Elfenzeit 7: Sinenomen. Susanne Picard
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Название: Elfenzeit 7: Sinenomen

Автор: Susanne Picard

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Elfenzeit

isbn: 9783946773306

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СКАЧАТЬ fiel automatisch mit ein, denn er musste jeden Morgen nach dem Frühstück die Hymne anstimmen. Auch das verlangte Tamati Waka Nene von seinen Untertanen, denn er war nicht nur das Oberhaupt des Ngati-Tama-Stamms, sondern auch der tohunga, der Schamane.

      Der Sechzehnjährige warf einen vorsichtigen Blick auf seine Tante Whetu, die als Frau des ariki so etwas wie die oberste Sittenwächterin war und vor ihm saß. Als er sah, dass sie ihre Augen andächtig auf ihren Gatten gerichtet hatte, der neben dem tohunga vorn stand und soeben anfing, die weltlicheren Dinge anzusprechen, die in der kleinen Gemeinde eine Rolle spielten, rutschte er wieder tiefer in die Bank. Diesmal bemühte er sich, weniger Lärm zu machen.

      Jimmy hielt nichts von dem Budenzauber, wie er das nannte, den sein Großvater allsonntäglich zusammen mit seinem Bruder, dem ariki, im Versammlungshaus, dem whare hui, abhielt. Am liebsten wäre er wieder ins Internat zurückgegangen, auch wenn er sich dort langweilte. Seine Mitschüler waren bis auf ein paar coole Typen einfach nur blöd. Aber mit denen, mit Trevor, Kuri und Adam, hätte er wenigstens surfen gehen können. Eins wusste er genau – sobald er achtzehn war, würde er nach Wellington abhauen. Er, Trevor und Adam wollten am dortigen College Informatik studieren. Nur noch siebzehn Monate, die kriege ich auch noch rum, dachte er, während er sich auf einen strengen Blick von Tante Whetu hin widerwillig aufrecht hinsetzte. Der formelle Teil der sonntäglichen Versammlung war vorbei, jetzt wurde diskutiert. Onkel Tearoa sortierte seine Abrechnungen und rückte wie immer seine Brille zurecht, während er referierte, was wohl die neuen Zäune kosten würden und die Reparatur der Stromleitungen. Es wurde besprochen, wie groß die Feier zur Taufe von Cousine Huhanas Baby ausfallen würde und – zu guter Letzt – wen Tamati Waka Nene als seinen Nachfolger auswählen würde. Natürlich war es Großmutter Maata, die das Thema ansprach. Auch das war jeden Sonntag dasselbe.

      Jimmy wusste, dass er die Nachfolge antreten müsste, und deshalb hörte er gar nicht hin. Jeden Sonntag hier zu stehen und über Zaunreparaturen zu reden, gehörte nicht zu seinen Zukunftsplänen. Sollte doch Bill Mokau, sein Cousin und der jüngere Bruder von Huhana, das übernehmen. Oder Jimmys ältere Schwester Mahine, der hätte das gefallen. Sie war Krankenschwester in Inglewood, vier Jahre älter als er und kannte all die Sagen und Legenden auswendig, die Großmutter Maata immer vor dem Einschlafen erzählt hatte.

      Doch er war der älteste männliche Enkel und sein Großvater hatte sich bis jetzt nicht damit arrangieren können, seine Würde als tohunga einer Frau zu übergeben. Jimmy war allerdings fest entschlossen, auf diesen ganzen andersweltlichen Unsinn aus Sagen und Märchen zu verzichten. Er wusste, in Wellington oder Auckland wurden Computerexperten gesucht, und er kannte sich ein wenig mit Spieleentwicklung aus. Was gab es hier in Pukearuhe denn schon anderes zu tun, als abends World of Warcraft zu spielen oder eigene kleine Spiele zu schreiben? Und wenn es in Wellington nichts damit wurde, dann konnte er immer noch nach Sydney gehen.

      Da war wenigstens was los, im Gegensatz zu seinem Heimatdorf, wo man abends die paar Bürgersteige, die es gab, hochklappte, weil angeblich Erdgeister umgingen.

      Er konnte sich überhaupt nicht vorstellen, einmal vor der Gemeinde im Versammlungsraum zu stehen und die jährlichen Rituale im September zu vollziehen. Jimmy hielt das für rückständig. Keiner wollte doch heutzutage mehr wissen, ob in irgendeiner uralten Zeit, die keinerlei Rolle mehr spielte, eine Handvoll Maori auf einem wackligen Einbaum-Ausleger ausgerechnet bei Pukearuhe an Land gegangen war.

