Ehrenmord - Schweden-Krimi. Björn Hellberg
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Название: Ehrenmord - Schweden-Krimi

Автор: Björn Hellberg

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Sten Walls erster Fall

isbn: 9788726445077

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СКАЧАТЬ Die japanischen Kirschbäume, die noch vor wenigen Wochen in voller Blüte gestanden hatten, waren bereits wieder in ihre geduldige Wartestellung auf die kurze, aber beeindruckende Glanzperiode im nächsten Jahr übergegangen. Jetzt hingen die verwelkten rosa und weißen Blüten wie finstere Reminiszenzen einer Größe da, die vergangen war und erst in ferner Zukunft wiederkehren sollte.

      Er dachte an die nahe Zukunft, an den kommenden Abend. Wie sollte er sich entscheiden?

      Für den Kneipenbesuch mit Sten Wall? Oder für ein Schäferstündchen mit Gun?

      Es hieß entweder – oder. Im Alter von fünfzig Jahren konnte er nicht mehr beide Angebote mit ausdauerndem Enthusiasmus annehmen; jedenfalls nicht, wenn er sich an die Reihenfolge hielt. Natürlich konnte er sie umdrehen, sodass Gun zuerst drankam und dann das Bier – das würde er zweifellos schaffen. Aber er hatte das sichere Gefühl, dass seine Frau nicht begeistert wäre, wenn er sich direkt nach liebevollen Intimitäten im Schlafzimmer in die Kneipe aufmachte.

      Dann würde es also ein ruhiger Abend daheim werden, mit allem, was dazugehörte, auch wenn er dadurch vielleicht Sten Wall verärgern würde (der Gedanke, dass sein Kollege vielleicht gar keine entsprechenden Pläne für den Abend schmiedete, kam ihm nicht).

      Das Wetter war außerdem ideal für die Romantik. Daran gab es gar keinen Zweifel.

      Am Eingang zur Polizeistation kontrollierte er seine Armbanduhr.

      Sechs Minuten vor acht – das war akzeptabel.

      Sein Erscheinen würde keine höhnischen Kommentare seiner Kollegen hervorrufen.

      Aber sobald er sich in den großzügigen Arbeitsräumen im ersten Stock zeigte, hagelten die sarkastischen Sprüche nur so auf ihn nieder:

      »Weg mit dem Kartenspiel, der Chef ist gekommen!«

      »Versteck das Pornoheft, verdammt noch mal!«

      »Wer packt den Karton mit den Schmiergeldern weg?«

      »Wann ist Wall eigentlich von Bornholm zurück, damit wir endlich wieder anfangen können, ordentlich zu arbeiten?« »Mach dein Hemd richtig zu, Otto! Glaubst du etwa, das ist ein Kindergarten hier?«

      »Was müssen wir normalen Sterblichen tun, um auch irgendwann einmal auf dem Chefsessel zu landen?«

      Jan Carlsson lachte.

       Jungs bleiben doch ihr Leben lang Jungs.

      »Okay«, sagte er. »Ich habe kapiert. Jetzt möchte ich ...«

      »Habt Acht!«, schnarrte jemand.

      Alle richteten sich kerzengerade auf und salutierten ihm, sodass Jan Carlsson wohl oder übel die Rolle spielen musste, die ihm zugedacht war.

      »Guten Morgen, Kameraden!«, schrie er mit gespielter Unteroffiziersstimme.

      »Guten Morgen, Chef!«, dröhnte es zurück.

      »Rühren!«

      Als die kleine Gruppe vor ihm gerade gleichsam in sich zusammensank, war lautes Räuspern vom Flur her zu hören. Alle wandten sich gleichzeitig dem Geräusch zu, und im nächsten Moment trat ein hoch gewachsener, hagerer Mann in einem schlecht sitzenden braunen Anzug durch die Tür. Er hatte schneeweißes, nach vorn gekämmtes Haar und ein großes, lilafarbenes Feuermal auf einer Wange. »Was macht ihr denn hier?«, fragte der Distriktspolizeileiter Helge Boström.

