Rosenhain & Dschinnistan. Christoph Martin Wieland
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Читать онлайн книгу Rosenhain & Dschinnistan - Christoph Martin Wieland страница 14

Название: Rosenhain & Dschinnistan

Автор: Christoph Martin Wieland

Издательство: Bookwire

Жанр: Книги для детей: прочее

Серия:

isbn: 9788027225477

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СКАЧАТЬ ruhigen, mehr gründlichen als schimmernden Verstand ein so warmes und gefühlvolles Herz, als je in der Brust des adeligsten aller Ritter der Tafelrunde schlug. Sein Äußeres war ebensowenig blendend als das Innere; doch konnte er, sogar neben dem schönen Alberich, für einen wohlgebildeten Mann gelten, und (wessen sich dieser nicht zu rühmen hatte) sein Blut war rein wie seine Sitten und sein Körper so gesund und ungeschwächt wie seine Seele. In der Tat hatte er nur einen einzigen Fehler, der ihm aber größern Schaden tat als Alberichen alle seine Laster. Eine Bescheidenheit, die zuweilen an Schüchternheit grenzte, warf auf seine ohnehin nicht schimmernden Verdienste einen Schatten, der sie den Augen derjenigen entzog, die ihn nur eines flüchtigen Anblicks würdigten; und unglücklicherweise war Rosalie eine dieser Unachtsamen.

      Hulderichs Vater hatte zu einem hübschen Gut, das sein Eigentum war, die Ländereien der alten Dame gepachtet. Dieser Umstand hatte dem Sohn, von früher Jugend an, häufige Gelegenheit verschafft, in das Schloß zu kommen und Rosalien, solange sie noch unter vierzehn Jahren war, öfters zu sehen und zu sprechen; und so hatte sich das Bild ihrer Liebenswürdigkeit nach und nach tief in sein Gemüt eingesenkt. Ihr munteres, sanftes und holdseliges Wesen, die Güte ihres Herzens und die Anlage zu allen weiblichen Tugenden, die er darin aufkeimen sah, hatte sich des seinigen unvermerkt dergestalt bemächtigt, daß er sie wie seine Seele liebte und daß ihm nichts so schwer deuchte, daß er es nicht für sie zu unternehmen, nichts so kostbar, daß er's ihr nicht aufzuopfern, nichts so peinvoll, daß er's nicht für sie zu leiden bereit war. Diese Gesinnung für Rosalien verwebte sich so innig mit seinem ganzen Wesen, daß sie noch immer in gleicher Stärke fortdauerte, als Rosaliens Übergang in das Alter der aufblühenden Jungfrau ihm beinahe alle Gelegenheit entzog, ein paar Worte mit ihr zu wechseln oder sie nur in der Nähe zu sehen. Er fühlte diesen Verlust schmerzlich; aber da er es schon für Verbrechen gehalten hätte, sich ihren Besitz nur als etwas Mögliches zu denken, so genügte ihm daran, sie schweigend und von fern zu lieben; und es würde ihm, glaubte er, nichts zu wünschen übriggeblieben sein, wenn sie ihm nur zuweilen durch einen gütigen Blick hätte zu erkennen geben wollen, daß sie seinem Herzen Gerechtigkeit widerfahren und sich eine Liebe gefallen lasse, welche, in der Tat, mehr von der andächtigen Inbrunst eines frommen Einsiedlers zu der Königin des Himmels als von dem irdischen Feuer einer eigennützigen Leidenschaft für eine Sterbliche in sich hatte. Aber Rosalie schien seit ihrem funfzehnten Jahre, und noch mehr seit ihrer Bekanntschaft mit Alberich, nicht die mindeste Kenntnis mehr von dem armen Hulderich zu nehmen. Daß es nicht stolze Verachtung war, dafür bürgt uns die Güte des Herzens, wovon sie täglich bei allen Gelegenheiten die unzweideutigsten Beweise gab; auch war es wirklich weiter nichts, als daß Hulderich gänzlich aus ihrem innern Gesichtskreise verschwunden oder wenigstens in den tiefen Schatten zurückgetreten war, worin tausend andere von ihr unbemerkte Menschen standen, mit denen sie, weil sie weder ihres Mitleidens noch ihrer Wohltätigkeit nötig hatten, sich außer allem Verhältnis glaubte.

      Alles dies, meine gnädigen Damen und Herren, mußte ich vorausschicken, bevor ich zu dem Abenteuer fortgehen konnte, welches der eigentliche Stoff meiner Erzählung ist.

      Ich sagte gleich anfangs, daß Rosalie, aus Mangel eines Bessern, von Kindheit an nichts als Ritterbücher und Feenmärchen gelesen habe. Aus diesen Quellen hatte sie eine Art von idealischer Welt- und Menschenkenntnis geschöpft, die mit dem wirklichen Lauf der Welt und dem Tun und Lassen der wirklichen Menschen einen starken Abstich machte und sehr vieler Berichtigungen und Zusätze bedurfte, wenn sie auch nur für den engen und einförmigen Kreis, worin sie lebte, zureichen sollte, aber auf keine Weise so beschaffen war, daß sie auf einem größern Lebensschauplatz eine anständige Rolle glücklich hätte spielen oder den vielfältigen Gefahren und Unfällen entgehen können, denen sie sich durch so manche täuschende Einbildungen und Erwartungen ausgesetzt befand.

