Diakonie zwischen Vereinslokal und Herrenmahl. Jan Quenstedt
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Читать онлайн книгу Diakonie zwischen Vereinslokal und Herrenmahl - Jan Quenstedt страница 56

СКАЧАТЬ der Schluss nahe, dass die Vereinigung wenig Augenmerk auf eine breite öffentliche Akquise ihrer MitgliederMitglied legte. Auch der Fundort der Inschrift innerhalb des Vereinigungsgebäudes stützt diese These, da er dort einer breiten öffentlichen Wirksamkeit entzogen ist.6

      Keine expliziten Aussagen trifft die Inschrift über das Sozialverhalten der MitgliederMitglied, sofern es nicht ihr Verhalten innerhalb einer VersammlungVersammlung betrifft. Allerdings verdienen zwei Wendungen besondere Aufmerksamkeit. Im Zusammenhang mit den Bestimmungen zum Beitritt in die Vereinigung begegnet in Z. 34–37 die Wendung: καὶ δοκιμασθῇ ὑπὸ τῶν ἰοβάκχων ψήφῳ, εἰ ἄξιος φαίνοιτο καὶ ἐπιτήδειος τῷ Βακχείῳ. Dass die Vereinigung einen Bewerber überprüft, ob er auch „geeignet“ bzw. „vorteilhaft“7 (ἐπιτήδειος) für sie sei, erscheint vor dem Hintergrund einer aktiven Mitgliederpflege sinnvoll. Offen bleibt, anhand welcher Kriterien eine derartige Prüfung stattfindet. Es ist zu vermuten, dass sich der Eindruck der erwarteten Eignung aus dem Verlauf der Prüfung an sich ergeben und ihm kein dezidierter Kriterienkatalog zugrunde gelegen hat. Auch die Verbindung mit dem Begriff ἄξιος wirft Fragen auf, deren Bedeutung aufgrund fehlender Näherbestimmung nur angerissen werden kann: Eine Übersetzung des Begriffs mit „würdig“ legt nahe, dass sich der Kandidat durch eine besondere Form der LebensführungLebensführung auszeichnet, die sich insbesondere im Bereich finanzieller Möglichkeiten oder im sozialen Status bzw. sozialen Ansehen widerspiegelt. Eine weitere, mit der ersten Variante korrelierende Möglichkeit ist die Übersetzung des Lexems durch „gleichwertig“.8 Diese Übersetzung würde die Vereinigung als eine Gruppe von Personen charakterisieren, die besonderen Wert darauf legt, neue MitgliederMitglied aus demselben sozialen Milieu zu gewinnen, aus dem sie sich bisher rekrutierte.

      Weiterhin fällt der Begriff φιλοτειμούμενος9 (Z. 45–46) ins Auge, der ebenfalls zur Charakterisierung des Verhaltens der MitgliederMitglied im Rahmen der VersammlungenVersammlung (oder darüber hinaus) verwendet wird. Der Begriff kann u.a. mit „ehrliebend“, „anständig“ oder „auf Ehrbarkeit bedacht“ wiedergegeben werden. Mit dieser Lesart kann er in zwei miteinander in Beziehung stehenden Richtungen hin verstanden werden: Zunächst kann er einen Menschen bezeichnen, der sein eigenes öffentliches Ansehen pflegt und zur Steigerung seiner EhreEhre handelt. Ferner kann der Begriff auch so zu verstehen sein, dass er MitgliederMitglied bezeichnet, die das Ansehen der Vereinigung im Blick haben. In beiderlei Hinsicht ist ein Verhalten intendiert, dass auf allgemeines Wohlgefallen und allgemeine Anerkennung stößt, sei es aufgrund seiner Allgemeinnützlichkeit, oder sei es aufgrund einer positiven Relevanz für einzelne Personen oder Personengruppen. Im Gesamtzusammenhang von Z. 42–47 ergibt sich aber zunächst, dass das beschriebene Verhalten für die VersammlungenVersammlung relevant ist und neben anderen Diensten für die und in der VersammlungVersammlung steht.

