Abenteuer auf den Inseln: Nonnis Erlebnisse auf Seeland und Fünen. Jón Svensson
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СКАЧАТЬ müssen, mein trautes Familienhaus, meine Mutter, meine Geschwister, Manni und Bogga, und alle meine Freunde, — o wie hatte ich damals gelitten . . .! Dann war ich hierher nach der Großstadt Kopenhagen gekommen, ganz allein und verlassen. Alles war mir damals hier fremd und neu.

      Jetzt war ich aber eingelebt und wie festgewurzelt, und überall um mich herum hatte ich lauter liebe und gute Freunde. . . . Und nun sollte ich wieder von ihnen scheiden; wie schwer und wie hart war doch das!

      So saß ich da und weinte. Gerade so wie ich vor einem Jahre in Island auf der stillen Bergeshalde und in der Kajüte des kleinen „Valdemar von Rönne“ beim damaligen Abschied geweint hatte.

      Ich war sonst immer so frisch und fröhlich, jetzt aber war ich wie in ein Meer von Schmerz und Trauer versenkt. . . .

      Ich schämte mich vor mir selber. . . . Aber es war mir für den Augenblick nicht möglich, mich von diesen tieftraurigen Empfindungen loszureißen.

      Da auf einmal flogen meine Gedanken, wie so oft schon, in einem Nu den langen Weg über den Atlantischen Ozean nach Island; dort sammelten sie sich alle im Hause meiner Mutter, dem kleinen, schwarzweißen Bau neben der Kirche im reizend schönen Städtchen Akureyri am Eyjafjördur. . . .

      Und in demselben Augenblick stand meine liebe Mutter vor mir — so lieb und so gütig lächelnd, aber auch fest und bestimmt, wie sie immer war. Ich sah sie in meinem Geiste ganz deutlich. Sie kam nah an mich heran, preßte beide Hände gegen meine Wangen und drückte einen Kuß auf meine Stirn.

      Ich blieb wie erstarrt sitzen und wagte nicht die geringste Bewegung zu machen, um die liebe Erscheinung nicht zu verlieren.

      „O Mutter, o Mutter!“ stammelte ich, nicht mit meinen Lippen, sondern tief in meiner Seele drinnen. . . . Und urplötzlich war alles um mich herum verschwunden. Ich war nicht mehr in meinem kleinen Stübchen in Kopenhagen. Ich war in Island, in Akureyri, im Hause meiner Mutter, in ihrer unmittelbaren Nähe, ja, ganz nahe bei ihr. . . .

      Und da auf einmal hörte ich ihre Stimme . . ., die wohlbekannte Stimme der lieben Mutter: „Aber Nonni, mein Kind! Was tust du denn! Wie kannst du so traurig dasitzen! Du wolltest ja nach Frankreich reisen, und nun sollst du endlich dorthin. . . . Glaubst du denn, daß Gott dich dort verlassen wird? Hat er dich etwa hier in Kopenhagen verlassen? Hat er dich nicht im Gegenteil, wie ich dir vorausgesagt habe, immerfort auf den Händen getragen? Aber gerade so wird er es mit dir in Frankreich tun, wenn du ihm nur treu bleibst und dich bemühst, ein guter Junge zu sein. Und so wird er überall mit dir verfahren, ja überall, wo du auch immer in der ganzen Welt sein magst. — Du mußt jetzt von hier scheiden. Aber schüttle deine Traurigkeit ab, mein teures Kind, sie lähmt dich nur und macht dich weich. Fahre fort, ein frischer, munterer und fröhlicher Junge zu sein. Gott liebt dich und wird immer mit dir sein. . . .“

      So sprach meine liebe Mutter zu mir — und noch vieles andere sagte sie, und je länger sie sprach, desto mehr schwanden all die traurigen, lähmenden und entmutigenden Gedanken aus meiner Seele. Die düsteren Wolken verloren sich in die Ferne, und heller Sonnenschein leuchtete wieder in mein Herz hinein.

      Ich erhob mich rasch und wollte mich in die Arme meiner Mutter werfen. . . . Als ich aber die Augen öffnete, wurde ich vom Lichte geblendet, das durch die Fenster in das Zimmer hineinflutete. Meine Mutter war nicht mehr da. Ich stand allein mitten in meinem kleinen Stübchen.

      „Mutter, Mutter! o liebe, liebe Mutter!“ rief ich wiederholt aus. Aber sie zeigte sich nicht mehr.

