Rosenhain & Dschinnistan. Christoph Martin Wieland
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Rosenhain & Dschinnistan - Christoph Martin Wieland страница 9

Название: Rosenhain & Dschinnistan

Автор: Christoph Martin Wieland

Издательство: Bookwire

Жанр: Книги для детей: прочее

Серия:

isbn: 9788027225477

isbn:

СКАЧАТЬ erblickten, sanken sie einander in die Arme, und erst nach einer ziemlichen Weile, da sie die Augen wieder aufschlugen, sahen sie anstatt Sophranors und Euphrasiens zwei Lichtgestalten durch die hohe Decke des Saals hinwegschwinden; und ich, meine lieben Freunde (setzte Rosalinde hinzu), bitte demütig, mit meinem Märchen vorliebzunehmen; denn es hat, vielleicht zu Ihrem allerseitigen Vergnügen, hier auf einmal ein Ende.

      Rosalinde hatte zu geneigte Zuhörer, um nicht im voraus auf die Höflichkeiten rechnen zu können, die ihr nach Endigung ihres Märchens von allen Seiten gesagt wurden. Sie schien von der Aufrichtigkeit dieser Lobsprüche nicht überzeugt genug, um sich viel darauf zugute zu tun, und konnte sich, da es ihr in der Tat nicht an Eitelkeit fehlte, nicht enthalten, mit gehöriger Feinheit zu verstehen zu geben, sie habe, um ihren Nachfolgern das Verdienst, sie zu übertreffen, desto leichter zu machen, ungefähr ebendieselbe Vorsicht gebraucht wie jener Schnellfüßige in einem bekannten Feenmärchen, der, wenn er auf die Jagd ging, eine Art von Hemmkette um seine beiden Füße legte, um dem Hasen nicht wider seinen Willen zuvorzulaufen.

      Wie dem aber auch sein mochte, die Gesellschaft fand diese Art, sich zu einem guten derben Schlaf vorzubereiten, angenehm genug, um an einem der nächsten Abende den jungen Wunibald von P. freundlich zu erinnern, daß ihn das Los zu Rosalindens nächstem Nachfolger ernannt habe. Herr Wunibald erklärte sich sogleich bereit und willig. »Ich könnte mir«, sagte er, sich ein Ansehen von komischer Wichtigkeit gebend, »ungestraft das Verdienst beilegen, der Erfinder des sinn- und wunderreichen Märchens zu sein, womit ich die Gesellschaft zu bedienen gedenke, denn ich bin gewiß, daß es noch in keiner Sprache gedruckt erschienen ist; aber ich bin zu stolz, mich mit fremden Federn zu brüsten, und bekenne also von freien Stücken, daß ich es aus einer ziemlich starken Sammlung so betitelter Milesischer Märchen genommen habe, welche durch einen Zufall, der hier nichts zur Sache tut, in meine Hände gekommen ist und deren Urheber, vermutlich weil sein Name seine Märchen nicht besser gemacht hätte, sich zu nennen nicht beliebt hat. Nach dem berühmten Märchen von Amor und Psyche (dem einzigen milesischen Märchen, das von den Alten bis zu uns gekommen ist) erwarten Sie von dem meinigen schon voraus, daß es von der wunderbarsten Gattung sei. Das ist es auch, und der Erfinder, wer er auch sei, hat daher wohlgetan, Thessalien zur Szene desselben zu machen.« – »Mein Sohn«, sagte Frau von P., »du läufst Gefahr, unsre Erwartung höher zu spannen, als dir vielleicht lieb sein dürfte, wenn du uns mit einer längern Vorrede aufhältst.«

      »Ich gehorche«, versetzte Herr Wunibald und begann wie folget.

      Daphnidion

       Inhaltsverzeichnis

      Ein milesisches Märchen

      Ein thessalischer Jüngling, dessen Familie ihr Geschlechtsregister bis in die Zeiten, wo der goldlockige Apollo die Herden des Königs Admet hütete, hinaufführte und einen Kebssohn dieses Gottes zum Stammvater zu haben stolz war, durchschlenderte in der vornehmen Geschäftslosigkeit eines bloß zum Verzehren gebornen Göttersohns, mit einem Blaserohr in der Hand, einen zu den großen Besitztümern seines Vater gehörigen Wald am Fuße des Berges Öta, um zum Zeitvertreib kleinen Vögeln Verdruß zu machen, als er in einiger Entfernung eine schlanke leichtbekleidete weibliche Gestalt durch das Gesträuch rennen sah, die ihn beim ersten Anblick ungewiß ließ, ob er sie für eine Sterbliche oder für eine der Nymphen halten sollte, welche, nach den Dichtersagen und dem Volksglauben seiner Zeit, Berge, Wälder, Quellen und Grotten zu bewohnen pflegten und nicht leicht sichtbar wurden und flohen, wenn sie nicht die Absicht hatten, gesehen und gehascht zu werden.

