Название: Nikomaus & Murmelbär
Автор: Adora Belle
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Alles Geschmackssache
isbn: 9783961921164
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Sicher!, meint mein Miniatur-Luzifer ironisch. Weil er das ja auch bestimmt nötig hat, um irgendeinen bedauernswerten Fettwanst zu finden, der bei seiner Video-Serie mitmacht! Davon laufen schließlich kaum welche in freier Wildbahn rum und die wenigen, die es gibt, wollen auch ums Verrecken nicht ausgerechnet von diesem Adonis gecoacht werden. Völlig logisch!
Okay, da ist sicher was dran, aber wenn wir das mal außen vor lassen, wäre da auch noch die nicht ganz unerhebliche Tatsache, dass der Weg zwischen Verklärung und Verknalltsein meistens ziemlich kurz ist. Und wenn ich eines ganz sicher nicht will, dann, mich in diesen Mann zu verknallen. Nicht allein deshalb, weil ich mir lebhaft vorstellen kann, wie nicht existent meine Chancen bei jemandem wie ihm sind, sondern vor allem, weil mein bester Freund scharf auf ihn ist. Selbst wenn der von Alexander nicht mehr will, als ihn ein oder zwei Mal in die Horizontale zu zerren, ist das trotzdem immer noch gleichbedeutend mit einem riesigen „Pfoten weg!“-Schild um seinen wohlgeformten Hals.
Und – last but not least – wer weiß denn schon, was noch alles passiert? Vielleicht ist Alexander am Ende ja genau der eine Mann, der Niko endlich von seiner Flatterhaftigkeit heilt? Bei dem er sozusagen sesshaft wird? Wer wäre denn da ich, Klößchen Matthias Klapproth, dass ausgerechnet ich versuchen dürfte, mich zwischen sie zu drängen?
Na bitte. Sag ich doch.
„Hey?“ Niko runzelt die Stirn und macht einen beleidigten Schmollmund in Alexanders Richtung. Er sieht süß aus, wenn er so schaut, und das weiß er auch, weshalb er dieses Mittel oft und gern einsetzt. „Hast du mich gerade oberflächlich genannt?“
Alexander grinst ihn an.
„Bist du das denn nicht?“
Nun blinzelt mein Kumpel, während ich mir ein spontanes Lachen verkneifen muss und mich stattdessen in ein künstliches Husten zu retten versuche. Mit der Retourkutsche hat Niko sicher nicht gerechnet und wäre die Gegenfrage in einem etwas schärferen Tonfall gestellt worden, könnte man auch zu Recht behaupten, sie wäre beleidigend.
Jetzt dreht Niko sich jedoch zu mir, schaut mich empört und gleichzeitig Hilfe suchend an, weshalb ich mich rasch auf meine Rolle als sein bester Freund besinne.
„Niko ist nicht oberflächlich“, höre ich mich denn auch pflichtschuldig sagen und kreuze dabei im Geist die Finger.
Okay, es ist nur eine halbe Lüge, aber das macht es auch nicht besser, oder?
Um mein Gewissen zu beruhigen, erinnere ich mich daran, dass Niko als mein bester Freund immer zu mir gestanden und mich verteidigt hat, egal gegen wen, und dass er jederzeit für mich da gewesen ist, wenn ich ihn brauchte. Summa summarum ist es also nur recht und billig, ihn jetzt ebenfalls in Schutz zu nehmen. Wenn ich die Wahrheit dafür ein klitzekleines bisschen zurechtbiegen muss, spielt das keine Rolle. Loyalität unter Freunden geht eindeutig vor!
Was Niko und andere Männer angeht, muss ich Alexander allerdings recht geben, denn was das betrifft, ist mein Kindheitsfreund, wie ich ja schon erzählt habe, mehr als nur ein bisschen oberflächlich. Manche würden ihn vermutlich als Schlampe bezeichnen und selbst da könnte ich nicht aus vollem Herzen widersprechen.
Andererseits ist Niko noch jung genug, er sieht verdammt gut aus und warum soll er seine Chancen denn nicht nutzen? Alt und faltig werden wir alle von allein und dann ist es zu spät. Selbst ich als ewiges Mauerblümchen weiß, wie in der Szene der Hase läuft. Der eigene Marktwert, der ohnehin schon fast nur von irgendwelchen Äußerlichkeiten abhängt, verhält sich genau entgegengesetzt zum Alter. Nimmt die Anzahl der Jahre zu – vor allem sichtbar! – geht das Interesse potenzieller Sexualpartner rapide zurück und ehe man so recht weiß, wie einem geschieht, wird man aussortiert.