      Mehrere Passagen der Inschrift thematisieren, wie mit Schuldnern des EintrittsgeldesEintrittsgeld bzw. des MitgliedsbeitragsMitgliedsbeitrag umgegangen werden soll (Z. 48–49; 67–72; 102–107). Die mehrfache Behandlung dieses Themenfeldes führt zu dem Schluss, dass es sich bei dieser Problematik um ein relevantes und häufiges Problem innerhalb der Vereinigung handelte, sodass eine Klärung innerhalb des StatutsVereinigungsstatut als notwendig angesehen wurde. Es ist verständlich, dass eine Vereinigung Regelungen zum Umgang mit Schuldnern der festgeschriebenen Beiträge trifft und in diesem Zusammenhang mögliche Sanktionen festlegt. Innerhalb der IobacchenIobacchen wird dem PriesterPriester darüber hinaus aber die Möglichkeit eingeräumt, Schuldner von den Sanktionen zu befreien und ihnen trotz ausstehender Zahlungen die Teilnahme an den VersammlungenVersammlung und MahlzeitenMahlzeiten zu ermöglichen. Mögliche Entschuldigungen werden in Z. 50–54 genannt und umfassen neben der Abwesenheit von AthenAthen (ἀποδημίας, Z. 50), die eine Zahlung unmöglich macht, auch Leid bzw. Trauer (πένθους, Z. 51) sowie Krankheit (νόσου, Z. 51) und schwere Notlagen (σφόδρα ἀνανκαῖος, Z. 51). Offensichtlich erlauben bestimmte Lebensumstände also eine Ausnahme von den Beitragsregelungen, um dem betroffenen Mitglied dennoch eine Teilnahme zu ermöglichen. Die Ausnahme wird bestätigt durch die Aussage in Z. 67–72, die eine Zulassung zur VersammlungVersammlung durch den PriesterPriester vorsieht, auch wenn keine Beiträge gezahlt wurden. Ein Hinweis auf mögliche Beweggründe für das Versäumnis wird nicht formuliert. Damit liegt die Entscheidung allein beim PriesterPriester. Beim Versäumnis zur Zahlung des EintrittsgeldesEintrittsgeld ist eine Zulassung zu den gemeinsamen Mahlzeiten jedoch ausgeschlossen (Z. 102–107). Somit ist als Mindestleistung zur Teilhabe an einer Mahlzeit bzw. einer VersammlungVersammlung die Zahlung des festgesetzten EintrittsgeldesEintrittsgeld zu nennen, das die VersammlungenVersammlung vor der Teilnahme von fremden, nicht zur Vereinigung gehörenden Personen, bewahrt.

      2.4.4 Ergebnisse

      Die Inschrift lässt erkennen, dass sich die Vereinigung primär zu geselligen und kultischen Zwecken (vgl. für beide Zwecke Z. 42–47; 63–67; 111–126; 127–136; 146–155) zusammenfand und soziale Belange nur eine untergeordnete Rolle spielen: BestattungenBestattung werden von der Vereinigung lediglich mit einem Kranz bedacht, bei positiven sozialen Ereignissen im Leben eines Mitglieds ist ein TrankopferTrankopfer zu spendieren und bei besonderen Lebenssituationen ist eine Teilnahme an den VersammlungenVersammlung auch bei ausstehenden MitgliedsbeiträgenMitgliedsbeitrag möglich. An den Ausführungen zu diesen drei Bereichen wird eine Verbindung zwischen dem Alltag der Vereinigung und der Lebenswirklichkeit ihrer MitgliederMitglied in besonderer Weise greifbar. Im Zusammenhang mit diesen Ereignissen geschieht eine wechselseitige AnteilnahmeAnteilnahme und -gabeAnteilgabe zwischen der Vereinigung insgesamt und dem einzelnen Mitglied sowie zwischen den MitgliedernMitglied untereinander. Allerdings geschieht diese AnteilnahmeAnteilnahme und -gabeAnteilgabe nur gelegentlich und kann nicht als eigentlicher Zweck der Vereinigung festgehalten werden.

      Für die in Z. 127–136 genannten Ereignisse, die mit der Finanzierung eines Umtrunks verbunden sind, kann im eigentlichen Sinne kein sozialer Impuls als motivations- und handlungsleitend angenommen werden. Vielmehr handelt es sich bei diesen Vollzügen von AnteilgabeAnteilgabe und –nahmeAnteilnahme um eine vorgegebene, gesellig-gesellschaftliche Handlung, die sinnfällig die gesellschaftliche Stellung des Spenders für die anderen MitgliederMitglied der Vereinigung aufzeigt und sie an seinem persönlichen Erfolg teilhaben lässt. Sie ist nicht als sozial-fürsorgliches HandelnHandeln, sozial-fürsorglich zu beschreiben, das auf altruistischeAltruismus Motive zurückzuführen ist. Auch die vorgesehene Kranzspende der Vereinigung bei der BestattungBestattung eines Mitglieds kann nicht in diesem Sinn verstanden werden. Im Fall der Zulassung zur VersammlungVersammlung trotz ausstehender Beiträge kann jedoch durchaus von einem Handeln aufgrund sozialer Motive gesprochen werden: Bleibt aufgrund einer Notlage die Zahlung des geforderten monatlichen Beitrags aus, kann der PriesterPriester dem betroffenen Mitglied dennoch die Teilnahme an einer VersammlungVersammlung gestatten. Somit wird ihm die Möglichkeit eröffnet, trotz einer Notlage weiterhin an den alltäglichen Vollzügen seines gewohnten sozialen Umfelds teilzuhaben. Allerdings handelt es sich bei diesem Verfahren um eine kurzfristige und zeitlich begrenzte Lösung, die auf Vorleistungen im Sinne von MitgliedsbeiträgenMitgliedsbeitrag und EintrittsgeldEintrittsgeld aufbaut. Es überbrückt lediglich einen kurzfristigen Missstand, schafft aber darüber hinaus keine Abhilfe in einer konkreten sozialen Problematik.

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