Название: The Secret Footballer
Автор: Anonym
Издательство: Bookwire
Жанр: Сделай Сам
isbn: 9783730700228
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Als ich klein war, kickte ich rund um die Uhr. Ich nahm sogar einen Ball mit ins Bett, um gleich nach dem Aufstehen Ballhochhalten üben zu können. Nach der Schule schaute ich mir jeden Tag das Video 101 Great Goals an (das mit Bobby Charlton auf dem Cover) und versuchte, sämtliche Tore nachzustellen. Entweder im Park, wo ein Schaukelgestell als Torgehäuse diente, oder direkt hinterm Haus, wo zwei perfekt proportionierte Kastanien standen und ich genug Platz für Distanzschüsse hatte, wie den Kracher von Emlyn Hughes für Liverpool (ich weiß nicht mehr, welchen Platz es belegte, aber das Tor habe ich besonders gemocht, weil man Hughes beim Jubeln wie einen Irren schreien hört).
Deswegen wollte ich Fußball spielen: Es versprach Ruhm und Glück und bot einen Ausweg aus dem Alltagstrott, den das Leben in einer Kleinstadt unweigerlich mit sich brachte. Mein Ziel war es, Weltmeister zu werden. Von meinem Vater hatte ich das Panini-Album zur WM ’86 geschenkt bekommen, und es gab für mich nichts Spannenderes, als darin herumzublättern und mir die Spieler aus aller Herren Länder in ihren unterschiedlichen Trikots anzuschauen – Spieler wie Socrates, Platini, Rummenigge und natürlich Maradona. Das Album war wie ein Fenster in eine andere Welt, und ich konnte gar nicht genug davon bekommen. Viele Jahre später wurde ein Teamkollege zur Nationalmannschaft berufen. Er war der erste Spieler, den ich persönlich kannte, dem diese Ehre zuteilwurde. Die ganze Mannschaft war total aus dem Häuschen, und ich konnte kaum erwarten, ihn zu fragen, wie es war. „Überragend, Alter”, antwortete er. „Die geben dir 50 Riesen nur für die Bildrechte.”
Ich kann gar nicht beschreiben, wie glücklich mich das Fußballspielen als kleiner Junge machte. Es gab nichts Schöneres, als stundenlang zu bolzen und so zu tun, als wäre man Ian Rush oder Glenn Hoddle. Zum Glück achtete mein Vater darauf, dass ich mehr als nur Fußball im Kopf hatte. Die wenigen Menschen, die meine wahre Identität kennen, haben mich alle gefragt, woher ich die bisweilen etwas abseitigen Aufhänger für meine Guardian-Kolumnen nehme. Die Antwort lautet: aus der umfangreichen Bibliothek meines Vaters, in der u. a. Shakespeare, Dickens und Joyce stehen, sowie aus seiner nicht minder ergiebigen Plattensammlung mit Aufnahmen der Beatles und der Stones, von Bob Dylan, Pink Floyd und vielen mehr. Während die meisten meiner Freunde klassischen Strandurlaub machten, fuhren wir für zwei Wochen auf einen Bauernhof in Dänemark. Während Dad vorne psychedelische Rockmusik hörte, sollten wir Kinder uns auf der Rückbank mit Klassikern der Weltliteratur beschäftigen. Das ist für einen Zehnjährigen wohl nicht unbedingt normal, aber ich möchte diese Zeit um nichts in der Welt missen.
Nicht dass ich besonders gelehrig gewesen wäre. In einem meiner alten Zeugnisse heißt es: „***** hört im Unterricht nicht zu und versäumt deshalb wichtige Inhalte, so dass er mit dem Stoff zurückfällt.” Danach passte ich besser auf, wodurch mir erst recht klar wurde, wie wenig mich der Unterricht interessierte. Alles, was ich wollte, war, Fußball zu spielen, und zwar rund um die Uhr. Ich war überzeugt davon, es zu schaffen. Meine Eltern unterstützten mich nach Kräften und fuhren mich jedes Wochenende zu den Spielen. Ich wurde in verschiedene Auswahlmannschaften berufen und gehörte zu einer Handvoll hoffnungsvoller Talente aus meiner Region. Manche von ihnen wurden schließlich Profis, andere gingen anständigen Berufen nach, und ein paar hatten so wie ich keine Ahnung, was sie mit sich anfangen sollten, falls es mit der Fußballkarriere nicht klappen sollte. Mit der Zeit erschien mir eine Profilaufbahn in etwa so wahrscheinlich wie die Hoffnung, im Biologieunterricht endlich die spannenderen Regionen von Kate Brookes Schenkelinnenseite erkunden zu dürfen.
Als wir um die 15, 16 Jahre alt waren, erhielten ein paar meiner Mitspieler Angebote von Profivereinen, einer sogar von Tottenham (das ihn zwei Jahre später aber wieder ziehen ließ). Auch ich wurde zu ein paar Probetrainings eingeladen, bei denen ich mich ganz ordentlich schlug. Das Problem hierzulande ist, dass die meisten Talentscouts keinerlei Erfahrung als Trainer haben. Also stellen sie kleinere Spieler grundsätzlich auf den Flügeln auf, während sie die langen Kerle in die Innenverteidigung beordern. Es ist ihnen vollkommen schnuppe, wenn man ihnen vorher erklärt, dass man eigentlich eher im zentralen Mittelfeld oder in der Sturmspitze zu Hause ist. Das kotzte mich damals ziemlich an, vor allem aber kotzte es meinen Vater an, der durchs halbe Land fuhr, um seinen Sohn dann eine Stunde lang als Rechtsverteidiger dilettieren zu sehen und schließlich noch ein paar Minuten als Linksaußen.
