Название: Nachbarn
Автор: Nele Sickel
Издательство: Автор
Жанр: Научная фантастика
isbn: 9783947550562
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Brens Skepsis wuchs. »Was denn für eine Theorie?«
Mit einem Mal musterte Sioh sie eingehend. Sein Blick fuhr von ihren Knien den Oberkörper hinauf und blieb an ihren Augen hängen. Er schien zu überlegen, ob er es wagen oder doch lieber einen Rückzieher machen sollte.
Bren schaute ruhig zurück und bemühte sich, so wenig wie möglich von ihrer Anspannung zu zeigen. Sie wollte seine Prüfung bestehen. Trotz allem. Ja, vermutlich war er übergeschnappt und dann würde sie am Ende feststellen, dass sie lediglich ihre Zeit mit ihm vertan hatte. Genau wie mit Mape. Aber was, wenn nicht? Was, wenn er ihr doch helfen konnte, auf Cays Spur zu kommen? Es war ja nicht gerade so, dass sie sich vor Anhaltspunkten nicht zu retten wusste. Wenn er auch nur irgendetwas Interessantes mitbekommen hatte, musste sie es wissen.
Glücklicherweise bestand ihr Pokerface und Sioh fuhr fort: »Okay, bevor ich loslege, mach dir bitte klar, dass ich wirklich nur von einer Theorie spreche. Es ist bestimmt nicht die einzige mögliche Erklärung und ganz sicher nicht die beste, aber es ist eine, auf die ich immer wieder stoße und bei der einfach einiges … ich weiß nicht … passt.«
»In Ordnung.«
Noch einmal atmete Sioh tief durch, setzte an, stockte aber gleich darauf. »Eins noch: Die reine Theorie klingt noch viel verrückter ohne die Erklärung dazu. Ich will es erklären. Also sag erst einmal gar nichts und lass mich ausreden, okay?«
»Okay.«
»Okay.«
Wieder eine Pause. Bren gab ihr Bestes, ihre Ungeduld zu verbergen.
»Feen!«, platzte Sioh endlich heraus.
»Feen?«, echote Bren fassungslos. »Wie die aus Cinderella?«
Er sah sie vorwurfsvoll an. »Du hast es versprochen!«
Sie biss sich auf die Unterlippe und nickte.
»Keine Holo-Figur mit Flügeln und Zauberstab. Nicht so was wie in den Kinderfilmen. Nein, ich meine, ich hab das recherchiert. Der Mythos ist alt, sehr alt.«
Bren verkniff sich einen Kommentar dazu, dass man sein mühsam zusammengespartes Wikipedia-Geld sicher für sinnvollere Dinge ausgeben konnte als für die Suche nach Märchenfiguren. Das war nicht ihre Sache. Ihre Sache war es jetzt nur, zuzusehen, wie sie hier so schnell wie möglich heil herauskam.
»Die Geschichten stammen aus ganz verschiedenen Teilen der Welt und sind immer wieder anders. Mal werden Feen als gut beschrieben und erfüllen Wünsche, mal sind sie hinterhältige Geister. Und einige von ihnen entführen Menschen, wusstest du das?«
Bren schüttelte den Kopf. Woher sollte sie so etwas auch wissen?
»Sie entführen sie nicht nur, sie verändern sie. Sie locken Menschen in ihre Welt, machen sie ihr altes Leben vergessen. Es gibt immer wieder Berichte von Festen und dem Essen da, das man nicht essen sollte. Von schönen Frauen, die Kinder zu sich holen und nie wieder hergeben.«
»Und was genau hat das alles mit Pat zu tun?«, fragte Bren und rückte weiter auf die Tischkante, bereit für den Absprung. »Er ist kein Kind. Hast du ihn vielleicht auf einer Party verloren?«
»Nein, aber es ist nicht so, dass die Vermissten gar nicht wieder aufgetaucht wären, weißt du? Ich habe von mindestens zwei Fällen gehört, in denen die Leute noch einmal gesehen wurden, aber sie waren verändert. Und da ist dieser neue Club, der vor ein paar Monaten im Glasviertel aufgemacht hat. Von dem war auch mehrfach die Rede. Man kommt nicht rein. Keine Ahnung, was da drin los ist. Aber es würde passen, oder? Partys, Drinks, unerklärliche Veränderungen … Und Leute, die zwar noch da sind, denen scheinbar nichts Schlimmes passiert ist, die aber einfach nicht mehr nach Hause kommen wollen.«
Bren schüttelte den Kopf. Mit einem schwungvollen Satz sprang sie von der Tischplatte. »Klingt für mich nach einem neuen Umschlagpunkt für 7D oder, was weiß ich, 8D – gibt’s so was inzwischen? Jedenfalls nicht nach Feen oder Hexen oder sonst einem Hokuspokus.«
Sioh stand auf und trat ihr in den Weg. »Du hast gesagt, du hörst es dir in Ruhe an. Du hast gesagt, dass du der Theorie eine Chance gibst.«
»Ich hab auch zugehört.« Sie legte die unverletzte Hand auf seine Brust und schob ihn beiseite. »Feen! Tolle Theorie! Ich danke dir dafür, dass du diese Weisheit mit mir geteilt hast, aber ich muss jetzt wirklich wieder los und weiter nach meiner Schwester suchen.« Mit diesen Worten drängte sie sich an ihm vorbei und aus der Wohnung hinaus.