Falten und graue Schläfen machen sexy? Wach auf, Opa! Die Szene ist schließlich kein Pflegeheim. Da zählt nur glatte Haut, ein straffer Körper und ein knackiger Arsch.
„Nicht?“ Alexander nimmt gelassen einen Schluck von seinem Kaffee, den die Kellnerin ihm inzwischen serviert hat – noch immer im Flirtmodus übrigens, und zu ihrem kaum verhohlenen Frust noch immer unbeachtet vom Objekt ihrer Begierde. Dann stellt er die Tasse ab und lächelt sichtlich amüsiert.
„Also, Niko, dann muss ich wohl deutlicher werden. Denkst du wirklich, ich kapiere nicht, was du hier in Wirklichkeit abziehst? Du versuchst seit vier Wochen, jedes Mal, wenn wir uns – rein zufällig“, er malt mit den Fingern Gänsefüßchen in die Luft, „irgendwo begegnen, mich anzubaggern und abzuschleppen und genauso lange versuche ich, dir auf die freundliche Art zu vermitteln, dass ich nicht interessiert bin. Und erzähl mir jetzt bitte nicht noch mal das Märchen, dass du nur hier bist, um deinem Freund Matthias zu helfen, weil der zu schüchtern ist, um mich selbst anzusprechen. Denn mal unter uns: Schüchtern wirkt Matthias auf mich nicht gerade und davon abgesehen fehlt ihm eindeutig jeglicher Enthusiasmus für die Sache. Ich bilde mir zwar bestimmt nicht ein, dass er aus Dankbarkeit vor mir auf die Knie fallen müssten, nur weil ich in Erwägung ziehe, ihn in mein Video-Projekt aufzunehmen, aber er macht nicht gerade den Eindruck, als hätte er auch nur einen Hauch Interesse an dem Ganzen. Wenn ich also raten müsste, was hier los ist, würde ich vermuten, du hast ihn zu dem Ganzen überredet und hergeschleppt, um einen Vorwand für weitere Zusammentreffen mit mir zu haben. Stimmt’s oder hab ich recht?“
Niko starrt ihn an, wird abwechselnd blass und flammend rot und senkt schließlich den Kopf.
„Ja“, sagt er leise. Mit einem Schlag ist sein ganzes Kokettieren, das Wimperngeklimper, der Schmollmund und die aufgesetzte Fröhlichkeit komplett verschwunden. Neben mir sitzt nicht mehr Niko, die männermordende Schlampe, sondern mein Kumpel, den ich seit Ewigkeiten kenne, der mit mir durch dick und dünn geht und mit dem man Pferde stehlen kann. Er macht eine wegwerfende Handbewegung.
„Du hast ja recht“, ergänzt er, lässt sich in seinem Stuhl zurücksinken und verschränkt seufzend die Arme vor der Brust. „Den Versuch war’s aber trotzdem wert“, schiebt er nach und hebt einen Mundwinkel. Alexander lacht leise.
„Findest du?“
„Na klar. Um einen Mann wie dich rumzukriegen, würde ich doch praktisch alles tun.“ Und da klimpern sie wieder, Nikos Wimpern.
Ich schüttle den Kopf. Der Kerl kann es doch einfach nicht sein lassen.
Jetzt wird Alexander sehr ernst. Er lehnt sich nach vorn und mustert meinen Freund eindringlich.
„Pass mal auf, Niko“, sagt er. „Du bist wirklich verdammt süß und ich kann nicht bestreiten, dass mir deine Hartnäckigkeit durchaus schmeichelt. Wenn ich bloß auf eine flüchtige Bettgeschichte aus wäre, wäre ich vielleicht sogar nicht mal abgeneigt. Allerdings ist dir sicher auch klar, dass du in der Szene kein Unbekannter bist. Man hat mich inzwischen mehr als ein Mal vor dir gewarnt und ich glaube ehrlich gesagt nicht, dass du hören möchtest, was man mir alles über dich erzählt hat oder wie manche dich bezeichnen.“
Er macht eine kurze Pause und diesmal setzt sich das Rot in Nikos Wangen dauerhaft fest.
„Versteh mich nicht falsch“, fährt Alexander fort. „Ich habe weiß Gott nichts dagegen, wenn jemand seine Freiheit auskostet, sich nicht festlegen mag und – zu gut Deutsch – wild in der Gegend rumvögelt. Das ist völlig okay und dein gutes Recht, wenn und solange es dich glücklich macht. Ich war eine ganze Zeit lang auch nicht anders. Es hat mir damals einen Kick verschafft, zu sehen, wie viele Männer СКАЧАТЬ