Guy de Maupassant – Gesammelte Werke. Guy de Maupassant
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Название: Guy de Maupassant – Gesammelte Werke

Автор: Guy de Maupassant

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Gesammelte Werke bei Null Papier

isbn: 9783962817695

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СКАЧАТЬ eins an den and­ren dach­te.

      Die Son­ne stieg im­mer hö­her, als woll­te sie von oben her das un­ter ihr aus­ge­brei­te­te wei­te Meer be­trach­ten. Wie in ei­ner Art von Ko­ket­te­rie hüll­te sie sich in einen leich­ten Ne­bel­schlei­er, an dem sich ihre Strah­len bra­chen. Es war ein durch­sich­ti­ger Schlei­er, sehr nied­rig, gol­dig, der nichts ver­barg, aber al­les in ei­nem sanf­te­ren Lich­te er­schei­nen ließ. All­mäh­lich nahm der Glanz des Him­mels­ge­stir­nes zu, der Ne­bel senk­te sich tiefer und als die Son­ne ih­ren Hö­he­punkt er­reicht hat­te, ver­schwand er gänz­lich. Das Meer, jetzt glatt wie ein Spie­gel, glit­zer­te in dem strah­len­den Lich­te.

      »Wie präch­tig das ist!« mur­mel­te Jo­han­na tief­be­wegt.

      »Ja, in der Tat, es ist herr­lich« sag­te der Vi­com­te. Die­ser schö­ne kla­re Som­mer­mor­gen spie­gel­te sich wie ein Bild des Glückes in ih­rem ei­ge­nen Her­zen wie­der.

      Und plötz­lich sah man vor sich die großen Fel­sen­bo­gen von Etre­tat, wie zwei Füs­se, die von der Küs­te aus ins Meer ge­streckt sind, hoch ge­nug, um den Schif­fen den Durch­gang zu ge­stat­ten. Vor dem ers­ten der­sel­ben starr­te eine wei­ße scharf­kan­ti­ge Fel­sen­spit­ze gen Him­mel.

      Nach­dem man ge­lan­det war, stieg der Baron zu­erst aus und hielt die Bar­ke mit­tels ei­nes Tau­es am Ufer fest. Der Vi­com­te trug hier­auf Jo­han­na auf sei­nen Ar­men ans Land, da­mit sie kei­ne nas­sen Füs­se be­käme. Bei­de stie­gen dann lang­sam den stei­len Strand hin­an, noch ganz un­ter dem Ein­druck des ei­gen­tüm­li­chen Ge­füh­les, wel­ches das Hin­über­tra­gen bei ih­nen her­vor­ge­ru­fen hat­te. Sie hör­ten noch, wie Papa Las­ti­que zum Baron sag­te: »Das gäbe ein präch­ti­ges Paar ab.«

      Das Früh­stück in ei­nem klei­nen Wirts­haus am Stran­de mun­de­te vor­treff­lich. Bei dem ge­wal­ti­gen Ein­druck, den der Ozean auf alle ihre Sin­ne mach­te, hat­ten sie wäh­rend der Fahrt kei­ne Wor­te ge­fun­den; jetzt lös­te der gut­be­setz­te Tisch ihre Zun­ge und sie plau­der­ten wie Kin­der auf ei­ner Fe­ri­en­rei­se.

      Selbst die harm­lo­ses­ten Din­ge er­weck­ten ihre Lus­tig­keit.

      Papa Las­ti­que ver­barg sei­ne noch rau­chen­de Pfei­fe in sei­ner Schif­fer­müt­ze, wor­über man lach­te. Eine Flie­ge, zwei­felsoh­ne von sei­ner ro­ten Nase an­ge­zo­gen, kam im­mer wie­der, um sich dar­auf zu set­zen. Als er sie mit ei­ner Hand­be­we­gung ver­geb­lich zu ha­schen such­te, nahm sie in der Nähe auf ei­nem Vor­hang Platz, der deut­li­che Spu­ren von ihr und ih­ren Ge­fähr­tin­nen auf­zu­wei­sen hat­te. Von dort aus lau­er­te sie un­abläs­sig auf den leuch­ten­den Zin­ken des Fi­schers, wo sie sich stets aufs Neue nie­der­zu­las­sen streb­te.

      Bei je­dem Ver­such des klei­nen In­sek­tes er­scholl ein dröh­nen­des Ge­läch­ter, und als der Alte schliess­lich, durch das ewi­ge Kit­zeln är­ger­lich ge­wor­den, vor sich hin­mur­mel­te: »Die ist ver­teu­felt hart­nä­ckig«, da hät­ten der Vi­com­te und Jo­han­na fast Trä­nen ge­lacht. Sie wan­den und krümm­ten sich or­dent­lich und hiel­ten die Ser­vi­et­te vor den Mund, um nicht laut auf­zu­schrei­en.

      Nach dem Kaf­fee schlug Jo­han­na einen Spa­zier­gang vor. Der Vi­com­te sprang so­fort auf; der Baron hin­ge­gen zog es vor, in der Son­ne am Stran­de sein Schläf­chen zu ma­chen.

