Gott singt. Ulrike Gadenne
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Gott singt - Ulrike Gadenne страница 8

Название: Gott singt

Автор: Ulrike Gadenne

Издательство: Bookwire

Жанр: Зарубежная психология

Серия:

isbn: 9783830118596

isbn:

СКАЧАТЬ Tage später, während unserer Reise Richtung Süden, war der Ring ein zu tastender »Beweis«, dass alles nicht nur ein Traum gewesen war.

      An einem Sonntag erreichten wir Mysore und fuhren am nächsten Morgen mit dem Bus zum Chamundi-Hill, einem der wichtigsten Pilgerorte von Indien, wo Gott als die universelle Mutter verehrt wird – von all dem hatte ich damals noch keine Ahnung. Im Bus genoss ich den Duft der Jasmingirlanden, mit denen die Frauen ihr Haar geschmückt hatten – damals konnte ich vorurteilsfrei die Schönheit und Besonderheit aller Eindrücke auf mich wirken lassen, gnädig ließ ein Schleier nur die märchenhaften Eindrücke zu.

      Als wir auf der Höhe aus dem Bus ausstiegen, klopften laute Trommeln, quietschten die schon bekannten trompetenartigen Oboen und an der nächsten Ecke kam eine ungewöhnliche Prozession auf uns zu: hinter den Musikanten fuhr ein Wagen, von Priestern begleitet, über und über mit Blumen geschmückt, und es dauerte eine Weile, bis ich eine kleinere goldfarbene Statue unter einem Baldachin bemerkte. Nach wenigen Augenblicken waren die Musiker, der Wagen, die Priester und nachfolgenden Sänger um die nächste Wegbiegung verschwunden. Kurze Zeit später kam eine etliche hundert Meter lange Menschenschlange in Sicht, die sich nur langsam ins Innere des Tempels bewegte. Erst viel später erfuhr ich, dass die Menschen die ganze Mühsal des Aufstiegs und des Wartens in großer Hitze auf sich nahmen, um an diesem Tag, dem höchsten Ehrentag der Göttin, ihren Segen zu bekommen. Gleichzeitig dämmerte mir, dass Sri Chamundeshwari, der hier verehrte Aspekt der göttlichen Mutter, uns bei Ihrer Ausfahrt einmal im Jahr persönlich begrüßt hatte. Und erst Jahre später realisierte ich, dass Sri Balasai Baba als Avatar, als göttliche Herabkunft auf die Erde, die höchste schöpferische Kraft des Universums repräsentiert, die als weiblich angesehen wird.

      Die Tage im Ashram hatten wir wie auf einer Insel der Seligen erlebt, geschützt vor der Hektik und Widersprüchlichkeit des indischen Alltags. Hier zeigte sich das laute, bunte, kraftvolle indische Leben, mit Schlangenbeschwörern, Bettlern, Krüppeln, asketischen Heiligen, uralten Zeremonien, inbrünstigen, gläubigen Verehrern, erschöpften Pilgern; ein Bild, wie es sich seit Jahrhunderten nicht verändert hat. Die Kraft der religiösen Traditionen bildet auch heute noch einen – wenn auch erstarrten – Goldgrund, vor dem sich das Leben des modernen Indien mit seiner explodierenden reichen Geschäfts- und Industriewelt und den mittelalterlich anmutenden Sozialstrukturen, die dreiviertel der Bevölkerung in äußerster Armut, Krankheit und Unwissenheit belassen, abspielt.

      Für einen Pilger in Indien sind harte körperliche Anstrengungen ein unverzichtbarer Teil der Opfer, mit denen er sein Karma zu verbessern sucht. Wir beschlossen jedoch, die tausend Stufen, die von der Ebene hinauf zum Tempel führen, aus Spaß hinunterzugehen, um uns die vermisste Bewegung zu verschaffen – Motive, die Indern fremd sind.

      Der Blick über die grüne hügelige Umgebung war erholsam, und die Begegnung mit Nandi, dem Stier, dem Begleiter Shivas, beeindruckend. Mit fünf Metern Höhe ist er der größte in Indien, geschmückt mit frischen Girlanden von Marygold. Dies ist neben Jasmin und Rosen eine beliebte Blume für religiöse Zeremonien – bei uns als Tagetes oder Studentenblume bekannt und wegen des nicht besonders betörenden Duftes wenig geschätzt.

      Es war ein unvergessliches Erlebnis zu beobachten, wie eine ältere Frau auf den Stufen kniete und ihrer Verehrung und Hingabe Ausdruck gab, indem sie jede Stufe mit farbigen Pulvern in orange und rot markierte, Wasser und Rosenblätter darüber sprenkelte und dabei unentwegt betete. Diese Verrichtung in gebückter Haltung mochte wohl noch Stunden dauern, bis die Stufen auf dem Berg vor den Augen der Göttlichen Mutter endeten …

image

       »Ich bin Alles!«

      Meine Sicht auf die Welt und mein Lebensgefühl hatten sich während der zehn Tage im Ashram von Sri Balasai Baba vollständig gewandelt. Es war vor allem die neue Freude, die von der lebendigen Erfahrung herrührte, dass die Welt nicht allein gelassen war. Mit Begriffen wie Karma, Reinkarnation, Geistige Welt usw. hatte ich mich schon seit vielen Jahren beschäftigt und sie widersprachen für mich keineswegs einem Weltbild, in dem Wissenschaft und Logik ihren Platz hatten, aber zu erleben, dass diese formlose geistige Welt sich in einer menschlichen Form konzentriert und eine Brücke für die menschliche Erfahrung bilden kann – in diesem Falle für meine Erfahrung –, das gab meinem bisherigen Leben einen neuen, unerwarteten Hintergrund.

