Lebensborn e.V. - Tatsachenroman. Will Berthold
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Название: Lebensborn e.V. - Tatsachenroman

Автор: Will Berthold

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9788726444735

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СКАЧАТЬ hervor. »Alle blond . . . alle blaue Augen . . . alle groß?«

      Die Arbeitsmaiden starrten sich an. Sie erschraken auf Kommando wie junge Katzen, die sich erstmals im Spiegel begegnen.

      »So ein Zufall.« Lotte lächelte hohl.

      »Bei mir schon«, grinste Erika, »mein Alter hat ’ne Glatze, meine Mutter ist fuchsrot, und meine Brüder sind pechschwarz . . . Glück muß der Mensch haben . . . und blond muß er sein!« Die anderen Maiden schwiegen betreten.

      Der SS-Führer erschien wieder.

      »Sie können sich gratulieren«, trompetete er, »Sie sind angenommen ., . wir bleiben in Verbindung.«

      Die Kommission fuhr wieder ab. Die Mädchen gingen zurück auf ihre Stuben. Am ersten Tag nach der Untersuchung rätselten sie noch. Am zweiten gaben sie es auf. Am dritten hatten sie es vergessen. Am vierten schrubbten sie wieder Böden, putzten wieder Bohnen und hackten wieder Kartoffeln. Sie lernten, wie man RAD-Führerin wird, und was es heißt, junge Mädchen bei sinnloser Arbeit sinnvoll zu kommandieren.

      Acht Tage später stürzte Erika zu Lotte und Doris atemlos in die Stube.

      »Die haben uns ’reingelegt!« schrie sie außer Fassung. Sie sah die stets beleidigte Lotte und stieß sie an. »Weißt du, was du unserem Führer schenken sollst, du Schneegans?« Ihre Stimme überschlug sich. »Ein Kind sollst du ihm schenken.«

      Doris betrachtete die Stubenkameradin wie eine Verrückte.

      »Ihr glaubt’s wohl nicht?« zischte Erika. »Ich hab’s selbst gelesen . . . in der Schreibstube.«

      Doris schüttelte den Kopf.

      »Wir kommen alle in ein Heim«, rief Erika . . . »Die Männer sind auch schon bestellt . . . und dann«, ihre Stimme wurde wieder überlaut und häßlich. »Und dann, na . . . gute Nacht! Viel Vergnügen . . . Bruthennen seid ihr, weiter nichts.«

      »Halt den Mund!« fuhr Lotte sie an.

      »Das gibt es nicht«, erwiderte Doris leise. Sie hatte recht. Nur wußte sie noch nicht, daß man recht haben und trotzdem irren kann . . .

      Sie wischte die Gedanken aus ihrem Bewußtsein. Das war dummes Geschwätz der Miesmacher.

      Am nächsten Tag erschien SS-Sturmbannführer Heinz Westroff-Meyer auf der RAD-Schule und versammelte die ausgewählten vierzehn Maiden, alle blond, alle blauäugig, alle übereinssiebzig groß, um sich.

      Die Auserwählten saßen in einer Reihe wie verängstigte Hühner nach einem Gewitter. Sie teilten den Blick zwischen dem Barackenboden und dem Sturmbannführer Westroff-Meyer. Sie trugen grobe Röcke in der häßlichsten Farbe, die es gibt, und dazu weiße Blusen, aus denen sich wie hilflos die gebräunten Arme schälten. Die Zeit schrieb ihnen vor, Schuhe mit flachen Absätzen zu tragen und Lieder mit platten Texten zu singen. Vorne, am rechten Flügel: Lotte, gläubig, beinahe verzückt; daneben Doris, ängstlich, beinahe entsetzt; hinter ihr Erika, belustigt, beinahe verächtlich. Dann das Rudel der anderen elf Mädchen, alle blond, alle groß, alle blauäugig, alle jung, alle idealistisch, alle dazu ausersehen, zwischen die Mühlsteine des Systems zu geraten.

      »Kameradinnen«, begann der Sturmbannführer, »ich komme aus Berlin . . . ich soll euch den persönlichen Dank des Führers für euer einmaliges Opfer übermitteln.«

      Ihr Stolz kämpfte mit ihrer Unruhe. Sie horchten und hofften, freudebang, doch ahnungsschwer.

      »Die Stunde der Bewährung ist gekommen. Ihr fahrt morgen in den Einsatz. Ich will versuchen, ihn euch zu erklären . . .«

      Seine dunkelbehaarte Hand, die an einem seltsam dünnen rosa Gelenk hing, bewegte sich unruhig am Lederkoppel.