      »Ach, gar nichts.«

      »Dafür war es aber reichlich laut. Man konnte es im ganzen Haus hören. Wall braucht nur seine krankhaften Fettmassen mal von seinem Arbeitsplatz fortzubewegen, und schon benehmt ihr euch wie Kleinkinder.«

      »Einen unschuldigen Spaß darf man sich doch wohl noch mal erlauben«, erklärte Carl-Henrik Dalman, gestandener Veteran, bekannt für seine reaktionäre Haltung und seinen fast vollkommenen Mangel an Humor.

      Und der jüngste Mann der Abteilung, Terje Andersson, ging mit naivem Trotz zum Gegenangriff über.

      »Wir haben doch niemandem geschadet, oder?«

      Dalman blies sich noch mehr auf:

      »Seit wann ist es denn verboten, sich in seiner Freizeit zu entspannen? Darf ich daran erinnern, dass wir alle schon früher an unserem Platz waren, als wir eigentlich müssen. Da! Jetzt schlägt es erst acht.«

      Der Distriktspolizeileiter winkte ungeduldig mit seinen langen, nikotingelben Fingern ab.

      »Jaja. Ich bin auch nicht hergekommen, um euch zu inspizieren. Ich habe wichtigere Sachen zu tun. Aber ich würde gern mit dir reden, Jan.«

      »Jetzt?«

      Boström nickte.

      »Komme schon«, sagte Carlsson und folgte dem Vorgesetzten auf den Flur.

      Jemand flüsterte theatralisch hinter seinem Rücken:

      »Zur Seite, liebe Leute, damit der Boss durchkommt.«

      Der Besuch bei Boström stahl Jan Carlsson eine halbe Stunde seines Arbeitstages. Während dieser dreißig Minuten gelang es dem Distriktsleiter, zwei Zigaretten zu rauchen, einen Urlaubsplan für den Herbst zu präsentieren und die übliche Litanei von zu schlechten ökonomischen und personellen Ressourcen von sich zu geben.

      Wieder zurück in seinem eigenen Zimmer, nahm sich Carlsson die Berichte vom Wochenende vor.

      Es war nicht gerade eine aufmunternde Lektüre.

      In einer Mietswohnung im Stadtteil Grönland versuchte ein Sechsjähriger in der Nacht zum Sonntag, seinen berauschten Vater daran zu hindern, seine Ehefrau mit den bloßen Fäusten totzuschlagen. Der Junge bekam ordentlich eins gewischt, was seinem tapferen Versuch, den Streit zu schlichten, ein jähes Ende bereitete. Der Vater kam jedoch zur Besinnung, als der Kleine weinend auf den Küchenfußboden fiel. Die große Versöhnung senkte sich über die ganze Familie, und als die von den Nachbarn alarmierte Polizei eintraf, herrschte das reine Idyll. Der Junge wurde mit Eis verwöhnt, und es war unschwer zu bemerken, wie die Eltern sich trösten würden, sobald sie in Ruhe gelassen würden. Der polizeiliche Einsatz erwies sich als überflüssig, da die Frau keine Anzeige erstatten wollte.

      »Sind Sie sich sicher, dass nichts passiert ist?«, fragte einer der Polizisten misstrauisch.

      »Absolut«, beteuerte der Papa. »Hier ist es doch friedlich, friedlicher geht’s gar nicht.«

      »Aber die Nachbarn ...«

      »Ach, mir ist ein Stuhl umgefallen«, sagte die Mama.

      »Und der Stuhl sprang wieder hoch und traf Sie mitten im Gesicht?«

      Sie presste die Lippen zusammen, und der Polizist bohrte stattdessen seinen Blick in das vom Weinen angeschwollene Gesicht des Jungen.

      »Stimmt das?«

      Bevor dieser antworten konnte, griff der Vater ein:

      »Willst du noch mehr Eis, Marcus?«

      Kurz СКАЧАТЬ