      Aber wie sollte das jemand verstehen können? Trotzdem musste ich mich mitteilen und zu meinem Erstaunen gab es durchaus Freunde und Kollegen, die mir zuhörten. Mit meinem Mann, einem Wissenschaftler mit Leib und Seele, konnte ich bisher jedes metaphysische oder spirituelle Thema wunderbar diskutieren, aber ein lebender Guru war jenseits seiner sonst außergewöhnlichen Toleranzgrenze. Ich verstand ihn nur zu gut, erzählte darum kaum etwas davon, was mich innerlich ausfüllte, und versuchte ein normales Alltags- und Eheleben aufrechtzuerhalten. Ich wusste, dass alles, was ich innerlich und äußerlich bisher mit Balasai Baba erlebt hatte, meiner inneren Wahrheit entsprach und keine Einbildung war. Dieser Wahrheit, was immer sie sein mochte, wollte ich nahekommen und beschloss, schon bald, im Januar 1998, zu den Geburtstagsfeierlichkeiten Sri Balasai Babas zurückzukehren.

      Schon vor der ersten Reise zu Balasai Baba hatte ich merkwürdige Widersprüche verspürt: Je näher der Abreisetag kam, umso mehr wuchs mit der Freude auch ein unerklärliches Unbehagen. Ich stellte Baba innerlich die Frage nach der Ursache dieses Unbehagens. Unmittelbar erschien vor meinem inneren Auge das Bild von zwei Vögeln: ein weißer Vogel schwebte über einem schwarzen Vogel …

      Bei unserer Ankunft saß Baba mit einer Gruppe Besuchern vor dem Tempel beim Satsang. »Do you want coffee?« Mit dieser familiären Begrüßung war meine Spannung verflogen.

      Am letzten Tag dieses Aufenthaltes saß ich auf der Flussmauer, um den Sonnenaufgang zu erleben. Der Tungabhadra fließt von Westen nach Osten und mündet weiter unterhalb in den mächtigen Krishna-Fluss. Zu dieser Zeit war alles noch kühl, still und friedlich. Nur die Fähre, ein aus Palmenwedeln rund geflochtenes Boot, das einem Brotkorb ähnelt, schob sich lautlos über das Wasser, in dem sich die rot aufgehende Sonne spiegelte, die schnell höher stieg. Plötzlich flogen von Westen Scharen von weißen, Reihern ähnlichen Wasservögeln direkt über der Wasserfläche gen Osten, unter ihnen die gleiche Formation von schwarzen Vögeln – ein verwirrender Eindruck, bis ich merkte, dass die lebensecht aussehenden schwarzen Vögel nur die Schatten der weißen waren. Sofort erinnerte ich mich an das Bild des weißen und schwarzen Vogels, das Baba mir als Antwort auf meine Frage gegeben hatte. Jetzt wurde unerwartet dieses Bild zu einem lebendigen Vogelzug und Wirklichkeit. Ich hatte das Gefühl, dass dieser Ort in Zukunft etwas mit der Lösung des Rätsels nach der Bedeutung der Vögel zu tun haben würde.

      »Zeige mir, wer ich bin«, war meine zweite Frage an Balasai Baba.

      Die Antwort darauf war verschlüsselter und ich konnte erst viele Jahre später sehen, wie Babas Antwort mir meine damals noch unbewussten hartnäckigen Widerstände aufgezeigt hat.

      Im Gegensatz zu den Tagen vorher ließ Baba mich längere Zeit links liegen. Die Bonbons und Süßigkeiten, die Er zu Hunderten im Tempel den Besuchern zuwarf, fielen – wie von einer unsichtbaren Glaswand abprallend – zu allen meinen Nachbarn ringsum, aber kein Tropfen dieses süßen Regens erreichte mich, ich saß buchstäblich auf dem Trockenen. Trotzdem fühlte ich mich reich beschenkt, denn immer wieder teilte einer der Devotees seine Schätze mit mir. Damals konnte ich die »Antwort« noch nicht erkennen.

      Nach der Hektik der Geburtstagsfeierlichkeiten lehnte ich mich eines Mittags an die hintere Tempeltür, um die Entspannung und Stille zu genießen. Vor mir stieg feiner Rauch aus dem Dhuni, einer Feuerstelle, die man meditierend umrunden konnte und dabei nach indischer traditioneller Vorstellung seine Probleme und Sünden СКАЧАТЬ