Heißes Blut. Un-su Kim
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Heißes Blut - Un-su Kim страница 18

Название: Heißes Blut

Автор: Un-su Kim

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783958903425

isbn:

СКАЧАТЬ OG IST LINKSHÄNDER

      Hinter einem der Fischzucht-Container unweit des kleinen Hafens von Baekji lag ein blutüberströmter Mann. Es war Chef Og, Inhaber der Wäscherei. Sein Gesicht war so übel zugerichtet, dass er kaum zu erkennen war. Mit gefalteten Händen murmelte er leise vor sich hin. Wer die Ohren spitzte, konnte verstehen, was er sagte:

      »Lieber Gott im Himmel, bitte vergib mir, ich bin ein armer Sündiger. Wenn ich heute sterbe und ins Paradies komme, verspreche ich dir, dass ich von Amphetaminen für immer die Finger lasse, und auch das Glücksspiel werde ich sein lassen, für immer. Das verspreche ich dir, lieber Gott. Im Paradies werde ich als neuer Mensch wiedergeboren.«

      Über Stunden zog sich diese Litanei nun schon hin. Dodari stand entnervt auf und gab Chef Og ein paar Tritte in den Magen. »Den ganzen Tag salbaderst du nun schon herum, du Wichser, ich hab die Schnauze voll.«

      Brüllend vor Schmerz wälzte sich Chef Og auf dem Boden, unterbrach seine Gebete aber nur kurz, sogar die Hände hielt er weiter gefaltet. »Lieber Gott, endlich habe ich armer Sünder dich in dieser Stunde meiner letzten Prüfung gefunden. Am heutigen Tag, da ich sterben muss, will ich ins Paradies einkehren und flehe dich an, mich nicht abzuweisen. Wenn du dem Sünder, der ich bin, deine Barmherzigkeit zuteilwerden lässt, entsage ich dem Glücksspiel, ich werde auch keine Amphetamine mehr nehmen, und ich verspreche dir, dass ich im Paradies als neuer Mensch vor dich hintreten werde, um in deinem Reich dein Untertan zu sein.«

      Dodari brach in schallendes Gelächter aus. »Machen Sie sich keine Sorgen, Chef Og, im Paradies gibt’s keine Pachinko-Automaten. Dachten Sie, im Paradies wär’s wie in Las Vegas? Also, wenn Leute wie Sie anfangen, ins Paradies zu kommen, wird’s in der Hölle echt einsam, dann können die den Laden dichtmachen.«

      In diesem Moment kamen Vater Son und Huisu dazu. Huisu machte eine Grimasse, als er Chef Ogs entstelltes Gesicht sah. Vater Son trat zu ihm, und sofort umklammerte Chef Og verzweifelt sein Bein wie ein rettendes Seil, das plötzlich vor einem von der Felswand herabbaumelt.

      »Lieber Gott im Himmel … äh, lieber Vater Son … ich bitte Sie, retten Sie mich!«

      Vater Son betrachtete sein Gesicht und seufzte resigniert. »Nicht zu fassen, die haben den Mann buchstäblich zu Brei geschlagen.«

      Er warf Dodari, der wie zufällig in die andere Richtung schaute, einen bösen Blick zu. Mit einem ärgerlichen Tss wandte sich Vater Son wieder zu Chef Og. »Tut es sehr weh, Chef Og?«

      Der nickte.

      Sofort nahm Vater Son wieder Dodari ins Visier. »Du Mistkerl, warum schlägst du die Leute ohne jeden Grund?«, herrschte er ihn an.

      »Ich habe ihm Fragen gestellt, aber er hat ja nicht geantwortet, ich wusste nicht, was ich machen sollte«, verteidigte sich Dodari.

      »Man muss die Dinge im Gespräch klären, schön eins nach dem anderen. Wenn du alles gleich mit dem Knüppel klären willst, was soll denn dann aus unserer schönen, demokratischen Gesellschaft werden?«

      »Meinst du, man kann normal reden mit einem Kerl, der nicht nur drogen-, sondern auch spielsüchtig ist? Typen wie dem muss man erst mal einen auf die Rübe geben wie ’nem Stockfisch, damit sie weich und gefügig werden und anfangen zu reden. Sonst ist kein Dialog möglich. Ich hätte ihm noch mehr verpassen sollen, seht ihr nicht das Funkeln in seinen Augen?«

      Bei diesen Worten begann Chef Og, der immer noch Vater Sons Bein umklammerte, zu zittern.

      Vater Son sah ihn mit gütiger Miene an. »Du täuschst dich. Unser Chef Og ist nicht so. Er kann sehr gut reden und braucht keine Schläge, habe ich recht, Chef Og?«

      Mit einem fahrigen Blick nach oben begann Chef Og, heftig zu nicken.

