Название: Heißes Blut
Автор: Un-su Kim
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9783958903425
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»Bist verschuldet bis über die Ohren und willst hier den Klugscheißer spielen?«, fragte Obligation Hong mit einem irritierten Lachen.
»Soll ich lieber heulen?«
»Wenn man geliehenes Kapital nicht zurückzahlen kann, muss man wenigstens die Zinsen zahlen, bevor man sich wieder an den Spieltisch setzt, das ist ja wohl das Mindeste. Und bei dir habe ich nicht mal eine Hypothek verlangt. Aber wenn du jetzt auch noch anfängst, respektlos zu sein, Huisu, habe ich bei aller Geduld keine andere Wahl, als sehr, sehr böse zu werden.«
»Auch unsereins muss essen. Und wenn ich Ihnen die Zinsen zahle, habe ich kein Geld mehr für Zigaretten.«
»Hör auf mit dem Scheiß. Du hast dir gerade fünf Millionen abzapfen lassen.«
Zum x-ten Mal sah Huisu auf die Uhr, dann gähnte er gelangweilt. »Wenn ich irgendwann den großen Coup lande, gebe ich Ihnen alles zurück. So eine Riesensumme kann man nicht abstottern, wie soll das gehen?«
»Das war doch in Holland, oder? Wo dieser Junge mit einem Arm das Loch im Deich zugestopft hat? Kennst du die Moral von der Geschichte?«
Huisu warf ihm einen blasierten Blick zu.
»Wenn du ein noch so kleines Loch im Deich nicht schnellstens reparierst, stürzt am Ende der ganze Deich ein. Denn wenn er erst mal angefangen hat zu bröckeln, kann ihn nichts mehr halten, nicht mal ein Bulldozer.«
»Wenn Sie predigen wollen, tun Sie das woanders«, entgegnete Huisu, genervt von dem dummen Gerede. »Ich habe nicht den ganzen Tag Zeit! Und hören Sie endlich auf mit dem Gejammer, ich werde Ihr Geld schon nicht auffressen.«
Obligation Hong lief puterrot an. »Wie bitte? Gejammer? Wie redest du mit einem Älteren?«
»Verehrter Älterer, ich danke Ihnen für Ihre wertvollen Belehrungen, erlaube mir nun aber, Sie zu verlassen, weil ich zu tun habe. Bei nächster Gelegenheit werde ich Ihren klugen Ratschlägen lauschen in der Hoffnung, dass ich dadurch ein dickeres Fell bekomme.« Mit diesen Worten stand Huisu auf.
Obligation Hong, immer noch knallrot, funkelte ihn an. »Hör zu, Freundchen, ich rate dir, Vater Son weiterhin schön am Arsch zu kleben. Denn an dem Tag, an dem du das Mallijang verlässt, zahlst du brav alle Zinsen mit deinen Nieren und deinen Augen.«
Huisu lachte angewidert. »Dreckskerl!«
Und damit ging er ohne jede Eile zur Tür, auch wenn er die ganze Zeit spürte, wie sich Obligation Hongs hasserfüllter Blick in seinen Hinterkopf bohrte.
Es war 17 Uhr 30, als Huisu den Wagen am Strand abstellte. Er ging zum Grillrestaurant und warf einen Blick in den Raum, den er reserviert hatte. Chef Gu und die Typen vom Zoll waren noch nicht da. Der Wirt begrüßte ihn und plapperte gleich los: Das Fleisch sei heute wirklich exzellent, er habe aber auch eine Sashimi-Platte vorbereitet, falls der eine oder andere Gast vielleicht doch lieber Fisch essen wolle. Huisu bedankte sich. Abwartend rieb der Mann wie eine Fliege die Handrücken aneinander. Schließlich gab er sich einen Ruck und fragte Huisu in diskretem Ton, ob er vielleicht wisse, wo man zu einem guten Preis einen Naturholzschrank kaufen könne, es gehe um die Hochzeit seiner Tochter. Zerstreut antwortete Huisu, er könne ihm da nicht weiterhelfen. Der Mann schien enttäuscht und versuchte es mit einer anderen Frage: Nachdem er vor ein paar Tagen Elektrogeräte für den Haushalt gesehen habe, unter der Hand importiert, wolle er gern wissen, ob es möglich sei, fünf japanische Reiskocher der Marke Elephant zu bekommen. Huisu sah ihn kalt an. Etwas verlegen erging sich der Wirt in Erklärungen, murmelte etwas davon, dass seine Tochter den Sohn einer Arztfamilie heirate, dass er befürchte, nicht genug Geld für die Aussteuer zu haben, dass die Reiskocher von Elephant die besten auf dem Markt seien und die Verwandten seines zukünftigen Schwiegersohns sich sicher sehr über einen davon freuen würden. Wieder blickte der Mann forschend in Huisus stummes Gesicht. Dann wagte er es, mit leiser Stimme anzumerken, sein künftiger Schwiegersohn komme aus einer erstklassigen Familie, und dass er fürchte, seine Tochter könne sich unterlegen fühlen. Heute verdienten er und seine Frau recht ordentlich, fuhr er fort, doch als seine Tochter klein gewesen sei, da sei das noch anders gewesen, und deshalb habe sie eine schwere Kindheit gehabt. Sie sei eine gute Schülerin gewesen, doch aufgrund der finanziellen Situation habe sie schließlich nur eine Berufsfachschule besuchen können, was er heute sehr bedauere.
