Rosenhain & Dschinnistan. Christoph Martin Wieland
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Название: Rosenhain & Dschinnistan

Автор: Christoph Martin Wieland

Издательство: Bookwire

Жанр: Книги для детей: прочее

Серия:

isbn: 9788027225477

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СКАЧАТЬ in unserer wirklichen Welt begeben habe, wo alles natürlich und begreiflich zugeht und die Begebenheiten zwar nicht alltäglich sind, aber sich doch, unter denselben Umständen, alle Tage allenthalben zutragen könnten. Es sei also von einer Novelle nicht zu erwarten, daß sie (wenn auch alles übrige gleich wäre) den Zuhörern ebendenselben Grad von Anmutung und Vergnügen gewähren könnte, den man aus glücklich gefundenen oder sinnreich erfundenen und lebhaft erzählten Märchen zu schöpfen pflege. »Von der meinigen., setzte er hinzu, »bitte ich Sie sich sehr wenig zu versprechen. Sie und ich werden uns beiderseits desto besser dabei befinden: ich, weil ich mir dann Hoffnung machen kann, Ihre Erwartung vielleicht zu übertreffen, Sie, weil Sie sich nur zu Ihrem Vergnügen getäuscht finden können. Übrigens muß ich noch sagen, daß meine Novelle sich von allen andern, soviel ich weiß, dadurch unterscheidet, daß sie keinen Titel hat. Ich habe mir alle Mühe gegeben, diesen Mangel aus meinem eignen Kopfe zu ersetzen, konnte aber keinen finden, gegen den ich nicht eine Einwendung hatte, die ihn verwerflich machte. Sie mag also, weil doch jedes Ding einen Namen haben muß (haben doch so viele Undinge einen!) und weil es in diesem Stück das erste in seiner Art ist, mit Ihrer Erlaubnis, die Novelle ohne Titel betitelt werden.«

      Und hiemit begann Herr M. seine Erzählung folgendermaßen.

      Die Novelle ohne Titel

       Inhaltsverzeichnis

      Die Familie Moscoso von Altariva, eine der ältesten und angesehensten in Galicien, war auf den gewöhnlichen Wegen, worauf große Häuser mit der Zeit in Verfall zu geraten pflegen, nach und nach so weit herabgekommen, daß die reichen, aber abgenutzten Gerätschaften einer alten, den Einsturz drohenden Burg, nebst der Herrlichkeit über ein paar kleine Weiler, und ein sechs Ellen langer Stammbaum beinahe alles waren, was Don Lope Moscoso, Graf von Altariva, der letzte Sprößling des ältern Zweiges der Familie, vom Glanz seiner Vorfahren übrigbehalten hatte. Fern vom Hofe, und sogar in der Hauptstadt seiner Provinz selten gesehen, lebte er mit seiner Gemahlin, Doña Pelaja, in einer beinahe einsiedlerischen Abgeschiedenheit von der Welt, einzig mit der Erziehung eines Sohns und einer Tochter beschäftigt, welche, in der nämlichen Stunde geboren; eine so große Ähnlichkeit der Gestalt und Gesichtsbildung mit auf die Welt brachten, daß es, in der Folge, den Eltern selbst nur durch die verschiedene Kleidung des Geschlechts möglich war, sie voneinander zu unterscheiden.

      Durch einen Glücksfall, der, wiewohl nicht ohne Beispiel, doch in Romanen und Komödien häufiger als in der wirklichen Welt vorzukommen pflegt, kehrte Don Jago, der einzige Vatersbruder des Don Lope, nach einer vieljährigen Abwesenheit, mit einem in Westindien erworbenen unermeßlichen Vermögen aus Mexiko zurück, mit dem Vorsatz, dasselbe, da er ohne Leibeserben war, zu Wiederherstellung des alten Glanzes seines Hauses anzuwenden. Er kaufte alle nach und nach veräußerten Güter wieder zusammen, baute das Schloß Altariva von Grund aus größer und schöner auf, als es je gewesen war, und wie er sein Ende herannahen sah, machte er ein Testament, worin er seinen Bruderssohn und nach dessen Tode den jungen Manuel Moscoso, seinen Großneffen, zum einzigen Erben seines ganzen Vermögens einsetzte; jedoch mit der ausdrücklichen Bedingung, daß, wofern dieser ohne Leibeserben abginge, dessen Schwester Galora mit einer beträchtlichen Summe abgefunden, die Stammgüter aber und alles übrige dem nächsten Seitenverwandten zufallen sollten, einem jungen wenig bemittelten Hidalgo, Don Antonio Moscoso genannt, der damals zu Ferrol als Fähndrich in des Königs Dienste stand und sich wenig Hoffnung auf Don Jagos Erbschaft zu machen hatte, da das frische Wachstum und die blühende Gesundheit des jungen Don Manuel einen so dauerhaften und kräftigen Stammhalter versprach, als Vater und Oheim sich nur wünschen konnten.

