Guy de Maupassant – Gesammelte Werke. Guy de Maupassant
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Guy de Maupassant – Gesammelte Werke - Guy de Maupassant страница 258

Название: Guy de Maupassant – Gesammelte Werke

Автор: Guy de Maupassant

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Gesammelte Werke bei Null Papier

isbn: 9783962817695

isbn:

СКАЧАТЬ der aus­ge­hun­ger­ten fran­zö­si­schen Trup­pen alle der­ar­ti­ge Ge­schäf­te ge­schlos­sen wa­ren.

      Die Her­ren lie­fen um ir­gend­wel­che Nah­rungs­mit­tel in die Ge­höf­te an der Stras­se, aber es war nicht ein­mal Brot dort zu er­lan­gen. Denn die miss­traui­schen Land­leu­te hat­ten ihre Vor­rä­te aus Furcht vor den plün­dern­den Sol­da­ten ver­bor­gen, die in ih­rem Hun­ger al­les, was sie ent­de­cken konn­ten, ge­walt­sam an sich nah­men.

      Ge­gen ein Uhr Mit­tags er­klär­te Loi­seau, dass er ent­schie­den einen ganz ab­scheu­li­chen Ma­gen­schmerz ver­spü­re. Al­len üb­ri­gen ging es nicht bes­ser, und der hef­ti­ge Es­sens­drang hat­te schliess­lich jede Un­ter­hal­tung zum Schwei­gen ge­bracht.

      Von Zeit zu Zeit fing ei­ner an zu gäh­nen, und ein an­de­rer folg­te ihm dar­in so­fort. Und der Rei­he nach öff­ne­te je­der, je nach Cha­rak­ter, Le­bens­art und so­zia­ler Stel­lung ent­we­der ge­räusch­voll oder lei­se den Mund, um dann schnell mit der Hand die Öff­nung zu be­de­cken, aus der ein war­mer Hauch ent­ström­te.

      Fett-Kloss hat­te sich mehr­mals vor­ge­beugt, als sehe sie nach ir­gen­det­was un­ter ih­ren Rö­cken. Sie zau­der­te einen Au­gen­blick, blick­te ihre Nach­ba­rin an, und rich­te­te sich dann ru­hig wie­der auf. Die Ge­sich­ter der Rei­sen­den wa­ren bleich und ver­zerrt Loi­seau schwor, dass er tau­send Fran­cs für ein Schin­ken­bröt­chen ge­ben wür­de. Sei­ne Frau mach­te eine Ge­bär­de, als woll­te sie et­was ein­wen­den; aber sie be­ru­hig­te sich wie­der. Sie litt im­mer dar­un­ter, wenn sie von Geld­ver­schleu­de­rung re­den hör­te; selbst ein Scherz über die­sen Ge­gen­stand war ihr ver­hasst. »Ich füh­le mich tat­säch­lich un­wohl; wie konn­te ich nur ver­ges­sen mir was zum Früh­stücken mit­zu­neh­men?« die­sen Vor­wurf mach­te sich je­der ein­zel­ne im Wa­gen.

      Cor­nu­det hat­te al­ler­dings eine Feld­fla­sche voll Rum bei sich. Er bot die­sel­be her­um, aber man dank­te ihm küh­ler Zu­rück­hal­tung. Nur Loi­seau nahm einen Schluck. »Das tut auf alle Fäl­le gut«; sag­te er die Fla­sche mit Dank zu­rück­ge­bend »es wärmt und ver­treibt den Hun­ger.« Der Al­ko­hol mach­te ihn gu­ter Lau­ne und er schlug vor, es zu ma­chen wie die Schiff­brü­chi­gen und den wohl­ge­nähr­tes­ten Pas­sa­gier auf­zues­sen. Die­se deut­li­che An­spie­lung auf Fett-Kloss miss­fiel den wohl­er­zo­ge­nen Leu­ten, und es ant­wor­te­te ihm nie­mand; nur Cor­nu­det lä­chel­te. Die bei­den Or­dens­schwes­tern hat­ten mit dem Ro­sen­kranz-Ge­bet auf­ge­hört. Sie sas­sen re­gungs­los, die Hän­de in ih­ren wei­ten Är­meln ver­gra­ben und der Blick hart­nä­ckig zur Erde ge­senkt. Ohne Zwei­fel op­fer­ten sie dem Him­mel ihr Leid auf.

      End­lich ge­gen drei Uhr, als der Wa­gen durch eine end­lo­se Ebe­ne fuhr, auf der weit und breit kein Haus zu ent­de­cken war, bück­te sich Fett-Kloss has­tig und zog un­ter der Bank einen um­fang­rei­chen Korb her­vor, der mit ei­ner Ser­vi­et­te be­deckt war.

      Sie ent­nahm dem­sel­ben zu­nächst einen Por­zel­lan­tel­ler, einen zier­li­chen sil­ber­nen Be­cher, dann eine große Ter­ri­ne, in wel­cher zwei gan­ze in Ge­lee ein­ge­mach­te Hüh­ner wa­ren. Aus­ser­dem be­merk­te man in der Tie­fe des Kor­bes noch al­ler­lei le­cke­re Sa­chen ver­packt, Pas­te­ten, Früch­te und Ein­ge­mach­tes; kurz es war ein Rei­se­vor­rat für reich­lich drei Tage, ohne eine Wirts­haus­kü­che in An­spruch neh­men zu müs­sen. Sie hol­te sich ein Hüh­ner­flü­gel­chen her­aus und be­gann das­sel­be zu ei­nem je­ner Bröd­chen, die man in der Nor­man­die »Re­gence’s« nennt, zier­lich zu ver­spei­sen.

