Elfenzeit 7: Sinenomen. Susanne Picard
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Название: Elfenzeit 7: Sinenomen

Автор: Susanne Picard

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Elfenzeit

isbn: 9783946773306

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      Robert sah auf die Uhr. »Es ist zwei Uhr morgens, also nicht lange, vielleicht eine halbe Stunde.«

      »Und wo sind wir?«

      »Im Schutzbereich Sieben.«

      Die fremde Stimme ließ Nadja zusammenzucken. Sie fuhr herum und sah ein schwarz gekleidetes Mädchen im Türrahmen stehen. Sie hielt ein Tablett mit mehreren Tassen in den Händen. Robert und Anne wirkten nicht überrascht. Sie schienen ihr bereits begegnet zu sein.

      »Wollt ihr einen Kaffee?«, fragte das Mädchen. Nadja schätzte es auf achtzehn, höchstens neunzehn.

      Das lange, tiefschwarz gefärbte Haar hing ihr tief ins Gesicht. Auf ihrem T-Shirt stand Wir sind die Asche von morgen.

      Optimistisch, dachte Nadja.

      »Wenn du nicht verrätst, wo der herkommt, gern.« Robert nahm ihr das Tablett aus den Händen und stellte es neben den Kassettenrecorder auf den Hocker.

      »Das ist Emma«, sagte er, während er Nadja eine der Tassen reichte. Anne bot er keine an. »Sie fand uns, als wir durch die Tunnel irrten, und führte uns hierher.« Er nickte Emma zu. »Vielen Dank noch mal.«

      »Kein Thema.« Das Mädchen hob die Schultern. »Ihr seid ja okay.«

      Der Unterton, der in ihren Worten mitschwang, verriet, dass sie selbst nicht genau wusste, weshalb sie ihnen geholfen hatte. Nadja hätte es ihr erklären können. Es war Annes magische Beeinflussung, die dafür sorgte, dass Emma sich sicher fühlte und nicht zu viele Fragen stellte, weder über die Herkunft der Fremden, noch über den Säugling, der sie aus Augen anblickte, in denen es kein Weiß gab.

      »Was ist Schutzbereich Sieben?«, fragte Nadja. Die Tasse in ihrer Hand war heiß. Die dunkle Flüssigkeit darin dampfte. Sie roch ein wenig nach Kaffee. Kalkreste bildeten einen weißen Ring am Rand der Tasse.

      Das Mädchen lächelte. »Ein Ort unter der Stadt, wo es die hinzieht, die oben nicht mehr klarkommen.«

      »Unter welcher Stadt?«

      »Berlin«, sagte Robert. »Anne und ich sprachen gerade darüber.«

      »Also nicht mehr auf Island.« Nadja stellte die Tasse neben sich auf den Betonboden. Das Portal hätte sie überallhin führen können, aber sie waren in einer Stadt angekommen, die keine sechshundert Kilometer von ihrem Zuhause entfernt war. »Wir haben Glück gehabt.«

      Emma sah von ihr zu Robert und wieder zurück. »Ich weiß ja nicht, worauf ihr gerade seid, aber ihr solltet weniger davon nehmen. Ganz ehrlich.« Sie klang nicht unfreundlich. »Schon allein wegen …«

      »Emma?«, unterbrach sie eine dunkle Männerstimme hinter der Tür. »Würdest du uns deine Freunde vorstellen?«

      »Ja, Moment.« Das Mädchen verdrehte die Augen. »Das ist Krone. Er will euch kennenlernen.«

      Anne ging auf die Tür zu und sah durch den Spalt. Ihre Schritte waren geschmeidig, jede Bewegung kontrolliert. Neben ihr wirkte Emma trotz ihrer schweren Lederjacke und den Springerstiefeln klein und verletzlich.

      Wie Beute, dachte Nadja mit einem Schaudern.

      »Ist das euer Anführer?«, fragte Anne.

      »Ja … nein.« Emma seufzte. »Er war als Erster hier, hat das alles gefunden. Deshalb hält er sich für den Chef. Tobias hat ihm mal gesagt, das interessiere ihn nicht, Krone sei kein Chef. Darauf ist Krone mit dem Kopf gegen die Wand vom Klo gelaufen, bis er kotzen musste. Seitdem tun wir alle so, als sei er Chef. Tut keinem weh.« Sie grinste. »Vor allem nicht Krone.«

      »Emma?« Krones Stimme klang ungeduldig.

