Название: Elfenzeit 7: Sinenomen
Автор: Susanne Picard
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Elfenzeit
isbn: 9783946773306
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Der Jüngere nickte.
Es war niemand außer ihnen in der Gasse zu sehen. Die Stände waren geschlossen, die Waren aus den Regalen verschwunden.
»Jetzt«, flüsterte Anne.
Mit einem Sprung war sie bei dem Jüngeren der beiden. Ein Tritt prellte ihm den Speer aus der Hand. Der Mann schrie überrascht auf. Der Ältere drehte sich. Seine Hand glitt zu dem Schwert in seinem Gürtel. Robert schlug mit beiden Fäusten zu. Er hörte den Arm des Soldaten brechen, sah den Mann zusammensacken und hielt erschrocken inne.
Das wollte ich nicht, dachte er.
Der Soldat kam wieder hoch. Sein Gesicht war vor Wut und Schmerz verzerrt. Sein linker Arm hing wie der einer Stoffpuppe herab, doch sein rechter holte aus. In seiner Hand blitzte ein Dolch. Robert sprang aus dem Stand hoch, drehte sich in der Luft und trat zu. Die Bewegungen erschienen ihm natürlich, er dachte nicht über sie nach. Sein Fuß traf das Kinn des Soldaten, riss dessen Kopf in den Nacken. Es knackte. Er brach zusammen.
»Anne!«
Nadjas Stimme. Robert fuhr herum. Der zweite Soldat lag am Boden. Seine Arme waren ausgestreckt, seine Finger zuckten. In seiner Brust steckte ein abgebrochener Speer. Anne hockte über ihm. Sie hielt seinen Kopf hoch. Ihr Haar fiel über seine Kehle und verbarg, was sie tat. Doch Robert hörte, wie sie trank, roch das Blut und spürte den Hunger. In diesem Moment widerte er sich selbst an.
»Sie wollten uns nur in Sicherheit bringen.« Nadja sah ihn an. Verwirrung und Abscheu standen auf ihrem Gesicht. »Warum habt ihr sie umgebracht?«
Ich wollte es nicht, dachte Robert, schwieg jedoch.
Anne ließ die Leiche fallen und erhob sich. Mit einer Hand strich sie sich die Haare aus dem Gesicht, dann wischte sie sich den blutigen Mund ab. »Sie mussten sterben«, sagte sie, »sonst hätten sie uns verraten.«
»Wir hätten sie niederschlagen und fesseln können.«
»Es sind Elfen, Nadja. Du weißt, wie stark sie sind. Das Risiko war zu groß.« Es war eine Lüge. Robert hatte genau das tun wollen, was Nadja gesagt hatte, doch dafür war es zu spät. Die Männer waren tot.
Anne zog die Leichen in einen Hauseingang. Ihr Mund sah aus, als habe sie Lippenstift verschmiert. »Wir müssen weiter«, sagte sie.
Er nickte. Nadja presste die Lippen zusammen, schloss sich ihnen aber an. Robert wusste, dass sie das nur tat, weil sie keine andere Wahl hatte.
Je näher sie dem Tor kamen, desto lauter und hektischer wurde es. Elfen kletterten auf die Stadtmauern rund um das Tor. Die meisten waren mit Bögen bewaffnet, manche auch mit Armbrüsten und Speeren. Rüstungen trugen die wenigsten, und wenn, besaßen sie nur Einzelteile, mal eine Brustplatte, mal Armschienen oder einen Helm.
Auf einer breiten Straße, die an der Mauer entlangführte, standen Cosgrachs. Ritter hielten die Tiere an den Zügeln. Ihre Rüstungen waren mit Edelsteinen besetzt und reflektieren das Sonnenlicht so stark, dass Robert die Tränen in die Augen schossen. Er nahm an, dass sie auf diese Weise versuchten, den Feind zu blenden.
Das Tor war verriegelt, der Gang, der dorthin führte, leer. Die Verteidiger konzentrierten sich auf die Mauern.
Unvermittelt traf ihn ein Stoß in den Rücken. »Los, auf die Mauer. Worauf wartest du noch?« Der Soldat tauchte neben Robert auf. Er hielt einen Speer in den Händen, mit dessen stumpfem Ende er nun auch Nadja antrieb. Sein nächstes Ziel schien Anne zu sein. Robert sah es in ihren Augen blitzen und griff ein.
