiner Umwelt verehrt zu werden. Die meisten Menschen in seiner Nähe waren doch nur Staffage, Marionetten, die er, davon war er überzeugt, nach eigenem Gutdünken lenken konnte.

      Und bis zu einem gewissen Grad war seine Arroganz auch berechtigt. Seine Meritenliste war schon recht imposant, seine Siege in den Gerichtssälen des Landes sprachen eine deutliche Sprache. Niederlagen gab es verhältnismäßig wenige zu verzeichnen, und außerdem besaß er die Fähigkeit, sie schnell zu vergessen, obwohl er ansonsten über ein ausgezeichnetes Gedächtnis verfügte (er konnte die gesamten Darstellerlisten bekannter Filme herunterbeten ohne einen einzigen wesentlichen Namen zu vergessen). Dieses Gedächtnis konnte sich je nach Bedarf natürlich auch sehr trüb und kurz zeigen, in der Regel war es jedoch scharf und ausdauernd – ihm geschehenes Unrecht wurde beispielsweise lebenslang gespeichert, das vergaß er nie. Seine Philosophie besagte, dass nur die Erfolge zählten, nicht die Niederlagen. Natürlich hätte er eigentlich – wie er selbstsicher betonte – schon lange Oberstaatsanwalt sein müssen, aber es war sicher nur noch eine Frage der Zeit, bis die Ernennung erfolgen würde. Man konnte seine unbestreitbaren Fähigkeiten ja wohl nicht bis in alle Ewigkeit übersehen?

      Der hoch gewachsene, gut gekleidete Jurist hatte an diesem Montagabend einen ausländischen Actionfilm im Filmhuset am Sergels torg gesehen und schlenderte nun durch das Abendgewimmel zum Bahnhof, um von dort den Vorortzug nach Hause zu nehmen. Er wohnte seit drei Jahren in einem prachtvollen alten Holzhaus in Norrviken und bediente sich fast immer der öffentlichen Verkehrsmittel, wenn er Stockholm zum Vergnügen besuchte, es konnte ja sein, dass er noch Lust auf ein paar Biere bekam. Nur für das letzte Stück vom Bahnhof nach Hause nahm er ab und zu ein Taxi, obwohl seine Villa auch zu Fuß oder mit dem Rad gut zu erreichen war.

      Elfvegren war ein häufiger Gast in der Opernbar, und wenn alle Stricke rissen, gönnte er sich auch ohne Skrupel den kurzen Abstecher ins Café Opera eine Treppe tiefer. Er hatte nichts dagegen, sich unter die Leute zu mischen, die normalerweise hier verkehrten.

      Wenn es aber um die Arbeit ging, fuhr er meistens lieber mit dem Wagen, trotz der ewigen Parkplatzprobleme. Er war Besitzer zweier Autos: eines blutroten Chrysler Voyager 95 und eines Oldtimers, ein Audi aus den späten Sechzigern. Letzterer stand den größten Teil des Jahres in Sollentuna in der Garage, er war sein liebster Besitz. Nur zu besonderen Anlässen holte er seine Kostbarkeit heraus und ließ sie bewundern.

      Er war begeistert von Oldtimern und behandelte sie fast ebenso liebevoll wie seine vielen Frauen (um bei der Wahrheit zu bleiben: seine Geduld mit Motoren war größer als die mit Menschen). Früher hatte er einen Mercedes von 1957 besessen, aber den hatte er sich leider nicht länger leisten können. Mit blutendem Herzen hatte er ihn im vergangenen Herbst verkaufen müssen. Sicher, er stand finanziell gut da (er stammte aus einem verhältnismäßig wohlhabenden Haus und hatte ein gutes Einkommen), aber Zahlungen verschiedener Art forderten ihren Tribut.