      Und ihn interessierte auch nicht, dass unter seinen Vorfahren der berühmte Te Rangi Hiroa gewesen war und er – wie sein Großvater nicht müde wurde, zu betonen – gefälligst dessen Erbe würdig anzutreten habe. Angeödet drückte Jimmy sein Knie an die Rücklehne der Bank vor ihm, rutschte noch ein wenig tiefer und legte den Kopf in den Nacken, um die Schnitzereien am Dachfirst zu betrachten. Auch wenn er die Muster längst auswendig kannte. Wie viele Sonntage habe ich schon auf diese Art verschwendet?, fragte er sich und fand es auf einmal interessant, sie zu zählen. Es müsste so ziemlich jeder Sonntag gewesen sein, seit er auf der Welt war, also …

      In diesem Moment geschah etwas Unvorhergesehenes, das Jimmy Roimata davor bewahrte, sich an jeden langweiligen Sonntag seines Lebens zu erinnern.

      Es pochte laut an der Tür zum Gemeinde-Saal, mitten in die Abrechnung von Onkel Tearoa hinein.

      *

      Nadja rutschte auf Gras aus und taumelte. Grelles Sonnenlicht blendete sie. Ihr schossen Tränen in die Augen. Verschwommen sah sie den Panther, der mit langen Sprüngen zwischen den Hügeln verschwand. Eine Brise verwehte Talamhs Schreie.

      Nadja wollte ihm folgen, aber Anne hielt sie immer noch fest.

      »Er ist schneller als du«, sagte die Muse. »Du wirst ihn nicht einholen.«

      »Er hat Talamh!« Nadja riss sich los. »Ich werde ihn finden, und du wirst mich nicht …«

      Anne unterbrach sie. »Ich weiß, wohin Catan deinen Sohn bringen wird.« Sie streckte den Arm aus und zeigte auf einen Punkt hinter den Hügeln. »Dorthin.«

      Nadja schirmte ihre Augen mit einer Hand ab und folgte der Geste. Sie standen in einem kleinen Tal zwischen einigen Hügeln. Gras bedeckte den sandigen Boden, irgendwo plätscherte ein Bach. Es war warm und trocken.

      Der Punkt, auf den Anne zeigte, lag weit jenseits der Hügel. Es war ein Berg, der mächtig und grau in den Himmel aufragte. Nadja konnte seine Höhe nicht schätzen, aber der obere Teil war schneebedeckt und von Wolken umgeben. Der Gipfel fehlte, so als habe eine gewaltige Macht ihn weggesprengt und nur einen Krater hinterlassen.

      Nadja kannte Bilder des Bergs, trotzdem zögerte sie, bevor sie seinen Namen aussprach. »Der … Olymp?«

      Anne nickte. »So nennen ihn viele.«

      Robert trat neben sie. Er richtete seinen Blick nicht auf den Berg, sondern auf eine Herde Dromedare, die in einiger Entfernung durch das Tal zog. Sie fraßen Gras und Blumen, die so gelb waren, dass sie zu leuchten schienen.

      »Sind wir in der Anderswelt?«, fragte Robert, während er sich ins Gras hockte und mit der Hand über die Halme strich. »Alles ist so viel klarer als bei uns.«

      Nadja wusste, dass sie nicht dort waren, sonst hätte sie über dem Boden geschwebt.

      »Das ist nicht die Anderswelt.« Anne seufzte. »Jedenfalls nicht ganz.«

      Sie sah sich um. »Wir befinden uns zwar in einer Sphäre der Anderswelt, aber was ihr hier seht, ist ein Traum, eine Vision, eine Welt innerhalb einer Welt.«

      »Heißt das, sie ist nicht real?«, fragte Nadja.

      »Wir sind darin, also ist sie real«, sagte Anne. Sie warf einen Blick in den makellos blauen Himmel. »In der Menschenwelt ist sie nur ein Traum. Ihr kennt sie vielleicht als das Reich des Priesterkönigs Johannes.«

      Robert stand auf. »Die Legende aus dem Mittelalter? Natürlich kenne ich die. Sie stammt aus …«

      »Können wir weiterreden, während wir gehen?«, unterbrach ihn Nadja. Seit sie wusste, was er war, brachte sie es nicht mehr über sich, Robert anzusehen.

      »Natürlich.« Er wischte sich die Hände an der Hose ab. Die Wunden, die von Dornen und Zweigen gerissen worden waren, verheilten bereits.

      »Sie stammt aus dem zwölften Jahrhundert«, fuhr er fort, als sie den Hügel hinaufgingen. Die Dromedare im Tal hoben kurz die Köpfe, als der Wind Roberts Stimme zu ihnen hinüber trug, grasten dann jedoch weiter. »Es begann mit Gerüchten über eine großes СКАЧАТЬ