»Man hat uns keine Waffen gegeben«, sagte er. »Wie sollen wir da kämpfen?«
Der Soldat, ein junger, schlanker Elf mit einer Nase, die wie ein Blumenkohl aussah, musterte sie kurz, dann seufzte er. »Muss man denn hier jedem alles dreimal erklären?« Mit dem Speer zeigte er auf die voll beladenen Karren, die an den Häuserwänden standen. »Nehmt euch, was ihr braucht.«
»Danke.« Robert hatte gehofft, der Soldat würde gehen, aber er blieb stehen und folgte ihnen mit Blicken, als sie zu einem der Karren gingen. Anne nahm einen Bogen mit Köcher, Robert einen Köcher und ein Schwert. Nadja zögerte, dann steckte sie sich einen Dolch in den Gürtel und schlang sich einen Bogen über die Schulter.
»Na los, auf die Mauer!«, rief der Soldat ihnen zu. Er zog den Kopf ein, als ein Felsbrocken trudelnd über ihn hinweg flog. »Sie werden gleich ihre Taktik ändern.«
Robert kletterte eine der Leitern hinauf. Ein Priester in schwarzer Robe ging an den Elfen entlang, die auf dem Wehrgang warteten. Er hielt einen schweren Schmiedehammer in beiden Händen und murmelte etwas Unverständliches. Die Elfen berührten nacheinander den Stiel des Hammers. Manche küssten ihn sogar.
Bogenschützen rückten enger zusammen, als Robert, Anne und Nadja den Wehrgang betraten. Sie waren staubbedeckt. Wind pfiff durch die brusthohen Zinnen der Mauer und brachte den Sand der Ebene mit.
Robert schirmte seine Augen mit einer Hand ab. Trotzdem sah er die beiden Katapulte erst, als die Elfe neben ihm auf sie zeigte. Sie ragten verschwommen auf, braunes Holz und graues Metall inmitten des Staubs. Karren, wahrscheinlich mit Steinen beladen, standen neben ihnen. Schemenhaft erkennbare Gestalten eilten zwischen ihnen umher. Robert hörte einen weit entfernten Ruf, dann wurde ein Felsbrocken über die Ebene katapultiert. Er flog langsam und trudelnd und doch schoss er in der nächsten Sekunde bereits über die Mauer hinweg und schlug in ein Haus ein.
Der Knall ließ die Steine unter Roberts Füßen vibrieren und hallte in seinem Magen nach.
»Gleich«, sagte die Elfe neben ihm. Sie trug einen Helm, unter dem ihr Gesicht nicht zu erkennen war. Ein Köcher mit Pfeilen stand zwischen ihren Füßen, der Bogen hing locker von ihrem Arm. Robert ahmte sie nach. Er wagte nicht zu fragen, was gleich zu bedeuten hatte.
Nadja stand auf seiner anderen Seite, Anne ein wenig hinter ihm. Beide hielten ihre Bögen in der Hand und starrten mit zusammengekniffenen Augen in die Ebene hinaus. Sie wirkten nervös.
Und dann hörte er das Kreischen. Ein dunkler Fleck breitete sich dort draußen aus wie Blut, das aus einer Wunde strömte.
Die Elfe spannte ihren Bogen. Robert folgte ihrem Beispiel, ebenso wie alle anderen, die auf der Mauer standen.
»Für den Schmied!«, schrie jemand. Einige Elfen nahmen den Ruf auf, doch die meisten blieben stumm. Robert roch ihre Angst.
Der Fleck kam näher, verwandelte sich in einzelne Schemen hoch in der Luft. Flügel wurden sichtbar, dunkle Lederschwingen, jede so lang wie ein ausgewachsener Mensch. Robert sah aufgerissene Mäuler und Stacheln, die aus dem Körper ragten.
»Grawnya«, hörte er Anne hinter sich flüstern. Ihre Lippen kamen nahe an sein Ohr. »Lass dich nicht beißen. Selbst du würdest daran zugrunde gehen.«
Er schluckte, ohne den Blick von den Kreaturen zu nehmen, die rasch näher kamen. »Ihr Biss ist tödlich«, sagte er an Nadja gewandt. Sie nickte. Der gespannte Bogen in ihrer Hand zitterte ein wenig. Er wusste nicht, ob Anstrengung oder Angst dafür verantwortlich war.
»Los!«, schrie die Elfe neben ihm plötzlich. Robert ließ die Bogensehne los. Sein Pfeil zischte den Kreaturen entgegen, war Teil einer gewaltigen Salve, die Dutzende aus dem Himmel riss. Schwere Körper СКАЧАТЬ