Guy de Maupassant – Gesammelte Werke. Guy de Maupassant
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Читать онлайн книгу Guy de Maupassant – Gesammelte Werke - Guy de Maupassant страница 259

Название: Guy de Maupassant – Gesammelte Werke

Автор: Guy de Maupassant

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Gesammelte Werke bei Null Papier

isbn: 9783962817695

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СКАЧАТЬ zö­ger­te im­mer noch; nie­mand woll­te zu­erst »Ja« sa­gen. End­lich mach­te der Graf ein Ende. »Wir neh­men dan­kend an, Ma­da­me,« sag­te er mit der gan­zen Wür­de ei­nes Edel­man­nes zu der schüch­ter­nen di­cken Rei­se­ge­fähr­tin.

      Jetzt war der ers­te Schritt ge­tan. Nach­dem man nun ein­mal den Ru­bi­kon hin­ter sich hat­te, ver­kehr­te man un­ge­zwun­ge­ner. Der Rei­se­korb wur­de ge­leert. Er ent­hielt noch eine Gän­se­le­ber- und eine Ler­chen-Pas­te­te, ein Stück ge­räu­cher­te Zun­ge, Bir­nen von Crassanc, eine Tor­te von Pont-Le­vêque, al­ler­lei klei­nes Ge­bäck und ein Glas mit Mi­xed-Pi­kles; Fett-Kloss lieb­te, wie alle ih­res­glei­chen, das Pi­kan­te.

      Man konn­te doch un­mög­lich et­was von die­ser Per­son an­neh­men, ohne auch mit ihr zu spre­chen. So be­gann denn eine Un­ter­hal­tung; an­fangs mit Re­ser­ve. Als sie sich aber ganz an­stän­dig be­nahm, ließ man sich schon mehr ge­hen. Die Da­men Bréville und Carré-La­ma­don be­nah­men sich mit zu­rück­hal­ten­der Lie­bens­wür­dig­keit, wie das bei ih­rer gu­ten Le­bens­art nicht an­ders zu er­war­ten war. Be­son­ders die Grä­fin zeig­te jene lie­bens­wür­di­ge Herab­las­sung al­ler vor­neh­men Da­men, de­nen nie­mals eine Per­le aus der Kro­ne fal­len kann. Nur die di­cke Frau Loi­seau, wel­che sich selbst et­was zu ver­ge­ben fürch­te­te, hielt sich zu­rück, sprach we­nig und ass de­sto mehr.

      Die Rede kam na­tür­lich auf den Krieg. Man er­zähl­te sich schreck­li­che Ge­schich­ten von den Preus­sen und wun­der­ba­re Hel­den­ta­ten von den Fran­zo­sen. Bald be­rühr­te man auch per­sön­li­che Ver­hält­nis­se und Fett-Kloss er­zähl­te mit auf­rich­ti­ger Er­re­gung, mit je­nen war­men Wor­ten, die ih­res­glei­chen zu­wei­len ei­gen sind, um ihre Ge­füh­le aus­zu­drücken, wie sie dazu kam, Rou­en zu ver­las­sen. »Ich glaub­te an­fangs, dass ich dort blei­ben könn­te. Ich hat­te das Haus voll Le­bens­mit­tel und hät­te lie­ber ei­ni­ge Sol­da­ten ver­pflegt, als mich Gott weiß wo­hin be­ge­ben. Als ich aber sie ge­se­hen habe, die­se Preus­sen, da wa­ren mei­ne Ge­füh­le stär­ker wie ich. Das Blut koch­te mir vor Zorn in den Adern, und ich habe den gan­zen Tag vor Scham ge­weint. Ach, wenn ich ein Mann wäre, wahr­haf­tig! Ich sah sie von mei­nem Fens­ter aus, die­se großen Bes­ti­en mit ih­ren Pi­ckel­hau­ben. Mein Mäd­chen hat mich zu­rück­hal­ten müs­sen, dass ich ih­nen nicht mein Mo­bi­li­ar auf den Kopf warf. Dann kam die Ein­quar­tie­rung, und ich bin gleich dem ers­ten an die Keh­le ge­sprun­gen. Sie sind nicht schwe­rer zu er­dros­seln, wie an­de­re. Ich hät­te es wahr­haf­tig fer­tig ge­bracht, wenn man mich nicht an den Haa­ren zu­rück­ge­ris­sen hät­te. Da­rauf­hin muss­te ich mich ver­ste­cken, bis ich schliess­lich die Ge­le­gen­heit hier fand, mich da­von zu ma­chen.«

      Man be­glück­wünsch­te sie leb­haft. Sie wuchs ent­schie­den im An­se­hen bei ih­ren Rei­se­ge­fähr­ten, die sich nicht so mu­tig ge­zeigt hat­ten. Cor­nu­det hör­te ihr mit dem zu­stim­men­den bei­fäl­li­gen Lä­cheln ei­nes Apos­tels zu; denn die lang­bär­ti­gen De­mo­kra­ten bil­den sich ein, ein Mo­no­pol auf den Pa­trio­tis­mus zu be­sit­zen. Er sprach nun sei­ner­seits in be­leh­ren­dem Tone und kram­te alle Weis­heit aus, die er aus den täg­li­chen Mau­er­an­schlä­gen ge­schöpft hat­te und schloss mit ei­ner groß­ar­ti­gen Re­de­wen­dung, in­dem er den Sturz die­ser »Ka­nail­le von Bo­na­par­te« pries.