      „Sollte denn das alles nur ein Traum gewesen sein?“ fragte ich mich tief enttäuscht. Ich konnte es nicht glauben. Nein, ich war sicher bei meiner Mutter gewesen. Sie hatte wirklich mit mir geredet, es war kein Traum. — Und wenn es dennoch ein Traum gewesen ist, dann war es einer der seligsten Träume meines Lebens. . . .

      Ich fühlte mich wie neugeschaffen, voll Kraft und Freude, genau so wie früher zu Hause, wenn sie mich getröstet und ermuntert hatte.

      „O mein Gott!“ rief ich aus, „segne und tröste meine liebe, gute Mutter und hilf mir, daß ich sie nie enttäusche.“

      Es hing ein Spiegel vor mir an der Wand. Mein Blick fiel darauf, und ich sah die Spuren meiner Tränen. Sofort wusch ich mich sorgfältig und setzte mich dann auf den Stuhl, um zu überlegen, was jetzt zu tun sei.

      Da kam mir sogleich der geplante Ausflug mit Valdemar in den Sinn. Ein gutes Mittel, dachte ich, um die kleinmütigen, düsteren Gedanken zu verscheuchen.

      O ja, dieser Ausflug mußte unbedingt stattfinden.

      Das würde wohl der letzte Ausflug sein, den ich durch die schönen dänischen Buchenwälder machen würde. Bald würde ich in dem großen fremden Lande sein, wohin ich nun reisen sollte. Dort würde ich dann mit munteren kleinen französischen Freunden Ausflüge machen durch die herrlichen Gegenden des sonnigen Südens, durch Wälder ganz anderer Art, wo süße Feigen, Orangen, Pfirsiche und Aprikosen an allen Ästen hingen!

      Wie schön war doch meine Zukunft! Wie töricht, mich von Trauer und Mutlosigkeit überwältigen zu lassen!

      Voll Freude und Zuversicht stand ich auf, nahm meine Mütze, machte mich zurecht und ging aus dem Zimmer.

      Als ich die Treppe hinuntersprang, begegnete ich Madame Valentin.

      „Wohin so rasch, Nonni?“ fragte sie in einem strengen Tone.

      „Ich muß in die Stadt hinaus, zu einem Freund, Madame Valentin.“

      „Bist du auch beim Herrn Doktor gewesen?“

      „Ja, Madame Valentin.“

      „Alles gut abgelaufen?“

      „O ja, sehr gut, Madame Valentin. Der Herr Doktor hat mir eine große Neuigkeit erzählt.“

      „Wie! eine große Neuigkeit?“ fragte Madame Valentin jetzt auch mit einem freundlichen Lächeln. Es war mir klar, daß sie die Neuigkeit gern zu erfahren wünschte.

      „Ja, Madame Valentin, eine sehr, sehr große Neuigkeit.“

      „Ja was ist denn das für eine Neuigkeit, mein lieber kleiner Nonni?“

      „Es ist etwas außerordentlich Wichtiges, Madame Valentin“, sagte ich ein bißchen boshaft.

      Es fiel mir nämlich plötzlich ein, daß ich ein paar Tage vorher einen Mann hatte sagen hören, die Frauen seien neugieriger als die Männer, und sie könnten schlecht ein Geheimnis bewahren. Ich hatte es damals nicht recht glauben wollen; nun aber schien es mir, als wäre etwas daran. Und ich dachte: jetzt habe ich eine gute Gelegenheit, es zu erfahren: ich brauchte ja nur die etwas strenge Madame Valentin auf die Probe zu stellen.

      Unterdessen schaute mich die würdige Haushälterin sehr interessiert an. Dann sagte sie:

      „So . . ., also etwas sehr Wichtiges, Nonni! Das hätte ich doch nicht gedacht. . . . Dann wäre es doch wohl besser, daß du es mir hier im kleinen Zimmer sagst, als auf der Treppe, wo jeder dich hören kann. — Man muß immer mit solchen Sachen vorsichtig sein. — Komm nur mit mir hinein. . . .“ Sie schob mich freundlich vor sich her in ein kleines Zimmer in der Nähe, trat hinter mir ein und schloß die Tür von innen ab.

      „Also eine sehr wichtige Neuigkeit, Nonni! Was ist es denn?“

      „Aber Madame Valentin“, sagte ich unverbesserlicher СКАЧАТЬ