      »Die arische Rasse verblutet in einem Schicksalskampf gegen den bolschewistischen Untermenschen. Wir werden diesen Krieg gewinnen! Aber unter großen Opfern. Es gilt, das Volk und seine Rasse zu erhalten . . .!«

      Der Sturmbannführer brach ab. Sein Blick zielte nach den Augen der Mädchen, schnell und durchdringend. Die roten Schmisse in seinem Gesicht zuckten. Sein Karpfenmaul wurde zum Torpedorohr. Seine Lippen katapultierten die Maiden, die wie hypnotisiert auf ihren Schemeln saßen.

      »Ihr werdet ab morgen an einem Sonderlehrgang teilnehmen. Ihr werdet auf Männer stoßen, die sich im Kampf bereits bewährt haben und deren rassische Substanz von uns ebenso geprüft wurde wie die eure. Ihr dürft stolz darauf sein, daß ihr zur Elite, zur höchsten Auswahl, die es geben kann, gehört . . .«

      Jetzt mußte Westroff-Meyer ins Detail gehen. Er mußte diesen 14 Mädchen das ungeheuerliche Programm mitteilen, das seine Organisation, der Lebensborn, ›durchführen‹ wollte. In diesem Moment war er nicht mehr der dunkelhaarige, olivhäutige Cäsar mit dem hehren, hohlen Pathos, sondern er wirkte ganz schlicht wie eine in die Ecke getriebene Ratte.

      Doris schaltete ab. Die rassehygienische Berieselungsanlage tropfte an ihr vorbei. In diesem Moment sah sie Klaus, den Oberleutnant der Luftwaffe, vor sich. Er lächelte ihr zu, und die Kerben links und rechts seiner Lippen verschwanden. Er war wieder der unbekümmerte Junge, dem die Mädchen in die Augen sahen, während sie an seinen Mund dachten. Ihre Lippen formten lautlos seinen Namen. Sie lächelte. Er hatte recht gehabt. Sie mußten jetzt die Scheu abstreifen. Sie gehörten zusammen. Vor aller Welt. Für alle Zeit. Doris spürte seinen Arm auf ihren Schultern, Seine Augen brannten auf ihrem Gesicht. Sie streichelte seinen Namen, seine Haare, seine Schläfen. Sie sah ihn, wie er in die Maschine stieg, und über ihr Gesicht huschte die Angst. Und dann rollte die Me aus. Das Kabinendach wurde beiseite geschleudert, und ein schlaksiger Junge mit einem strahlenden Gesicht stieg aus. Doris wollte nach ihm greifen, wollte ihm etwas sagen . . . im nächsten Urlaub, Klaus . . . – da stand wieder der SS-Sturmbannführer Westroff-Meyer vor ihr.

      »Es ist mein Wunsch, es ist der Wunsch des ganzen Volkes, daß diese edelsten Männer, die an dem Lehrgang teilnehmen, eure Partner werden . . . ich will nicht verhehlen, daß sich der Lebensborn aus dieser Begegnung ein Kind erwartet . . .«

      Er hob sofort abwehrend die Hände.

      »Am liebsten wäre es uns, wenn ihr euch zu einer Ehe mit diesen Männern entschließen könntet. Aber . . .«, fuhr er gedehnt fort, »die Bewegung kann ihren Nachwuchs nicht mehr dem Zufall überlassen . . . deshalb müssen wir im großen, im ganz großen Stil, künftig die Elternauswahl treffen . . . auch da, wo eine Ehe unmöglich ist, die sonst den vollen Schutz des Nationalsozialismus genießt.«

      Er entlastete seine strapazierten Stimmbänder, sprach jetzt weich und gefällig:

      »Und ihr werdet sagen: und wo bleibt die Liebe? Jawohl«, gab er sich selbst die Antwort, »die Bewegung ist auch für die Liebe. Aber nur zwischen geeigneten Partnern . . . Die schmutzige, schwüle, sinnliche Erotik herkömmlicher Art . . . – das muß einmal deutlich gesagt werden – ist eine jüdische Erfindung, die wir nicht weit genug von uns weisen können. Wir wollen Sauberkeit statt Schmutz! Wir fördern Verantwortung statt Kitsch . . .! Wir erwarten keine Kinder des Zufalls, sondern Garanten des Reiches!«

      Die 14 Arbeitsmaiden des Führerinnenlehrgangs erschraken in Linie zu einem Glied. Selbst Lotte zuckte zusammen, lächelte mit fahlen Lippen. Aber dann wurden ihre Augen groß, gläubig. Ihr Gesicht rötete sich, gab die Antwort: sie war bereit. Als erste.

      Erika schüttelte ganz einfach den Kopf. Irene sah auf den Boden. Sie wollte aktive RAD-Führerin werden. Sie hatte zu tun, was man ihr befahl.

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