      Aber Fett-Kloss wur­de so­fort är­ger­lich, denn sie war Bo­na­par­tis­tin. »Ich hät­te Sie wahr­haf­tig an sei­ner Stel­le se­hen mö­gen«; stam­mel­te sie rot wie eine Kir­sche, »Sie und die and­ren alle. Das müss­te hübsch ge­we­sen sein, wahr­haf­tig. Sie sind es, die die­sen Mann ver­ra­ten ha­ben. Es blie­be ei­nem wei­ter nichts üb­rig, als Frank­reich zu ver­las­sen, wenn es von sol­chen Leu­ten, wie Sie re­giert wür­de.«

      Cor­nu­det ver­harr­te in über­le­ge­nem ver­ächt­li­chen Lä­cheln; aber man hat­te das Ge­fühl, dass es noch zu grö­be­ren Wor­ten kom­men wür­de. Des­halb leg­te sich der Graf ins Mit­tel. Nicht ohne Mühe be­ru­hig­te er das zor­ni­ge Mäd­chen in­dem er ho­heits­voll er­klär­te, dass man die ehr­li­che Über­zeu­gung ei­nes je­den ach­ten müs­se. Die Grä­fin und die Fa­bri­kan­tens­gat­tin, wel­che den blin­den Hass al­ler vor­neh­men Leu­te ge­gen die Re­pu­blik und die in­stink­ti­ve Vor­lie­be al­ler Frau­en für eine pomp­haf­te und des­po­ti­sche Re­gie­rungs­form teil­ten, fühl­ten sich in­des­sen un­will­kür­lich zu die­ser Pro­sti­tu­ier­ten hin­ge­zo­gen, de­ren An­schau­un­gen den ih­ri­gen so nahe stan­den.

      Der Korb war nun leer; zu Zeh­nen war das al­ler­dings kein großes Kunst­stück und man be­dau­er­te, dass es nicht mehr ge­we­sen war. Das Ge­plau­der setz­te sich noch eine Wei­le fort, wenn auch nicht mehr so leb­haft, als wäh­rend des Es­sens.

      Der Abend brach her­ein, die Dun­kel­heit nahm im­mer mehr zu und Fett-Kloss fühl­te sich in­fol­ge der Käl­te, die wäh­rend der Ver­dau­ung im­mer fühl­ba­rer ist, trotz ih­rer Wohl­be­leibt­heit er­schau­ern. Da bot ihr Ma­da­me de Bréville ih­ren Wärm­ap­pa­rat an, des­sen Koh­le im Lau­fe des Ta­ges mehr­fach er­neu­ert wa­ren; sie nahm ihn gern an, denn ihre Füs­se wa­ren eis­kalt. Die Da­men Carré-La­ma­don und Loi­seau ga­ben die ih­ri­gen den bei­den Or­dens­schwes­tern.

      Der Kut­scher hat­te sei­ne La­ter­nen an­ge­zün­det. Ihr hel­les Licht brach sich an ei­ner Dampf­wol­ke die über den Krup­pen der schweiß­trie­fen­den Pfer­de schweb­te und be­leuch­te­te zu bei­den Sei­ten des Wa­gens den Schnee, der bei den leb­haf­ten Re­fle­xen sich auf­zu­rol­len schi­en. Im Wa­gen konn­te man schon nichts mehr un­ter­schei­den; aber plötz­lich ent­stand eine Be­we­gung zwi­schen Fett-Kloss und Cor­nu­det. Loi­seau glaub­te in der Däm­me­rung zu be­mer­ken, dass der Mann mit dem großen Bar­te sich et­was plötz­lich zur Sei­te beug­te, als habe er ohne viel Geräusch einen gut­sit­zen­den Schlag er­hal­ten.

      Vorn auf der Stras­se zeig­ten sich ein­zel­ne Lich­ter; es war Tôtes. Wenn man zu den elf Stun­den Fahrt noch die drei Stun­den Rast rech­ne­te, die man den Pfer­den zu ih­rem Fut­ter ge­gönnt hat­te, so wa­ren die Rei­sen­den vier­zehn Stun­den un­ter­wegs ge­we­sen. End­lich fuhr man durch das Stadt­tor und hielt vor dem Hôtel de Com­mer­ce an.

      Die Türe wur­de auf­ge­ris­sen und ein wohl­be­kann­tes Geräusch ließ alle Rei­sen­den er­zit­tern; eine Sä­bel­schei­de klirr­te auf dem Bo­den. Man hör­te ei­ni­ge deut­sche Wor­te ru­fen.

      Ob­schon am Hal­te­punkt an­ge­kom­men, stieg kei­ner von den Rei­sen­den aus; als ob sie er­war­tet hät­ten, da draus­sen so­fort nie­der­ge­sä­belt zu wer­den. Da er­schi­en der Kut­scher und leuch­te­te mit ei­ner La­ter­ne bis in den hin­ters­ten Eck des Wa­gens. Ihr Schein fiel auf zwei Rei­hen furcht­star­ren­der Ge­sich­ter mit of­fe­nem Mun­de und ängst­lich drein­schau­en­der Au­gen.

      Beim vol­len Licht der La­ter­ne sah man ne­ben dem Kut­scher einen deut­schen Of­fi­zier, einen hoch­ge­wach­se­nen auf­fal­lend schlan­ken blon­den jun­gen Mann, der in sei­ner Uni­form wie in ein Kor­set ein­ge­zwängt war. Auf dem Kop­fe trug er eine fla­che run­de Müt­ze wie ein Lauf­bur­sche in den eng­li­schen Hôtels. Sein lan­ger ker­zen­gra­der Schnurr­bart СКАЧАТЬ