Rosenhain & Dschinnistan. Christoph Martin Wieland
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Название: Rosenhain & Dschinnistan

Автор: Christoph Martin Wieland

Издательство: Bookwire

Жанр: Книги для детей: прочее

Серия:

isbn: 9788027225477

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СКАЧАТЬ sie in ihrem einundzwanzigsten Jahr ihres wirklichen Geschlechts sich kaum noch mehr bewußt war. Die große Behutsamkeit, an welche sie sich hatte gewöhnen müssen und die sie freilich keinen Augenblick vergessen durfte, war beinahe das einzige, was sie erinnerte, daß sie nur eine Maske sei.

      Ungefähr um diese Zeit gelangte Galora durch den Tod ihrer Eltern zum Besitz des ganzen Vermögens, welches Don Jago seinem Neffen Manuel hinterlassen hatte; und da dieser Umstand eine Reise nach der Hauptstadt notwendig machte und sie überhaupt mit Personen aus höhern Klassen, als woraus ihre gewöhnliche Gesellschaft bisher bestanden, in mancherlei Verhältnisse setzte: so mußte sie bald gewahr werden, wieviel ihr fehle, um unter Männern von Stand und Erziehung eine anständige Figur zu machen. Nachdem sie mit ihrem Vertrauten, dem alten Kammerdiener, zu Rate gegangen, wurde für das Schicklichste gehalten, wenn der junge Graf sich irgendeinen unbegüterten Señor Cavallero, der ein Mann von Erziehung, Lebensart und Weltkenntnis wäre, als eine Art von Mentor oder (weil der junge Herr von nichts, was einem Hofmeister ähnlich sah, wissen wollte) unter dem Titel eines Gesellschaftskavaliers zu sich nähme, aus dessen Umgang er nach und nach alle die kleinen, aber unentbehrlichen Kenntnisse schöpfen könnte, deren gänzlicher Mangel an einer Person seines Standes zu auffallend war, um nicht die öffentliche Aufmerksamkeit zu seinem Nachteil rege zu machen; etwas, wovor der verkappte Graf sich mehr als irgendein anderer zu hüten hatte.

      Zufälligerweise war um diese Zeit das Regiment, bei welchem der vorhin erwähnte Don Antonio Moscoso angestellt war, abgedankt worden. Dieser sah sich dadurch in eine so gedrängte Lage versetzt, daß er alle seine Freunde aufforderte, ihm zu irgendeinem anständigen Unterkommen zu verhelfen; und so geschah es dann, durch eine Verkettung kleiner Umstände, wie in solchen Fällen gewöhnlich ist, daß besagter Don Antonio (den wir bereits als den substituierten Erben des alten Oheims kennen) zum Posten eines Gesellschafters des vorgeblichen Don Manuels vorgeschlagen wurde.

      Don Antonio besaß alle Eigenschaften, die man zu dieser Stelle erfoderte, und noch eine mehr, die in der Tat zuviel war, aber doch kein hinlänglicher Grund zu sein schien, sich eines sonst so anständigen Subjekts zu berauben; diese war, daß er, ohne Übertreibung, für den schönsten Mann in ganz Galicien, Asturien und Biskaya gelten konnte. Er wurde also, dieses Fehlers ungeachtet, unter dem Namen Don Alonso Noya im Schlosse von Altariva eingeführt; ein Name, den er angenommen hatte, weil er die Verheimlichung seines Geschlechtsnamens und des Verhältnisses, worin er vermöge desselben mit dem Grafen Don Manuel stand, unter den gegenwärtigen Umständen für etwas Unumgängliches hielt; denn daß er, dem Testament zufolge, schon wirklicher Herr von Altariva sei, war etwas, wovon er sich ebensowenig träumen ließ, als daß er Ansprüche an das Kaisertum im Monde habe. Im Gegenteil, da er nicht zweifeln konnte, daß Don Manuel sich vermählen und an ehlichen Leibeserben keinen Mangel haben würde, schlug er sich alle Gedanken an die Möglichkeit, daß der Fall, den das Testament vorhergesehen, zu seinen Gunsten sich ereignen könnte, gänzlich aus dem Sinn und war bloß darauf bedacht, seinen neuen Patron kennen- und behandeln zu lernen und, da er wenig Hoffnung sah, ihm von sonderlichem Nutzen zu sein, sich ihm – soviel ohne allzugroße Aufopferung seiner eigenen Art zu leben möglich war – angenehm zu machen.

      Das letztere glückte ihm so gut, daß er kaum einige Wochen unter die Hausgenossen von Altariva gezählt wurde, als die Dueña, die bei dem Grafen in besondern Gnaden stand, bereits gegen den alten Kammerdiener die Bemerkung machte, daß Don Alonso auf dem Wege sei, erklärter Günstling zu werden, und, wofern sie nicht auf ihrer Hut wären, sie unvermerkt auf die Seite drängen würde. In der Tat schien Don Manuel täglich mehr Gefallen an ihm zu finden; Alonso mußte ihn auf allen seinen Spazierritten, auf der Jagd und überall wie sein Schatten begleiten; nichts wurde ohne seine Beistimmung vorgenommen, alles ging zuletzt durch seine Hände, kurz, er war des Grafen Auge, Ohr und rechte Hand und verwunderte sich öfters selbst darüber, da er sich eben keine große Mühe gab, sich bei ihm in Gunst zu setzen oder die wenige Übereinstimmung ihrer Neigungen zu verbergen, welche täglich mehr zum Vorschein kam und zu manchen kleinen Wortwechseln und Verkältungen Anlaß gab, wobei Don Manuel, seiner leicht aufbrausenden Hitze ungeachtet, den Frieden immer zuerst anbieten mußte. Wirklich war es der Graf, der zu jedermanns Verwunderung, seinem Günstling zu Gefallen, sich selbst Gewalt zu tun anfing. Er ging seltner auf die Jagd, seitdem Alonso sich hatte merken lassen, daß er an diesem barbarischen Vergnügen (wie er's nannte) keinen Gefallen finde. Er lernte die Gitarre spielen, um die Romanzen begleiten zu können, deren Don Alonso eine große Menge sehr schön zu singen wußte; ja, es ging endlich so weit, daß er alle Tage eine mühselige Stunde dazu verwendete, sich im Lesen zu üben, und es wirklich in kurzer Zeit so weit brachte, daß er in einer großen Folioausgabe des Amadis aus Gallien ziemlich fertig buchstabieren konnte.