      Vater Son wandte sich an Huisu. »Huisu, du wirst jetzt ein freundliches Gespräch mit Chef Og führen. Er wird uns sicher das eine oder andere erzählen wollen. Ich muss zu einem dringenden Termin. Ich verlasse mich darauf, dass du das hier regelst.«

      »Das eine oder andere erzählen, was denn erzählen, verdammt«, motzte Dodari leise vor sich hin.

      Als Vater Son sich zum Gehen wandte, zuckte Chef Og zusammen und klammerte sich noch verzweifelter an sein Bein. »Ich bitte Sie, Sie dürfen nicht gehen. Wenn Sie gehen, bin ich ein toter Mann. Helfen Sie mir, bitte, Sie haben mich doch früher immer gemocht, oder?«, jammerte er.

      »Was reden Sie denn da, Chef Og? Ich bin doch nicht Chun Doo-hwan! Warum sollten wir den lieben, guten Chef Og umbringen? Wir sind doch keine Barbaren, die beim geringsten Anlass Leute ermorden. Machen Sie sich mal keine Sorgen.« Und damit klopfte er ihm auf die Schulter. Mit einem Blick bedeutete er Huisu, das Ganze sauber abzuwickeln, und verließ das Gelände.

      Huisu folgte ihm. »Lasse ich ihn jetzt am Leben oder nicht? Ein Minimum an Vorgaben wäre echt nicht schlecht«, sagte er, vor ihm der Hinterkopf des alten Mannes.

      Vater Son verzog gereizt das Gesicht. »Chef Og und ich kennen uns seit vierzig Jahren. Willst du, dass ich ihn wegen so einer Kleinigkeit umbringe?«

      »Kleinigkeit? Er hat uns wegen Yongkang fallen lassen!«

      »Weil er zu nett ist. Du machst ihm Beine und versuchst herauszufinden, wie es um seine Schulden und seine Papiere bestellt ist.«

      Daraufhin stieg Vater Son ins Auto und brauste davon, als wollte er die Sache schleunigst hinter sich lassen. Im aufgewirbelten Staub der sandigen Straße stand Huisu da. Er warf einen Blick über die Schulter, doch ihm war nicht danach, zur Fischzucht zurückzugehen. Er zündete sich eine Zigarette an. Die Sache verkomplizierte sich. Vor einigen Tagen hatte Yongkang in Begleitung seiner Südostasiaten die Wäscherei von Chef Og übernommen. Chef Og schuldete ihm Geld, was Yongkang als Vorwand benutzt hatte, sich den Laden einzuverleiben. Da die Spielschulden virtuell waren, hatte er den Laden mit anderen Worten geschluckt, ohne einen Cent auf den Tisch zu legen. Das Problem war nur, dass die Wäscherei in Wirklichkeit nicht Chef Og gehörte, sondern wie fast alle Läden in Guam – Spielhallen, Hotels, Go-go-Bars, Nachtlokale – den Rindsbouillon-Alten. In der Regel führten Marionetten für sie die Geschäfte, um sich vor fiskaler und juristischer Verantwortung zu schützen. So konnten sie die Gewinne einstreichen, ohne jemals in Schwierigkeiten zu geraten. Als Chef Og nach der heimlichen Übergabe der Wäscherei an Yongkang nach Seoul geflohen war, hatte Vater Son Männer losgeschickt, professionelle Tracker, die keine drei Tage brauchten, um ihn aufzuspüren.

      »Wetten, er sitzt in einer Spielhalle?«, hatte Vater Son kurz vor Chef Ogs Ergreifung gesagt.

      »Er weiß, dass er tot ist, wenn er geschnappt wird. An eine Spielhalle wird er ja wohl als Letztes denken, oder?«, erwiderte Huisu.

      »Du kennst doch die buddhistische Idee der Reinkarnation«, lachte Vater Son. »Ob du’s glaubst oder nicht, Reinkarnation bedeutet nicht, dass man zum Beispiel in einem früheren Leben ein Schwein war und dann in diesem Leben als Mensch wiedergeboren wird. Nein, nein, es bedeutet, dass ein Mensch, wenn er doof auf die Welt kommt, Dummheiten macht, und zwar immer wieder, weil er ja doof ist, da kann er noch so oft wiedergeboren werden.«

      Huisu war skeptisch gewesen, was Vater Sons Prognose betraf, doch dann war Chef Og tatsächlich in einer Spielhalle gefunden worden. Dem einzigen Ort, an dem er mit ein paar Telefonaten aufzuspüren war. Der Mensch ist dumm. Und noch dümmer, wenn er sich in die Enge getrieben fühlt.

      Chef Ogs Wäscherei lieferte Feuchtservietten an Hotels, Go-go-Bars und Restaurants. Auch Bettwäsche, СКАЧАТЬ