Heißes Blut. Un-su Kim
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Название: Heißes Blut

Автор: Un-su Kim

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783958903425

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СКАЧАТЬ sieben Kinder im Krankenhaus gelandet, darunter zwei mit gebrochenem Unterkiefer, was hohe Kosten nach sich ziehen würde. Dass Ami Schüler der neunten Klasse angegriffen hatte, die zwei Jahre älter waren als er, wurde als widernatürlich und somit als ernstes Problem betrachtet, weil es dem guten Ruf der Schule schadete. Zudem fiel mit den betroffenen Jungen das gesamte Judoteam aus, das der Schule Jahr für Jahr Pokale und Ehre brachte und nun an den nationalen Wettbewerben nicht in gewohnter Form teilnehmen konnte. Mitglieder des Tischtennisteams würden einspringen müssen. Allerdings gab es da ein noch viel größeres Problem, im Vergleich zu dem alle anderen lächerlich erschienen: Einer der sieben jungen Judokas war Enkel des Vorsitzenden des Verwaltungsrats der Schule – nicht dass man Ami unterstellt hätte, wissentlich zugeschlagen zu haben, denn dem Enkel stand sein Name ja nicht auf die Stirn geschrieben. Trotzdem sprach alles gegen Ami, es schien unmöglich, dass er sich da wieder rauswinden würde. Insuk hatte eilends ein Bündel Geld aufgetrieben und es Huisu in die Hand gedrückt, ihm gesagt, dass sie zur Not noch mehr beschaffen könne, und ihn angefleht, dafür zu sorgen, dass Ami die Mittelschule nicht verlassen müsse. Was erzählst du das mir, hatte Huisu gesagt. Getrieben von der Sorge und Traurigkeit in ihren großen Augen, hatte er sich am Ende doch mit dem in Zeitungspapier gewickelten Geldbündel in Begleitung von Ami auf den Weg zu der verfluchten Schule gemacht.

      Der Lehrer, dünn wie ein Besenstiel und Träger einer Goldrandbrille, wirkte jünger als Huisu selbst. Trotzdem hatte er sich mehrmals vor ihm verbeugt und ihn um Entschuldigung gebeten. Worauf der Lehrer sofort in die Luft gegangen war: Aus diesem Jungen, schimpfte er, werde niemals, auch nicht nach hundert Wiedergeburten, ein richtiger Mensch. Sie könnten sich an dieser Schule noch so sehr bemühen, ihn zu erziehen, aus dem werde sowieso nur ein Gangster, und deshalb sei es besser, ihn auf den Bau zu schicken, damit er dort etwas Ordentliches lernen könne, anstatt auf der Mittelschule herumzuhängen, wo er nur Chaos anrichte. Der Lehrer steigerte sich immer mehr hinein: Dieses Kind erkenne keinerlei Autoritäten an, weder ältere Mitschüler noch Lehrer oder Erwachsene im Allgemeinen. Konfuzius habe solche Leute als »Hunde-Menschen« bezeichnet, deren Verhalten eher dem von Tieren ähnele, und mit Ethik – was ja sein eigenes Unterrichtsfach sei – könne man nur bei Menschen etwas ausrichten. Bei ihm sei das sinnlos, da könne man gleich darauf verzichten, so etwas einem Tier nahebringen zu wollen. Als Lehrer dieses Fachs habe er deshalb große Zweifel am Nutzen seiner Bemühungen. Die ganze Zeit hatte Ami zerknirscht dabeigesessen. Es war das erste und letzte Mal in seinem Leben, dass Huisu ihn so niedergeschlagen sah. Jedes Mal, wenn die Faust des Lehrers auf den Tisch niederging, hatte Huisu den Kopf gebeugt und wiederholt, wie leid es ihm tue. Er werde Ami klarmachen, dass sich so etwas nicht wiederholen dürfe, sonst werde er ihm gewiss ein Bein brechen. Worauf der Lehrer süffisant lachte: »Und Sie glauben, das funktioniert bei dem? Wenn man Hunden und Schweinen mit dem Stock droht, gehorchen sie, aber der doch nicht! Die Leute sagen ja nicht ohne Grund: ›dümmer als jedes Tier‹. Damit sind Menschen von seiner Sorte gemeint. Einen Raben, ein Huhn oder einen Marienkäfer zu unterrichten wäre erfolgversprechender, ja, sogar einen Regenwurm!« Er war nicht mehr zu bremsen. Dieser Lehrer konnte einfach nicht sein dummes Maul halten. Als Nächstes verkündete er, dass die Haltung des Verwaltungsratsvorsitzenden eindeutig sei und dass die Lehrerversammlung Amis Schulverweis beschlossen habe. Eine ganze Stunde lang hatte Huisu die Haltung bewahrt, gekatzbuckelt und unermüdlich wiederholt, dass es ihm sehr leidtue. Doch als der Lehrer schließlich hinzufügte: »Alle vaterlosen Kinder enden so«, platzte ihm der Kragen: Ob der Lehrer ihm mal erklären könne, warum er, wo er doch anscheinend wisse, dass Ami vaterlos sei, darauf bestanden habe, diesen nichtexistenten Vater antreten zu lassen? Als Huisu nun seinerseits mit der Faust auf den Tisch schlug, riss der Lehrer zitternd vor Wut die Schlitzaugen auf und starrte ihn finster an. Dann begann er, noch lauter zu schreien als Huisu, damit die anderen Lehrer im Raum ihn auch ja alle hörten.