Viel verändert hat sich seither nicht. Die Spitzenklubs werfen einfach immer größere Netze aus und ziehen die dicken Fische an Land. Ein Bekannter, der seit zehn Jahren als Scout bei einem Topverein arbeitet, hat mir verraten, dass er sein Büro theoretisch niemals verlassen müsste, um seinen Job zu machen. Die kleineren Klubs rufen regelmäßig bei ihm an, um ihre größten Talente feilzubieten. „Die Anrufe kommen jedes Jahr ein bisschen eher, und die Spieler werden immer jünger”, sagt er. Und er muss schließlich wissen, wovon er spricht.
Der FC Chelsea zahlte Anfang 2012 eine Million Pfund für den 18-jährigen Stürmer Patrick Bamford, der bis dahin ganze zwölf Minuten für die erste Mannschaft von Nottingham Forest absolviert hatte. Frank Clark, der Vorsitzende von Forest, fasste damals zusammen, wie sich die Zeiten geändert haben: „Früher konnten wir unsere Talente ein paar Jahre lang halten, aber heutzutage zahlen die Spitzenklubs selbst für 13- oder 14-Jährige ein kleines Vermögen.” Und stellt sich der Nachwuchs als Blindgänger heraus, fällt das keineswegs auf die Scouts zurück. „Wenn ich schneller bin als die Konkurrenz, habe ich meinen Job erledigt”, sagt mein Bekannter. „Sollte sich der Spieler nicht durchsetzen, ist das nicht meine Schuld, sondern die des Trainers.”
Sobald größere Namen im Spiel sind, wird es sogar noch einfacher. Vor ein paar Jahren sprach ich mit einem anderen Bekannten, der damals Chefscout bei einem der Topvereine der Premier League war. Bei einem Kaffee fragte ich beiläufig, wie es ihm so ging. Sein Team war gerade Meister geworden, ich ging also davon aus, dass alles eitel Sonnenschein war. Auf seine Antwort war ich dennoch überhaupt nicht gefasst. „Ach, jedes Jahr das Gleiche, Alter”, stöhnte er. „Sobald der Etat für die neue Saison abgenickt ist, setzen wir uns zusammen und sprechen über mögliche Neuverpflichtungen. ,Wir brauchen einen Mann fürs offensive Mittelfeld‘, heißt es dann, und alle gucken mich an. Also sage ich: ,Okay, wie wäre es mit Totti, Kaká oder Ronaldinho?‘“ Ich habe keine Erfahrung als Chefscout, aber sollte mir einer der großen Klubs eines Tages diesen Job anbieten, würde ich wohl nicht Nein sagen. Scheint ja nicht allzu schwierig zu sein.
Was meine eigenen Ambitionen angeht, hat es mich damals schon gewurmt, manche meiner Teamkollegen bei Profiklubs unterkommen zu sehen. Ich hatte nicht den Eindruck, dass sie begabter waren als ich. Kräftiger vielleicht und mit 15 körperlich zweifellos weiter als ich, aber bestimmt nicht besser am Ball. Leider achteten die Vereine zu der Zeit mehr auf die physischen Voraussetzungen als auf technische Fähigkeiten.
Während viele meiner Freunde in den späten 1990er Jahren mit Drogen „experimentierten”, wollte ich auf andere Weise ausbrechen. Was auch immer ich mit meinem Leben anstellen würde, ich war wild entschlossen, so wenig wie möglich davon in meiner sterbenslangweiligen Heimatstadt zu verschwenden. Eine Woche vor meiner Abreise nach Kalifornien nahm meine Mutter den Anruf eines Scouts entgegen, der mich zu einem Testspiel seines Klubs einladen wollte. Ich kickte damals im Amateurbereich und verdiente 30 Pfund die Woche. Wie ich später erfuhr, war ich dem Scout von einem meiner früheren Trainer empfohlen worden. Dieser hatte ihm versichert, dass ich genug Potenzial besaß, um eine Chance zu verdienen, allerdings müsste der Klub bereit sein, ein paar zusätzliche Trainingseinheiten in mich zu investieren, um aus mir einen richtigen Profi zu formen.
An das Testspiel kann ich mich kaum erinnern. Innerlich war ich darauf eingestellt, demnächst die Biege zu machen und meine Freiheit zu genießen. Meine Freude fiel dementsprechend etwas verhalten aus, als der Trainer mich in der Halbzeitpause packte und sagte, dass er mich unter Vertrag nehmen wolle. Immerhin hatte ich einen Haufen Geld für ein einfaches Ticket nach San Francisco bezahlt und dachte in dem Moment nur daran, was ich noch für die Reise in der Drogerie besorgen müsste.
Seitdem denke ich fast jeden Tag an diesen Moment zurück. Was wäre wohl geschehen, СКАЧАТЬ