      Seit seinem göttlichen Urahnherrn Apollo hatte sich in seiner Familie die böse Gewohnheit, allen hübschen Mädchen, die vor ihnen flohen, nachzusetzen, von Vater und Sohn fortgeerbt, und Phöbidas (so hieß der jüngste Sprößling dieses edeln Stammes) schlug nicht aus der Art. Die fliehende Nymphe, dem Ansehen nach ein Mädchen von sechzehn Jahren, hatte sich, indem sie Erdbeeren suchte, unvermerkt aus ihrem gewöhnlichen Bezirk in einen fremden verirrt und war endlich aus Ermüdung im Gebüsch eingeschlummert, als sie vom raschelnden Aufflug eines von Phöbidas getroffenen Vogels wieder aufgeweckt wurde. Erschrocken sah sie sich um, und wie sie einen Jüngling, den sie seiner Schönheit wegen für einen der ewig jugendlichen Götter, Merkur, Apollo oder Bacchus, ansehen mochte, kaum zehen Schritte weit von sich entfernt erblickte, raffte sie sich auf und rannte so schüchtern und schnellfüßig als ein aufgeschrecktes Reh durch Büsche und Hecken davon.

      Phöbidas, der ihr an Behendigkeit wenig nachgab, rief ihr vergebens ebenso freundliche Worte nach, als Ovid seinen Stammvater der fliehenden Daphne zurufen läßt:

      Bleib, ich bitte dich, bleib, o Nymphe! Nicht feindliches Sinnes

       Folg ich dir nach...

      Sie horchte ebensowenig auf seine Locktöne und sah sich ebensowenig um als die keusche Tochter des Peneus; und unbekümmert, daß ein Teil ihres leichten Gewandes an den Gebüschen, durch welche sie sich drängen mußte, hangenblieb und daß ihre Gefahr durch diesen Umstand notwendig mit jedem Schritte größer werden mußte, lief sie so lange, bis sie endlich eine hohe, mit Efeu und leichtem Gesträuch umwebte Felsengrotte erreichte, in welche sie sich hineinstürzte, da kaum noch zwanzig Schritte fehlten, daß sie von ihrem keuchenden Verfolger erhascht worden wäre.

      Phöbidas, der nun sicher zu sein glaubte, daß sie ihm nicht entgehen könne, hielt, um wieder zu Atem zu kommen, einige Augenblicke still und ging dann gelassenen Schrittes auf die Höhle zu, die er beim Eintritt viel geräumiger fand, als er sich vorgestellt hatte. Aber von seiner Nymphe war keine Spur zu sehen. An ihrer Statt fand er im Eingang eine runzlichte Alte, die aus Deukalions und Pyrrhens Zeiten übriggeblieben zu sein schien, bei ihrem Spinnrocken sitzen und, ohne zu ihm aufzusehen, so behend und zierlich fortspinnen, daß die junge Nymphe selbst es ihr kaum hätte zuvortun können.

      »Alte Mutter«, schrie sie der ungeduldige Jüngling etwas hastig an, »wo ist das junge Mädchen, das ich soeben in diese Höhle hineinrennen sah?«

      »Was für ein junges Mädchen?« sagte die Alte, immer ohne aufzuschauen fortspinnend.

      »Ich sage dir ja«, schrie Phöbidas, »das Mädchen oder die Nymphe, die diesen Augenblick bei dir vorüberrannte.«

      »Was kümmert das dich?« versetzte die Alte, indem sie aus ihren hohlen Augen einen Blick von böser Vorbedeutung auf ihn schoß.

      »Ich muß sie sehen, ich muß mit ihr sprechen, sage ich dir. «

      »Ich sehe die Notwendigkeit nicht, junger Mensch.«

      »Ich will sie aber sehen«, schrie Phöbidas, mit dem Fuß auf den Boden stampfend.

      »Nur gelassen«, sagte die Spinnerin; »du magst es wollen, aber ich will nicht.«

      »Das wollen wir doch sehen! Weißt du wohl, wer ich bin?«

      Die Alte sah ihn mit einem verächtlich-spöttischen Blick an und spann fort.

      »Daß ich der Sohn des Fürsten bin, dessen Eigentum diese ganze Landschaft ist?«

      »Desto schlimmer für ihn und dich und die ganze Landschaft! denn du scheinst mir ein ungezogenes Bürschchen zu sein. Aber ich will versuchen, ob noch was Besseres aus dir zu ziehen ist.«

      Diese Rede der Alten und das Ganze ihres Benehmens brachte den Jüngling ein wenig zur Besinnung. "Es könnte doch wohl mehr", dacht er, "hinter dieser alten Gräe sein, als ihr Ansehen ankündigt; ich muß einen sanftern Ton anstimmen." »Verzeihe, wenn ich dich verkannt haben sollte«, sagte er etwas höflicher, СКАЧАТЬ