      Es war also nicht mehr als billig, daß, bei Entstehung andrer gewöhnlicher Hülfsmittel, die Feen sich des guten Mädchens annahmen und, was sie durch kindliche und kindische Spielwerke der Phantasie an der natürlichen Gesundheit ihres Verstandes eingebüßt hatte, durch andere, auf Wiederherstellung derselben abzweckende Spiele ihrer Zauberkunst zu vergüten suchten.

      Bei einem jungen Mädchen, das sozusagen unter lauter Feen und Feerei aufgekommen war, scheint unter den mancherlei wunderlichen Wünschen, welche jungen Mädchen durch den Kopf zu flattern pflegen, keiner natürlicher zu sein als der, sich wirklich einmal in dieses Feenland versetzt zu sehen, von dessen Herrlichkeiten sie soviel gehört und gelesen hatte. Rosalie hing diesem phantastischen Gedanken seit einiger Zeit so häufig nach, daß sie ihn zuletzt gar nicht wieder loswerden konnte.

      Einsmals, da sie, bei Aufgang der Sonne, um die Natur im Erwachen zu belauschen und dem Morgenjubel der Lerchen und Nachtigallen zuzuhören, in den Gebüschen des Schloßgartens umherschlich, gab der Zauber, unter welchen diese lieblichen Naturerscheinungen alle ihre Sinne setzte, jenem Gedanken eine solche Stärke, daß er auf einmal laut wurde und in Worte ausbrach, wovon sie keine Zeugen zu haben glaubte.

      Plötzlich sah sie eine hohe Gestalt vor sich stehen, die eher einer Göttin als einer Sterblichen ähnlich sah. Ein begeisterndes Feuer wallte in ihren großen schwarzen Augen, und die üppigste Fülle goldner Haare floß in langen Ringeln um ihren schönen Kopf und den blendenden Liliennacken. Sie war in ein schimmerndes Gewand von tausend durcheinandergewebten Farben gekleidet und trug ein dünnes Stäbchen von Ebenholz in der rosenfingrigen Hand. »Dein Wunsch sei dir gewährt«, sagte sie zu Rosalien und berührte sie mit ihrem Stäbchen.

      In demselben Augenblick lag Rosalie wie schlummernd auf einem prächtigen Ruhebette; ein Schwarm von gaukelnden Zephirn hob es empor und schwebte mit der schönen Last so leicht durch die Lüfte hin, als ob sie nur ein flockichtes Abendwölkchen vor sich her hauchten.

      Rosalie erwachte in den Zaubergärten der Feenkönigin. Große immergrüne Rasenplätze; Blumenstücke, wo Florens schönste Kinder wetteiferten, das Auge mit ihren Bildungen und Farben und den Geruch mit dem süßen Balsam ihrer vermischten Düfte zu entzücken; Zitronenwäldchen und Gebüsche aller Arten blühender und duftender Sträuche, von spiegelhellen, über Goldsand und Perlen flüchtig hinweg rieselnden Bächen durchschlängelt; liebliche Täler und Anger, mit silberwollichten Herden bedeckt und an allmählich emporsteigende Wälder gelehnt; in die Wolken aufstrebende Bäume, die mit der Schöpfung gleiches Alters zu sein schienen; in tiefer Ferne eine Kette von ungeheuren Felsen, zwischen welchen aus den Wolken herabstürzende Ströme, bald in funkelnde Staubregen aufgelöst, bald in ungeheuren Schaummassen durch die geborstnen Klippen sich drängend, unzählige Wasserfälle bildeten, deren Donner aus der weiten Entfernung in schlafeinladendes Rauschen sich verlor: kurz, alles, was Natur und Kunst in den Halbzirkel eines weit ausgedehnten Gesichtskreises Prächtiges, Erhabenes, Schönes und Anmutiges zusammenzaubern können, war hier mit verschwenderischer Üppigkeit und in einer anscheinenden Unordnung, die im Ganzen zur schönsten Harmonie wurde, vereinigt, um die Seele in einen einzigen reinen, entzückenden Genuß aufzulösen.

      Rosalie schwamm in Wonne; ihr war, als erinnere sie sich dunkel, wie eines vorschwebten Traums, daß sie schon an einem solchen Ort gewesen sei; aber daß sie hier verwirklicht sah, was ihr vormals nur in matten, ineinander zerrinnenden Luftgestalten erschienen war, das eben war es, was ihr keinen Zweifel ließ, daß sie sich wirklich im Lande der Feen befinde.

      In diesem wundervollen Lande geht alles nach einer andern Regel als in unsrer Alltagswelt, wo wir armen Erdenkinder, an Raum und Zeit gefesselt, nicht von einem Ort zum andern, ohne den Zwischenraum zurückzulegen, noch vom Abend zum Morgen kommen können, ohne die ganze Nacht dazwischen durchlebt zu haben, ohne daß auch nur eine einzige Minute daran erlassen wird.

      Rosalie erhielt in wenig Augenblicken einen neuen Beweis, daß sie im Feenlande sei; denn auf einmal verschwanden die Zaubergärten, und sie befand sich in einem großen, prächtig erleuchteten Saal, der jenem wenig nachgab, den der glückliche Schneiderssohn Aladin, in den arabischen Märchen, mit Hülfe des Genius der Lampe und seiner Gesellen, zur großer Freude des Sultans, seines Schwiegervaters, in einer einzigen Nacht zustande bringt. Dieser СКАЧАТЬ