      »Geht nur, Kin­der«, sag­te er, »in ei­ner Stun­de wol­len wir uns hier wie­der tref­fen.«

      Sie gin­gen ge­ra­de­aus an den we­ni­gen Stroh­dä­chern des Or­tes vor­über. Nach­dem sie ein klei­nes Schloss, wel­ches schon mehr ei­nem großen Pacht­ho­fe ähn­lich sah, hin­ter sich ge­las­sen hat­ten, sa­hen sie plötz­lich ein of­fe­nes Tal vor sich lie­gen.

      Die See­fahrt mit ih­ren aus­ser­ge­wöhn­li­chen Ein­drücken hat­te sie sprach­los ge­macht, und die leich­te salz­hal­ti­ge Luft war die Ur­sa­che ei­nes ge­sun­den Ap­pe­tits für sie ge­we­sen, den sie beim Früh­stück reich­lich still­ten, des­sen schmack­haf­te Zu­be­rei­tung ih­nen ihre vol­le Lus­tig­keit zu­rück­gab. Nach­dem sie sich gründ­lich aus­ge­lacht hat­ten, fühl­ten sie jetzt wie­der eine Art Er­schlaf­fung und das Be­dürf­nis, ziel- und zweck­los im Frei­en um­her­zu­schwei­fen. Jo­han­nas Pul­se klopf­ten un­ter dem Ein­dru­cke neu­er und schnell­wech­seln­der Ge­müts­s­tim­mun­gen un­will­kür­lich stür­mi­scher.

      Die Son­ne brann­te heiss am Him­mel. Zu bei­den Sei­ten der Stras­se wog­ten die rei­fen Ge­trei­de­fel­der im Win­de. Heuschre­cken hüpf­ten mun­ter im Gra­se; über­all, im Korn, im Strauch­werk, in den Bin­sen am Stran­de ver­nahm man ihr kur­z­es schril­les Zir­pen.

      Sonst war al­les still un­ter dem heis­sen Him­mels­zelt, des­sen Blau hin und wie­der ins gelb­lich-rote her­über­spiel­te, wie Stahl, den man zu lan­ge in die Glut ge­hal­ten hat.

      Sie gin­gen zu ei­nem klei­nen Ge­hölz, wel­ches sie et­was wei­ter rechts be­merk­ten.

      Zwi­schen zwei Tal­wän­den ein­ge­keilt, lag das­sel­be durch sei­ne ho­hen dich­ten Bäu­me völ­lig vor den heis­sen Son­nen­strah­len ge­schützt; nur ein schma­ler Weg führ­te hin­durch. Eine dump­fe Küh­le, wel­che un­will­kür­lich die Haut schau­dern mach­te, um­fing sie beim Ein­tre­ten. Da das Ta­ges­licht nur spär­lich durch­fiel, so war das Gras bei dem Man­gel an frei­er Luft ver­schwun­den; aber wei­ches Moos be­deck­te statt sei­ner den Bo­den.

      »Se­hen Sie, dort drü­ben könn­ten wir uns et­was set­zen« sag­te Jo­han­na im Weiter­schrei­ten. Dort stan­den zwei alte ab­ge­stor­be­ne Bäu­me, und durch die so ge­bil­de­te Öff­nung des Laub­da­ches fiel der Ta­ges­schim­mer auf den Bo­den. Er hat­te das kei­men­de Gras neu be­lebt, Lö­wen­zahn und Schlüs­sel­blu­men her­vor­ge­zau­bert; auch die zar­ten klei­nen Ver­giss­mein­nicht und der Fin­ger­hut wa­ren dort zu fin­den. Schmet­ter­lin­ge gau­kel­ten um­her, Bie­nen und die di­cken kur­z­en Hum­meln summ­ten von Blu­me zu Blu­me, große Mücken, die wie Flie­gen-Ge­rip­pe aus­sa­hen, tanz­ten im Son­nen­licht; es wim­mel­te von In­sek­ten al­ler Art. Da sah man sol­che mit glän­zen­den bunt­ge­fleck­ten Flü­gel­de­cken, dann wie­der an­de­re mit grün­li­chem Schim­mer, tief­schwar­ze mit ei­nem klei­nen Horn ver­se­hen; und das al­les leb­te, wog­te, krab­bel­te und tanz­te auf die­sem lich­ten war­men Plätz­chen in­mit­ten des ei­si­gen Dun­kels, wel­ches sonst das dich­te Laub­dach her­vor­rief.

      Sie setz­ten sich so, dass ihre Ge­sich­ter noch Schat­ten er­hiel­ten, wäh­rend sie die Füs­se in die war­men Son­nen­strah­len streck­ten. Mit In­ter­es­se be­trach­te­ten sie das klei­ne an­zie­hen­de Bild voll Le­ben und Le­bens­lust, das sich vor ih­ren Au­gen ab­spiel­te.

      »Wie schön!« sag­te Jo­han­na. »Es ist doch gar zu herr­lich auf dem Lan­de. Ich möch­te zu­wei­len eine Flie­ge oder ein Schmet­ter­ling sein, um in die Kel­che der Blu­men zu tau­chen.«

      Sie spra­chen dann von sich selbst, von ih­ren Ge­wohn­hei­ten und Nei­gun­gen, in je­nem lei­sen ver­trau­li­chen СКАЧАТЬ