»Alien Neighbours«, rief er ihr nach. »Falls du deine Meinung änderst: Das ist der Club, in dem du nach deiner Schwester suchen solltest.«
»Danke«, sagte sie, ohne es zu meinen. Dann ging sie schnell und ohne sich noch einmal umzusehen.
Vor dem Fevernight hatte sich eine Schlange gebildet. Die erste Vorstellung des Abends musste in Kürze beginnen. Bren reihte sich unter die Wartenden und wandte den Blick ab, um ihre Missbilligung nicht allzu öffentlich zur Schau zu stellen. Sie hatte diesen Ort nie gemocht.
Weiter die Straße herunter drängten sich andere Menschengruppen in die Clubs und Bars des Viertels oder steuerten auf das nahe Holo-Kino zu, um sich dort irgendeine Spätvorstellung anzusehen. Musik drang aus jedem der Läden und mischte sich draußen zu unangenehmen Disharmonien.
So viele Menschen, so viel Nähe. Früher hatte Bren das nichts ausgemacht. Städte waren immer brechend voll. So war das eben, wenn sich eine Population quer über einen ganzen Planeten verstreut entwickelt und ausgebreitet hatte und sich dann unter ein paar Tausend Kuppeln zurückzog. Man war es gewöhnt. Aber seit Bren die Arbeit auf dem Mars angenommen hatte, hatte sie vergessen, wie viel gedrängter noch das Nachtleben war. Wie drückend die Musik und der Geruch der legalen Drogen, Alkohol und 6D, sein konnten. Ganz zu schweigen von den hin und wieder untergemischten illegalen Duftnoten. Auf dem Mars gab es keinen Alkoholausschank. Es gab auch keine Holo-Kinos, zu deren ach so tollem Gesamterlebnis die Leute 6D einwarfen, um sich durch die Droge noch mehr in der Geschichte zu verlieren. Und es gab keine Orte wie das Fevernight. Nichts davon hatte ihr gefehlt.
Von hinten drängelte jemand. Bren wurde dichter an die Rücken der Männer vor ihr geschoben. Es roch nach Schweiß. Sie rümpfte die Nase, wandte den Kopf und versuchte, sich mit den Filmchen auf den Werbetafeln des Holo-Kinos abzulenken. Da schlugen sich zwei Kerle mit einem Baummonster um eine mysteriöse Kiste. Eine Shuttlepilotin küsste lachend ihre Geliebte. Eins weiter hockte eine Frau in Schwarz mit Hörnern auf der Stirn und rissigen Flügeln über einer bewusstlosen Blondine und kicherte wahnsinnig. Feenschlaf – Wer weckt Dornröschen? stand unter dem letzten Film. Bren runzelte die Stirn.
Die Schlange bewegte sich vorwärts. Bren verlor die Werbetafeln aus den Augen und sah nach oben. Hier waren sie so nah am Stadtrand, dass man die Kuppel über ihnen mit bloßem Auge erkennen konnte. Ein paar graue Streben zogen sich den Himmel hinauf. Die Scheinwerfer daran warfen weißes Licht auf Gebäude und Menschen. Es war etwas kühler als das Sonnenlicht, das tagsüber durch die Kuppel drang, aber mindestens ebenso hell.
Die Schlange rückte weiter. Bren war dem Fevernight jetzt so nah, dass die aufgedrehte Musik, die daraus drang, alle СКАЧАТЬ