Название: Heißes Blut
Автор: Un-su Kim
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9783958903425
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Jiho war ein guter Geschäftsmann. Er war gastfreundlich und feierte gern. Kein Wunder also, dass schon so viele Idioten in seinem Kasino ihr Leben verpfuscht hatten. Die alten Leute von Guam mochten ihn. Hatten sie die Wahl, waren ihnen Ganoven, die etwas von Kundenbindung verstanden und liebenswürdig und auf intelligentem Weg Profit machten, lieber als ordinäre Gangster; eben Leute wie Jiho.
Huisu nahm die drei Millionen, die er von Vater Son bekommen hatte, legte aus eigener Tasche zwei Millionen dazu und tauschte sie gegen Spielmünzen ein. Auf der anderen Seite des Tischs wurde er argwöhnisch von Obligation Hong beobachtet. Auch dessen chinesischer Leibwächter Changdo fixierte Huisu wie immer mit kaltem Blick. Huisu dagegen tat so, als sähe er die beiden nicht.
Er schuldete Obligation Hong einiges Geld. Im Laufe der Zeit war es immer mehr geworden, sodass seine Schulden sich inzwischen auf dreihundert Millionen won beliefen. Und in letzter Zeit schaffte es Huisu nicht einmal mehr, die Zinsen zu bezahlen. Obligation Hong war ein gewerbsmäßiger Wucherer, der in Guam von Vater Son geduldet wurde, weil die jungen Kerle, die für ihn arbeiteten, alle von außerhalb kamen. Obligation Hongs ursprünglicher Plan, für die abscheuliche Arbeit des Geldeintreibens Gangster aus dem eigenen Viertel zu engagieren – dessen Bewohner ja alle mehr oder weniger direkt miteinander verwandt waren –, hatte sich offenbar nicht so leicht umsetzen lassen. Nun hatten sie es so geregelt, dass Obligation Hong jeden Monat Vater Son eine hübsche Summe zukommen ließ und dafür in den Kasinos, auf den Märkten und in den Bars sein Geld verleihen konnte. Vater Son stellte sich blind, was die Methoden betraf, mit denen Obligation Hong den verschuldeten Gangstern von Guam auf den Fersen war. Er hatte sich, was das betraf, klar ausgedrückt: »Geldgeschichten sind nicht mein Problem.« Eine Allianz wie die zwischen Krokodilwärter und Krokodil.
Ob Auftragskiller oder Clan-Mitglied – wer sich bei Obligation Hong Geld lieh, hatte keine Chance, ihm zu entkommen. Wie alle Wucherer war er ein Scheusal, dem es gelang, noch aus dem ausgedörrtesten Tintenfisch Saft zu pressen. Das für Gangster eigentlich charakteristische Ehrgefühl hatte er mit seinem Eintritt ins Verbrechermilieu über Bord geworfen. Im Wesentlichen lieh er Spielern und Callgirls Geld, aber seine eigentliche Spezialität war etwas anderes: Er kaufte Gläubigern Schulden ab, die schwer einzutreiben waren. Dafür zahlte er Spottpreise von allenfalls zehn oder zwanzig Prozent der geschuldeten Summe und setzte dann die betroffene Familie, manchmal sogar entfernte Verwandte so unter Druck, dass er nicht nur den kompletten Betrag, sondern auch sämtliche Zinsen bis auf den letzten Heller eintrieb. Und auf seine Methoden hätte selbst der widerlichste Wucherer dankend verzichtet. Er war so pedantisch, so niederträchtig, so hartnäckig, so durchtrieben und gleichzeitig so intelligent, dass jeder, der es einmal mit ihm zu tun bekommen hatte, beim bloßen Gedanken daran vor Angst zitterte. Die Grausamkeit stand ihm ins Gesicht geschrieben. Wer am Ende mit allen bei der Geburt vorhandenen Körperteilen im Sarg liegen wollte, durfte nicht eine Sekunde darüber nachdenken, die Zahlung einer Schuld bei Obligation Hong aufzuschieben, und sei sie noch so klein.
Huisu schuldete ihm allerdings inzwischen dreihundert Millionen, die Zinsen nicht eingerechnet. Trotzdem ging er im Kasino ein und aus und wechselte vor den Augen seines Gläubigers Bargeld in Spielmünzen, als wollte er ihn bewusst provozieren: Tja, ich habe Geld, aber nicht für dich, da staunst du, was?