      Bill Elfvegren verabscheute Sport, hasste die Fitnesswelle, hatte ein neutrales Verhältnis zu Computern, ihm fehlte das musikalische Ohr, und er war nur mäßig am Kartenspiel interessiert. Er war kein Gourmet, und es interessierte ihn nicht besonders, ob der Rotwein nun Raumtemperatur hatte oder eher kalt war. Er zog Belletristik allen Sachbüchern vor, ausgenommen, sie handelten von Autos, Film, Verbrechen oder der Rechtswissenschaft. Und allein die Erwähnung des Wortes »Gartenarbeit« ließ ihn frösteln. Deshalb hatte er einen alten Fischereibeamten engagiert, der sich in angemessener Art um den Garten in Norrviken kümmerte. So brauchte er selbst nicht einmal ans Rasenmähen zu denken, was er als Befreiung von einer wahrhaften Geißel ansah.

      Abgesehen von seiner Arbeit, hatte er drei große Leidenschaften: Oldtimer, das Kino – und das andere Geschlecht. Diesbezüglich hatte er sich schon immer an das Sprichwort gehalten, dass Abwechslung gut tut. Er selbst sah sich im Umgang mit der Weiblichkeit als feurig, patriarchalisch und ritterlich, aber, um der Wahrheit die Ehre zu tun, muss man sagen, dass sein Verhalten Frauen gegenüber kalt, zynisch und in gewisser Weise mittelalterlich war.

      Während er bezüglich des Essens sehr wählerisch war (sein Repertoire war jämmerlich klein), gebärdete er sich, was Frauen betraf, als Allesfresser. Alter und Aussehen bedeuteten natürlich einiges, aber er war nicht derjenige, der ein erotisches Tête-à-tête ausschlug, weil die Partnerin die sechzig überschritten hatte oder einen Schnurrbart aufwies. Wenn das Geschlecht stimmte, fand sich immer eine Lösung. Aber natürlich zog er etwas richtig Appetitliches vor, und meistens fand er auch, was er suchte.

      Sein Unvermögen, mit Bedacht auszuwählen, hatte ihn schon in diverse delikate Situationen gebracht, aus denen ihn auch seine Redegewandtheit nicht immer so ohne weiteres wieder befreien konnte. Manchmal war mehr als schöne, reumütige Worte nötig gewesen, um betrogene Ehemänner, verschmähte Freunde und empörte Väter auf Abstand zu halten. Aber wenn es wirklich brannte, zog er seine Spezialwaffe: seine juristische Autorität, mit der er drohte (wobei er stets genau darauf achtete, dass er sich auf dem Boden des Gesetzes bewegte – er kannte seine Paragraphen). Diese donnernden Worte wirkten eigentlich immer.Widerstrebend zogen sich Ehemänner, Freunde und Väter schmachvoll zurück, murmelten sinnlose Schimpfworte hinter dem Rücken des unerschütterlichen Staatsanwalts und sexdürstenden Gockels.

      Er erreichte den Bahnhof; hier war das Gedränge nicht ganz so schlimm wie sonst. Sein Vorortzug fuhr nach wenigen Minuten ein, und er setzte sich in einen Wagen, in dem sich nur eine Hand voll anderer Passagiere befand. Die Fahrzeit vertrieb er sich, indem er gedankenverloren in einer Zeitung blätterte, die jemand auf dem Sitz hatte liegen lassen. Vom Bahnhof seines Wohnortes aus ging er zu Fuß. Zufrieden wanderte er durch menschenleere und frühsommerschläfrige Straßen, während er überlegte, eine Bekannte anzurufen und zu einem Drink mit folgendem Nachspiel einzuladen. Der Montagabend war noch jung, und er konnte sich vorstellen, die anfallenden Taxikosten zu übernehmen, unter der Voraussetzung, dass er eine Dame fand, die in der Nähe von Norrviken wohnte.

      Aber als er den Schlüssel in die Haustür schob, überfiel ihn ein Anfall von Müdigkeit. Vielleicht sollte er seinen Körper einfach damit schocken, frühzeitig ins Bett zu gehen. Allein. Er hatte in den nächsten zwei Wochen diverse voll gestopfte Arbeitstage vor sich, und es wäre doch nicht schlecht, ganz gegen alle Gewohnheiten mal ausgeschlafen aufzuwachen. Er musste wirklich mehr auf seine Kräfte achten. Manchmal wurde es selbst für einen Kerl wie ihn zu viel.

      Sein Vorsatz geriet ins Wanken, als er sah, dass sein Anrufbeantworter blinkte. Nur СКАЧАТЬ