      Alle diese und tausend andere nicht so stark in die Augen fallende, aber im Grunde noch weniger erklärbare Veränderungen, die sich an Don Manuel zeigten, würden den schönen Alonso vermutlich in einige Verlegenheit gesetzt haben, wenn sie ihm aufgefallen wären, und würden ihm ohne Zweifel aufgefallen sein, wenn nicht ein andrer Gegenstand im Schlosse zu Altariva sich unvermerkt seiner Aufmerksamkeit und seines Herzens bemeistert hätte.

      Eine Schwestertochter der Gräfin Pelaja war ihr, einige Zeit vor ihrem Tode, von ihrer sterbenden Schwester (der Witwe des Korregidors eines kleinen Städtchens in Biskaya) vermacht worden, um sie vollends zu erziehen und, da der Mangel an Vermögen ihr keine fröhlichere Aussicht ließ, sie je bälder, je lieber in einem Kloster zu versorgen. Doña Rosa (so nannte sich die junge Person, die sich der Freigebigkeit des Glücks so wenig zu rühmen hatte) war dafür von der guten Mutter Natur mit der reizendsten Graziengestalt und einem Paar so schwarzen feuervollen Augen, so schönen Händen und Armen und einem so lieblichen Busen begabt worden, als man je an einer Biskayerin gesehen hatte. Mit einer solchen Ausstattung fühlt ein junges Mädchen gewöhnlich keinen sehr entschiednen Beruf zum Nonnenschleier. Doña Pelaja wenigstens war dieser Meinung und konnte sich so lange nicht entschließen, ihre arme Nichte auf immer von sich zu verbannen, bis ihr, vom Tod übereilt, nichts anders übrigblieb, als sie sterbend der Fürsorge ihres vorgeblichen Sohnes Don Manuel zu empfehlen. Doña Rosa war also, da ihre Reise ins Kloster von einer Zeit zur andern aufgeschoben wurde, bisher immer im Schlosse zu Altariva geblieben, wo ihr als der nächsten Anverwandtin des Grafen mit größter Achtung begegnet wurde; zumal da dieser, vermutlich um den Vorwurf eines unerklärbaren Kaltsinns gegen das schöne Geschlecht von sich abzulehnen, bis um die Zeit, da Alonso alles bei ihm zu gelten anfing, sich in eine Art von Verhältnis gegen sie gesetzt hatte, welches sich (wie jedermann und Doña Rosa selbst zu glauben schien) über kurz oder lang für eine entschiedene Leidenschaft erklären mußte.

      Der schöne Alonso, der so vieles in diesem Hause veränderte, gab auch diesem Verhältnis in kurzem eine ganz andere Gestalt. Don Manuel wurde täglich kälter gegen seine Base und Doña Rosa zusehends wärmer gegen Don Alonso; wenigstens hätte dieser sich ohne Albernheit schmeicheln können, nicht abgewiesen zu werden, wofern seine Umstände es ihm nicht zur Pflicht gemacht hätten, die Leidenschaft, die sie ihm auf den ersten Anblick eingeflößt, in seinem Innersten zu verschließen.

      Die Wahrheit zu sagen, so hatte Doña Rosa, ohne für den Grafen das zu fühlen, was man, im eigentlichen Sinne des Worts, Liebe nennt, sich sehr klar und lebhaft vorgestellt, daß es ohne Vergleichung angenehmer sein müßte, Gräfin Altariva zu werden, als in einem melancholischen Nonnenzwinger aus Liebe zu einem himmlischen Bräutigam ihren Leib zu kasteien und Psalter zu singen. Solange sie sich daher Hoffnung machte, daß Don Manuel eine Absicht auf sie habe, würde der schöne Ritter Don Galaor selbst nicht schön genug gewesen sein, sie zu einer Untreue an – ihrem eigenen Vorteil zu verleiten. Aber von dem Augenblick an, da sie an der Gleichgültigkeit gegen sie nicht länger zweifeln konnte, fand sie keinen Grund mehr, dem Hang ihres Herzens zu widerstehen, und Alonso hätte blinder als Amor selbst sein müssen, wenn er nicht in ihren großen Gazellenaugen gelesen hätte, was sie ihm (vermutlich aus der nämlichen Ursache, die ihn selbst zum Schweigen verurteilte) auf jede andre Weise sorgfältig zu verbergen suchte.

      Indessen schien ihr das Benehmen des Grafen Manuel täglich unbegreiflicher. Sie beobachtete ihn daher immer schärfer, und die СКАЧАТЬ