      Al­ler Bli­cke wa­ren auf sie ge­rich­tet. Der le­cke­re Duft ver­brei­te­te sich mehr und mehr und kit­zel­te den Ge­ruchs­sinn der Mit­rei­sen­den, de­ren Mund un­will­kür­lich wäs­se­rig wur­de, wäh­rend die Kinn­la­den sich schmerz­haft zu­sam­men­zo­gen. Der Ab­scheu der Da­men ge­gen die­se Dir­ne stei­ger­te sich zur völ­li­gen Wut; man hät­te sie am liebs­ten um­ge­bracht oder sie samt ih­rem Be­cher, ih­rem Korb und ih­ren Ess­wa­ren zum Wa­gen hin­aus in den Schnee ge­wor­fen.

      Loi­seau ver­zehr­te in­des­sen die Hüh­ner-Ter­ri­ne mit sei­nen Bli­cken. »Ma­da­me sind vor­sich­ti­ger ge­we­sen, als wir üb­ri­gen,« sag­te er. »Es gibt eben Da­men, die an al­les den­ken.« Sie sah zu ihm auf. »Wenn Sie Lust ha­ben, mein Herr«; sag­te sie »es ist fa­tal, wenn man von früh mor­gens an nichts zu es­sen hat.« Er ver­beug­te sich. »Mei­ner Treu, wenn ich of­fen sein soll, so neh­me ich dan­kend an; ich kann mir nicht mehr hel­fen. Im Krie­ge muss man wie im Krie­ge le­ben, nicht wahr, Ma­da­me?« Dann blick­te er um sich. »In sol­chen Au­gen­bli­cken ist man froh, so zum Dan­ke ver­pflich­tet zu sein.« Er brei­te­te eine Zei­tung auf dem Schos­se aus, um sei­ne Bein­klei­der nicht zu be­fle­cken und ent­nahm mit der Spit­ze sei­nes Ta­schen­mes­sers ein ganz in Ge­lee gehüll­tes Stück, zer­riss es mit den Zäh­nen und kau­te es mit sol­chem Wohl­ge­fal­len, dass sei­ne Rei­se­ge­fähr­ten ihn mit Ab­scheu be­trach­te­ten.

      Jetzt bot Fett-Kloss mit freund­li­cher Mie­ne den bei­den Schwes­tern an, von ih­rem Früh­stück zu neh­men. Sie sträub­ten sich kei­nen Au­gen­blick und be­gan­nen ohne den Blick zu er­he­ben has­tig zu es­sen, nach­dem sie ei­ni­ge Dan­kes­wor­te ge­stam­melt hat­ten. Cor­nu­det wei­ger­te sich selbst­re­dend nicht, das Aner­bie­ten sei­ner Nach­ba­rin aus­zu­schla­gen und man bil­de­te mit den Or­dens­frau­en zu­sam­men eine Art Tisch, in­dem man Zei­tun­gen auf dem Schoss aus­brei­te­te.

      Man öff­ne­te und schloss den Mund ab­wech­selnd, schob ein Stück hin­ein, kau­te und schluck­te has­tig. Loi­seau war in sei­ner Ecke em­sig bei der Ar­beit; und re­de­te lei­se sei­ner Frau zu, sei­nem Bei­spie­le zu fol­gen. Sie woll­te an­fangs nicht recht dar­an, aber als ein Krampf ihr In­ne­res zu­sam­men­zog, gab sie nach. Ihr Ehe­mann bat die »lie­bens­wür­di­ge Rei­se­ge­fähr­tin,« ob er nicht auch für sei­ne Gat­tin ein Stück­chen ha­ben könn­te. »Aber na­tür­lich, ge­wiss mein Herr,« sag­te sie, ihm mit lie­bens­wür­di­gem Lä­cheln die Ter­ri­ne rei­chend.

      Eine klei­ne Ver­le­gen­heit ent­stand, als man die ers­te Fla­sche Bor­deaux ent­korkt hat­te: Es gab nur einen Be­cher. Man wisch­te ihn eben vor dem Trin­ken aus. Nur Cor­nu­det setz­te ihn dort an den Mund, wo er noch feucht von den Lip­pen sei­ner Nach­ba­rin war; zwei­felsoh­ne ein Akt der Höf­lich­keit ge­gen die­sel­be.

      Der Graf und die Grä­fin Bréville, um­ge­ben von es­sen­den Men­schen und den Ge­ruch von Spei­sen fort­wäh­rend in der Nase, lit­ten un­ter­des­sen eben­so wie Herr und Frau Carré-La­ma­don wah­re Tan­ta­lus­qua­len. Plötz­lich stiess die jun­ge Frau des Fa­brik­be­sit­zers einen Seuf­zer aus, so­dass sich al­les nach ihr um­sah. Sie war bleich wie der Schnee draus­sen, ihre Au­gen wa­ren ge­schlos­sen, der Kopf hing vorn­über; sie hat­te das Be­wusst­sein ver­lo­ren. Ganz aus­ser sich bat ihr Gat­te alle Welt um Hil­fe. Man hat­te völ­lig den Kopf ver­lo­ren, als end­lich die äl­te­re von den bei­den Or­dens­schwes­tern, die das Haupt der Ohn­mäch­ti­gen stütz­te, den Be­cher von Fett-Kloss je­ner an die Lip­pen setz­te und ihr ei­ni­ge Trop­fen Wein ein­flöss­te. Die hüb­sche jun­ge Frau er­wach­te, schlug die Au­gen auf, lä­chel­te und er­klär­te mit lei­ser Stim­me, dass sie sich jetzt woh­ler füh­le. Aber СКАЧАТЬ