      »Kommt.« Emma zog die Tür auf. Der Raum dahinter lag im Halbdunkel. Ein kleines Lagerfeuer tauchte die gekachelten Wände in ein orangefarbenes Licht. Nadja sah Gestalten, die um das Feuer saßen und die Köpfe hoben, als Emma die Tür öffnete. Es waren mindestens dreißig, vielleicht mehr. Hunde liefen zwischen ihnen umher, Flaschen klirrten. Aus einem Handy schallte blecherner deutscher Rap.

      »Ich weiß nicht, ob das so eine gute Idee ist«, sagte Robert mit einem Blick nach draußen. »Kannst du die alle beeinflussen?«

      Anne ging an ihm vorbei, dem Lagerfeuer entgegen. Mit einer Hand strich sie über seine Wange. »Wovor hast du Angst?«

      Es war keine Frage, sondern eine Provokation. Robert antwortete darauf, indem er das Gesicht verzog. Nadja überlegte bei sich, was der Austausch zu bedeuten hatte.

      »Kennst du den Weg nach draußen?«, fragte sie Robert, als sie ihm, Talamh in den Armen haltend, folgte.

      Er schüttelte den Kopf, zögerte und drehte sich zu ihr um. »Ich muss dir was sagen«, begann er, doch im gleichen Moment wurde eine Kuhglocke geschlagen. Er unterbrach sich. Die Menschen rund um das Feuer unterhielten sich ungerührt weiter, aber einige beobachteten Nadja und die anderen Neuankömmlinge verstohlen.

      Schlurfende Schritte auf Beton, dann trat ein Mann ins Licht des Feuers. Er war nicht mehr jung, das sah Nadja an den von breiten grauen Strähnen durchzogenen Dreadlocks, die er zu einem Zopf hinter dem Kopf zusammengebunden hatte, und an dem ebenso grau durchzogenen Vollbart. Er trug einen schweren Norweger-Pullover und darüber einen alten, ehemals weißen Bademantel. Seine Hose bestand aus Cord und steckte in grünen Anglerstiefeln. In einer Hand hielt er eine Stange, von deren Spitze eine Kuhglocke hing.

      »Ich bin Krone«, sagte er.

      »Das sind Nadja, Anne und Robert.« Emma zeigte nacheinander auf die drei. »Das Kind heißt keine Ahnung, Tim, Tom …«

      »Talamh«, sagte Nadja. Krone sah sie an. Seine Stirn war vernarbt, in seinen Augen wechselten sich Trauer und Verwirrung ab.

      »Was heißt das?«, fragte er.

      »Erde.«

      Er nickte. Die Kuhglocke schien auf jede seiner Bewegungen mit einem Läuten zu antworten.

      »Dann ist er am rechten Ort. Und ihr auch.« Krone drehte sich um und schlurfte aus dem Licht des Feuers. Rauch, der durch Tunnel in den Wänden abzog, vermischte sich mit dem Grau seines Bademantels, bis Mann und Rauch ineinanderzufließen schienen.

      »Das war’s«, sagte Emma. »Prüfung bestanden. Kommt ans Feuer.«

      Erst als Nadja die Wärme der Flammen spürte, bemerkte sie, wie kalt es an diesem Ort war. Alle Menschen, die sie sah, trugen Pullover oder Jacken, einige hatten sich in Decken eingehüllt.

      Sie sah sich um. Schilder hingen zwischen aufgeplatzten Kacheln. Die Zahlen- und Buchstabenkombinationen darauf sagten Nadja nichts. Tunnel und Türen führten in weitere Bereiche. Schlafsaal Eins stand auf einer Tür, Bereitschaft auf einer anderen.

      »Das ist ein Bunker, oder?«, fragte Nadja, als zwei Jugendliche Platz machten, um die Neuankömmlinge ans Feuer zu lassen. Der Boden war mit alten aufgerissenen Kartons bedeckt. Nadja setzte sich auf einen, Robert auf einen anderen. Anne zögerte sichtlich, bevor sie sich zwischen Emma und Nadja niederließ, auf den letzten freien Platz.

      »Ja, eines der letzten großen Berliner Geheimnisse, sagt Krone. Und der Ort, an den die kommen, denen oben alles zu viel СКАЧАТЬ