Huisu wurde langsam ungeduldig. Mit einem langen Seufzer antwortete er, dass er sich wegen der Elephant-Reiskocher erkundigen werde. Sofort hellte sich die Miene des Mannes auf. Huisu schaute auf die Uhr. Noch zwanzig Minuten. Wahrscheinlich eher mehr, denn Pünktlichkeit war nicht Chef Gus Sache. Auf einmal hatte Huisu einen fürchterlichen Durchhänger. Gern hätte er sich irgendwo hingelegt und kurz die Augen zugemacht. Aber wenn er blieb, würde er weiter das Geschwätz des Wirtes ertragen müssen, über seine ach so nette Tochter und den ach so vornehmen künftigen Schwiegersohn. Womöglich fragte er noch, ob auf der amerikanischen Militärbasis nicht ein Kühlschrank von General Electric aufzutreiben sei. Huisu stand auf und ging.
Es war April und der Strand so gut wie leer. Huisu zündete sich eine Zigarette an. Automatisch begann er, die Spaziergänger zu zählen, es waren sieben. Ein mittelaltes Paar – wahrscheinlich unverheiratet –, zwei die Schule schwänzende Gymnasiasten und drei japanische Touristinnen gesetzten Alters. Allein an diesem Strandabschnitt gab es mehrere Dutzend Sashimi-Restaurants, über hundert Bars und Cafés und tausendvierhundert leere Hotelzimmer. Und am Strand waren sieben Menschen. Man benötigte keinen Taschenrechner, um zu erkennen, was das bedeutete. Voll war es nur im Kasino. Huisu warf seine Zigarette in den Sand und klemmte sich sofort eine neue zwischen die Lippen.
In diesem Moment kam eine Gruppe von Jungen aus Gyeongtaes Boxverein am Meer entlanggelaufen. Gyeongtae, der neben ihnen herrannte, spornte sie laut an. Huisu steckte die Zigarette, die er gerade anzünden wollte, wieder in die Schachtel. Auch Gyeongtae hatte ihn gesehen und winkte. Huisu erwiderte den Gruß. Auf seiner Höhe angelangt, blieb Gyeongtae stehen und die Gruppe mit ihm.
»Nicht stehen bleiben! Gwangho vertritt mich!«, befahl Gyeongtae mit fester Stimme. Während die Gruppe weiterlief, holte er schnaufend Luft. »Mann, ich kann nicht mehr. Kann mit diesen Bürschchen einfach nicht mehr mithalten.«
»Seid ihr auf dem Hügel von Hyeolcheongso gestartet?«
Gyeongtae nickte, den Oberkörper vorgebeugt, die Hände auf die Knie gestützt.
»Hey, ich bin wirklich beeindruckt: Kim Gyeongtae, Asien-Champion! Dass du so eine Strecke immer noch schaffst! Den Hügel komme ich sogar im Schritttempo kaum noch hoch.«
»Beeindruckt? Da muss ich aber lachen. Früher bin ich die Strecke drei Mal hintereinander gerannt. Inzwischen muss ich richtig die Zähne zusammenbeißen, damit mir diese Früchtchen nicht weglaufen.«
»Wenn es zu anstrengend ist, kauf dir einen Motorroller.«
»Nein, die Jungs würden einen Trainer verachten, der mit dem Roller hinter ihnen herfährt. Die würden mich nicht mehr respektieren.«
Gyeongtaes ernster Ton brachte Huisu zum Lachen. »Ach ja? Pater Martino hatte uns aber auch vom Fahrrad aus gut im Griff.«
»Du kannst mich doch nicht mit Pater Martino vergleichen. Der hatte ein wahnsinniges Charisma, das weißt du selbst. Habe ich kein bisschen. Deshalb bleibt mir nichts anderes übrig, ich muss mitlaufen.«
Wieder lachte Huisu, nicht weil er lustig fand, was sein Freund gesagt hatte, sondern weil es ihm gefiel, dass er so in Form war. Auch Gyeongtae musste lachen, ohne genau zu wissen, warum. Alle Jungen aus dem Wohlfahrtsheim Mojawon, СКАЧАТЬ