      »Haben Sie vergessen, wo Sie hier sind? Was fällt Ihnen ein, hier so rumzuschreien!«

      »Wie war das noch mal? Aus Ami wird nie ein Mensch werden, nicht mal nach hundert Wiedergeburten? Glauben Sie, dass ein Lehrer so über einen Jungen sprechen sollte, der noch kein einziges Haar am Arsch hat? In dem Alter gibt es immer mal Raufereien. Ist der verdammte Sohn des Verwaltungsratsvorsitzenden schon mit einem polizeilichen Absperrband um den Pimmel auf die Welt gekommen? Ist er so unantastbar, dass einer, der ihm mal ein paar Backpfeifen verpasst, gleich fliegen muss?«, schrie Huisu zurück und fuchtelte dem Lehrer dabei mit den Händen vor der Nase herum.

      Worauf der ihn am Kragen packte und brüllte: »Der verdammte Sohn des Verwaltungsratsvorsitzenden? Sie wagen es, diesen kleinen Prinzen mit Ihrem Hallodri zu vergleichen?« Und er schüttelte Huisu so wild, dass mehrere Knöpfe durch die Luft flogen und ihn seine Nägel, die so lang waren wie die einer Bardame, blutig kratzten. Da wurde Huisu von blinder Wut erfasst. Er stieß den Lehrer so heftig zu Boden, dass er bis zu den Wandschränken rollte.

      Huisu bedauerte es, dass er sich nicht bis zum Schluss hatte beherrschen können. Allerdings war der Lehrer als Erster handgreiflich geworden. Huisu hatte sich nur aus dem Klammergriff dieses Irren befreit. Wie dem auch sei, an jenem Tag hatte Amis kurze Schullaufbahn geendet. Und Insuk hatte seitdem kein Wort mehr mit ihm geredet.

      Etwa eine Woche nach dem Vorfall war Ami zu ihm ins Hotel Mallijang gekommen. Mit schleppendem Schritt hatte sich sein schwerer Körper durch die Bar auf Huisu zubewegt, der dort gerade Zeitung las. Und als er endlich vor ihm stand, hatte Ami sich gewunden wie ein Hundebaby, das kacken muss.

      »Was ist? Noch eine Dummheit?«, fragte Huisu nach einer Weile.

      Ami schüttelte den Kopf.

      »Also?«

      »Onkel …«

      »Ich bin beschäftigt«, fiel ihm Huisu ins Wort.

      »… darf ich dich ab heute Paps nennen?«

      Fassungslos starrte Huisu ihn an. »Hast du heute nicht genug zu essen gekriegt, oder was? Wieso nervst du mich plötzlich mit so was? Wir beide haben nicht einen Tropfen vom selben Blut, was soll der Scheiß?«

      »Du hast keinen Sohn, und ich habe keinen Vater, stimmt doch, oder?«

      »Ja und?«

      »Wenn du irgendwann einen Sohn haben willst, wie viel musst du dann ausgeben, allein fürs Essen, bis er so groß ist wie ich? Mit mir kriegst du einen umsonst. Ist das nicht der Deal des Jahrhunderts?«

      »Glaubst du, um ein Kind großzuziehen, reicht es, das Essen zu bezahlen, du Esel? Da fällt dauernd irgendwas an, das ist irre teuer. Und mal ganz ehrlich, hältst du dich für ein normales Kind? Von dem Geld, das deine Mutter ausgeben musste, um alles auszubügeln, was du angestellt hast, hätte sie sich glatt ein Haus kaufen können.«

      Ami hatte erst zur Decke geschaut und dann betreten auf seine Turnschuhe geblickt. Nun fing er an, mit einer Fußspitze Kreise auf den Boden zu malen. Seine Schuhe waren dreckig, ausgetreten und am dicken Zeh aufgerissen. Die Schnürsenkel hatten sich gelöst.

      »He, du Vollpfosten, warum sind deine Schnürsenkel eigentlich immer auf? Zum Drauftreten? Mann, du hast echt ein lausiges Leben!«

      »Ich mach die Schleife dauernd neu, aber die geht jedes Mal wieder auf«, sagte Ami kläglich.

      Als Huisu die Zeitung faltete und aufstand, zuckte Ami aus Angst vor einer Kopfnuss zurück. Doch anders als erwartet, bückte sich Huisu und griff nach seinen eigenen Schnürsenkeln.

      »Schau genau hin. Du schiebst den Finger in die Schleife, und dann ziehst du den Knoten fest zu, damit er nicht aufgeht. Immer schön festziehen!«

      Ami starrte auf die Schleife, die Huisu gemacht hatte, und nickte. War es, weil sie so gut gelungen war? Er zögerte. »Ich verlange auch kein Taschengeld von dir«, СКАЧАТЬ