      Wie unangenehm auch diese Verfügung zugunsten des Seitenerben dem Don Lope und seiner Gemahlin war, so mußten sie sich doch darein ergeben; denn Don Jago hatte rechtsgültige Abschriften seines Letzten Willens sowohl in der königlichen als erzbischöflichen Kanzlei niedergelegt, und alles war darin so klar, daß der ausgelernteste Rabulist nichts dagegen hätte aufbringen können. Indessen machte, wie gesagt, die starke und gesunde Leibesbeschaffenheit ihres Sohnes sie von dieser Seite so sicher, daß ihnen der Fall, wo das Testament zum Nachteil ihrer Tochter Platz greifen könnte, gar nicht unter die denkbaren Dinge zu gehören schien.

      Allein in den Sternen war es anders geschrieben. Bald nach dem Ableben des Oheims wurden beide Zwillinge zu gleicher Zeit mit den Pocken befallen, einer Krankheit, gegen welche die damalige Heilkunst so wenig vermochte, daß sie der Natur und dem Zufall alles überlassen mußte. Das Fieber war von der bösartigsten Beschaffenheit. Die Eltern zitterten für beider Kinder Leben; wofern aber ja eines von beiden das Opfer sein müßte, so vereinigten sich ihre heißesten Wünsche für die Erhaltung ihres Sohnes, und wie lieb ihnen auch die kleine Galora war, so waren sie doch bereit, mit ihrem Leben das seinige zu erkaufen.

      Ihre Gelübde wurden nicht erhört. Don Manuel starb, und Galora blieb am Leben.

      In den Augenblicken, da die Waage der Entscheidung noch über ihnen schwebte, gab die Verzweiflung der trostlosen Mutter einen Gedanken ein, wie wenigstens dem Vorbehalt des Testaments (einem Übel, das dem Verlust ihres Sohnes von ihnen gleichgeschätzt wurde) ausgewichen werden könnte. Sie eröffnete das Mittel, worauf sie in der Angst ihres Herzens plötzlich verfallen war, ihrem Gemahl; der Fall war dringend, und sie hatten keine Zeit, weder der Rechtmäßigkeit noch den Folgen eines so außerordentlichen Schrittes nachzudenken. Es war nichts Geringeres, als die junge Galora dem sterbenden Bruder unvermerkt zu unterschieben und (außer den wenigen Personen, welche das Geheimnis notwendig wissen und gewonnen werden mußten, es ewig in ihrem Busen zu verschließen) aller Welt glauben zu machen, daß Galora gestorben, Don Manuel hingegen ihren Gelübden zu dem heiligen Jago von Compostel wiedergegeben worden sei.

      Don Lope nahm diesen Gedanken seiner Gemahlin als eine Eingebung ihres guten Engels auf, und er wurde sogleich mit der größten Besonnenheit und Vorsicht ausgeführt. Don Manuel ward, unter dem Namen Galora, in die Familiengruft gesenkt; Galora hingegen erhielt, unter dem Namen Don Manuel, ihre Gesundheit wieder und wurde, als der künftige Erbe und Stammhalter, so erzogen, wie das Geschlecht, zu welchem sie von nun an gerechnet werden sollte, es erforderte.

      Zu ihrem Glück oder Unglück (welchem von beiden, wird der Erfolg entscheiden) hatte die Natur ihr alle Anlagen gegeben, die zu Beglaubigung dieses Betrugs am meisten beitragen konnten. Sie war von einer derben Leibesbeschaffenheit, stark von Knochen und Muskeln und mehr lang als mittlerer Größe. In ihren Augen hatte sie etwas Wildes und Trotziges, in ihren Gebärden und Bewegungen etwas Rasches, Heftiges und Grazienloses. Ihre Stimme war tief und unsanft, und ihr Busen wurde nicht zum Verräter an ihr, als sie das Alter erreichte, wo er bei ihresgleichen sich nicht immer verheimlichen lassen will. Sie liebte alle starken Leibesübungen, ritt und focht mit allen Rittern der drei Orden Spaniens in die Wette und trieb die Jagd mit Leidenschaft. Diese Übungen machten dann auch den wesentlichsten Teil ihrer Erziehung aus; und da sie wenig Neigung zu Beschäftigungen zeigte, welche einige Anstrengung des Kopfs und eine ruhige Leibesstellung erheischen, so wurde sie von dieser Seite um so mehr vernachlässigt, da man es der Klugheit gemäß fand, den verkappten Don Manuel, soviel möglich, nur mit solchen Personen zu umgeben, deren ungebildeter Verstand und gänzliche Abhänglichkeit von ihm sie zu Bemerkungen von einer feinern und daher gefährlichen Art unfähig machte. Übrigens konnte Galora beinahe für einen schönen Mann gelten; sie hatte, was man eine vornehme Gesichtsbildung nennt, und war bei Gelegenheiten, wo ihr Stolz aufgefodert wurde, edler und großmütiger Handlungen fähig.

      Außer der verkleideten Galora selbst, welche natürlicherweise in ihrer neuen Art zu sein sorgfältig unterrichtet werden mußte, wußte niemand um das Geheimnis als eine der Doña Pelaja gänzlich ergebene Dueña, die Tochter dieser Frau und ein alter Kammerdiener von bewährter Treue und Klugheit. Zu mehrerer Sicherheit hatte man so große Vorteile an die Verschwiegenheit dieser drei Personen gebunden, daß sie nicht mehr Tugend dazu nötig hatten, als ein angemessener und wohlhabender Mann СКАЧАТЬ