In Wirklichkeit hatte Huisu nicht die geringste Absicht, ihn auf die Palme zu bringen. Die widerwärtigen Methoden, die nun einmal die Geschäftsbasis von Obligation Hong waren, sein Brotverdienst sozusagen, waren ihm vollkommen egal. Huisu hatte einfach Lust zu spielen. Und mal ehrlich, dreihundert Millionen, so viel war mit Arbeit, auch mit harter Arbeit, nicht zu verdienen. Hier jedoch hatte er vor ein paar Monaten sogar dreihundertzwanzig Millionen gewonnen. Er war wie in Trance gewesen, jede Karte, die er umdrehte, war die richtige. Das Glück war ihm so hold, als hätte sich der Spielteufel auf seine Schulter gesetzt. Dreihundertzwanzig Millionen. Wenn er nach dieser Glückssträhne aufgehört hätte, wären seine gesamten Schulden beglichen gewesen. Es war zwar nicht genug Geld, um sein Hundeleben zu beenden und ein neues, sauberes Leben anzufangen, aber doch genug, um wieder Ordnung hineinzubringen und es ihm leicht zu machen. Selbstverständlich hatte Huisu es nicht geschafft, aus dem Spiel auszusteigen. An jenem Tag hatte das Glück seinen Gewinn auf dreihundertzwanzig Millionen hochgetrieben, um ihn anschließend ins Bodenlose fallen zu lassen. Er verlor alles, was er gewonnen hatte, und als sei das nicht schon genug, verschärfte Huisu seine Lage noch, indem er weitere hundert Millionen verspielte, die er sich bei Jiho lieh. So hatte er nun insgesamt, allein in diesem Kasino, bei Obligation Hong dreihundert und bei Jiho hundert Millionen won Schulden. Letztere würde Obligation Hong bald zum Freundschaftspreis von Jiho übernehmen, womit Huisu ihm dann vierhundert Millionen schuldete. Jeder andere Gangster hätte für so eine Summe bereits zehn Mal seine Arme und Beine verloren.
Das Spiel war in vollem Gang. Um einen kühlen Kopf zu bewahren, versuchte Huisu, langsam und bewusst zu atmen. Fünf Sekunden einatmen, fünf Sekunden ausatmen, fünf Sekunden einatmen, fünf Sekunden ausatmen … Mit dem Baccara war es genauso wie mit jedem anderen Spiel: Sobald man in Aufregung geriet, verlor man. Der Erregungspegel musste niedrig bleiben – sowohl wenn sich das Glück einstellte als auch wenn es sich davonmachte. Man musste auf seinen Emotionen reiten wie auf einer Welle. Ruhig machte Huisu seine Einsätze. Einatmen, ausatmen, einatmen …
Nach einer knappen Stunde hatte er fünf Millionen won verloren, mit anderen Worten alles, was er bei sich gehabt hatte. Er zögerte kurz, ob er sich noch mehr Geld bei Jiho leihen sollte, doch als er die Uhrzeit sah, stand er auf.
»Sie gehen schon?«, fragte Jiho.
»Ja, ich habe zu tun.«
Jiho sah sich kurz um, dann zog er ein Bündel Geldscheine aus der Innentasche seiner Jacke; über den Daumen gepeilt ungefähr eine Million won in Zehntausendern.
»Was soll das?«
»Ein Geschenk des Hauses, kleine Unterstützung. Jeder weiß, dass Sie in Guam der Meister aller Klassen sind, Großer Bruder Huisu. Ihre Brieftasche darf nicht leer sein.«
»Ist schon okay.«
»Bitte, nehmen Sie das.« Jiho stopfte ihm die Scheine in die Tasche, was Huisu mit gespielter Verlegenheit hinnahm. »Ich wünsche Ihnen einen guten Heimweg.«
»Danke.«
Als Huisu den Ausgang erreichte, versperrte ihm Obligation Hongs Leibwächter Changdo den Weg. Außer dass er Chinese war, wusste Huisu nichts über ihn. Weder, woher er kam, noch, was er früher gemacht hatte. Es gab keine Gerüchte über ihn. Dass aber ein Angsthase wie Obligation Hong nachts nur in Begleitung dieses Typen vor die Tür ging, ließ die Brutalität des Mannes erahnen. »Mein Boss will mit dir reden«, sagte Changdo in gebrochenem Koreanisch.
Mit einem Blick auf die Uhr ging Huisu zu Obligation Hong, der Whisky schlürfend an seinem Tisch saß. Huisu nahm einen Stuhl und setzte sich ihm gegenüber.
»Willst du ein Glas?« Obligation Hongs Hand wanderte schon zur Flasche.
Huisu winkte ab. »Was ist los?«, fragte er.
»Du fragst mich, was los ist? Was soll zwischen uns schon sein, wenn nicht Geld?«
Huisu sah ihn gleichgültig СКАЧАТЬ