Название: Nikomaus & Murmelbär
Автор: Adora Belle
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Alles Geschmackssache
isbn: 9783961921164
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Eigentlich hätte er doch, nachdem ich so heldenhaft für ihn eingetreten bin und mich nur wegen ihm überhaupt zu dieser ganzen dämlichen Aktion habe breitschlagen lassen, doch wohl die moralische Verpflichtung gehabt …
Ja, ja, gib’s doch zu! Du bist einfach nur neidisch, sonst nichts!, feixt mein Schulterteufel.
Seufzend senke ich den Kopf und mache die Augen zu, während mir das Wasser übers Gesicht strömt.
Wem will ich denn hier was vormachen? Es war trotz allem meine eigene Entscheidung, Niko zu helfen, und nachdem dieser Fitness-Fuzzi nun wirklich ein echtes Sahnestück ist, kann ich ihm ja wohl kaum einen Vorwurf machen, wenn er lieber noch bei ihm bleibt und versucht, ob nicht doch noch was geht, anstatt mir Gesellschaft zu leisten, während ich mich selbst bemitleide.
An diesen Gedanken klammere ich mich, während ich zu Ende dusche, mich abtrockne und dann lustlos in die Küche schlurfe. Es ist noch früh am Tag, gerade mal kurz vor halb sechs, aber vor dem Fenster herrscht Schwärze und der Regen trommelt an die Scheibe. Wenn ich nicht sowieso schon so mies drauf wäre, könnte mich das glatt deprimieren …
Auf dem Tisch steht eine Schale mit Lebkuchen, wovon ich mir einen nehme und mit zwei hungrigen Bissen verputze. Aber das ist ja mehr was für den hohlen Zahn. Ich öffne also den Kühlschrank und inspiziere den Inhalt, mache ihn wieder zu und schaue in die Vorratsschränke.
Soll ich mir irgendwas kochen? Pasta vielleicht? Nudeln sind doch angeblich ein ausgezeichneter Seelentröster. Hab ich jedenfalls mal irgendwo gelesen.
Bah! Das erinnert mich glatt wieder an Alexanders Pseudo-Psycho-Geschwurbel. Ob ich Essen dazu benutze, um mich zu belohnen oder zu trösten?
Nein, verdammte Axt! Ich benutze Essen, um es zu genießen! Basta! Und ich will nicht bei jedem Stück Fleisch, Kartoffeln oder Kuchen überlegen müssen, wie viele Kalorien das hat und ob es gut für mich ist. Ich weiß, dass es gut für mich ist, wenn es mir schmeckt und mir in dieser kalten Welt ein Gefühl warmen Behagens vermittelt! … Aber bedeutet das nicht, dass es mich eben doch tröstet? Zumindest irgendwie?
Waaah! Was hat dieser Kerl da nur mit mir angestellt? Das ist doch wohl zum Kotzen! Jetzt kann ich nicht mal mehr bei der Vorstellung, eine köstliche, duftende Pizza zu essen, oder eine Portion Nudeln mit Käsesoße, die übliche Vorfreude empfinden. Danke sehr, Mr. Ach-so-cool!
Wütend auf Alexander, Niko, mich und die ganze Welt knalle ich die Schranktüren zu, hole mir aus lauter Trotz lediglich einen Joghurt aus dem Kühlschrank und stapfe hinüber ins Wohnzimmer, wo ich den Fernseher einschalte. Anschließend reiße ich den Foliendeckel des Joghurts ab und – erhalte eine weitere Kostprobe des vorhin erwähnten Naturgesetzes. Oben auf der blassrosa Pampe sitzt ein fetter, grüner Schimmelstöpsel und grinst mich fies an.
Mit einem unterdrückten Fluch knalle ich den Becher auf den Couchtisch. Der Appetit auf irgendwas Essbares ist mir nun endgültig vergangen, obwohl mein Magen immer noch verzweifelte Signale sendet. Ich schaue stattdessen auf die Mattscheibe und stelle fest, dass ich ausgerechnet in einer Schlagersendung gelandet bin. Humba Humba Täterä, wir schunkeln und sind alle gut gelaunt, weil der Programmdirektor das so verordnet hat …
Ja, hat sich denn heute alles gegen mich verschworen?
Wütend schalte ich um, zappe durch sämtliche Programme, finde aber nur den üblichen Schrott. Fake-Reality-Doku-Soaps und Menschen, die geskriptete Probleme wälzen. Ich könnte jetzt natürlich meine Lieblingsserie in meinem Leib-und-Magen-Streaming-Dienst aufrufen, aber irgendwie reizt mich gerade nicht mal mehr das. Ich schiebe einfach nur Frust und zwar gewaltig!
Gerade als ich einigermaßen entnervt den Fernseher komplett ausschalte und mich hochstemme, um in mein Zimmer zu gehen, auf dem PC eine Weile lang sinnlose Ballerspiele zu zocken und mich auf die Art abzureagieren, klirrt ein Schlüssel im Schloss der Wohnungstür.
Niko kommt rein und schüttelt sich demonstrativ.
„Boah, was ein Sauwetter“, sagt er, als er mich sieht. „Schon geduscht? Bist wohl nach Hause gelaufen und nass geworden, hm?“, fügt er grinsend hinzu, nachdem er mich ein Mal von oben bis unten angeschaut hat.
„Wie kommst’n da drauf?“, knurre ich ironisch und ziehe finster die Brauen zusammen. „Ein fetter Trampel wie ich bietet dem Regen halt einfach mehr Angriffsfläche als dein angebeteter Alexander!“
Niko hebt die Brauen.
„Hä?“, macht er.
„Das heißt: Wie bitte“, korrigiere ich ihn bissig. Er schüttelt den Kopf.
„Was ist denn mit dir los?“, will er wissen. „Eben im Bistro warst du auch schon so komisch drauf. Was hat Alex dir denn getan, dass du ihn so vor den Kopf stoßen musstest?“
„Ach? Jetzt ist es schon Alex?“, kontere ich pikiert. „Ich gratuliere. Dann brauchst du meine Hilfe ja sicher nicht mehr und hast auch bestimmt nichts dagegen, wenn ich mich jetzt verdünnisiere.“
„Matze!“ Niko hat sich sehr gerade aufgerichtet und die Fäuste in die Hüften gestemmt. „Jetzt hör auf mit dem Scheiß! Sag mir einfach, was los ist, anstatt hier einen auf beleidigte Diva zu machen, okay?“
Beleidigte Diva? Wie bitte? Dem geb ich gleich eine beleidigte Diva!
„Die beleidigte Diva geht jetzt einen Schokoriegel essen. … oder fünf! … oder zehn! Und jeder, der damit ein Problem hat, kann ihr mal gepflegt den Buckel runterrutschen! Du, dein Alex oder wer auch immer! Ich hab’s nämlich nicht nötig, mich von so einer dämlichen Muskeltunte beleidigen und vorführen zu lassen, kapiert?“
„Was? Aber …“ Niko reißt Mund und Augen auf.
„Und von dir auch nicht!“, fahre ich ihn an und hebe drohend den Finger. „Falls du also mal wieder einen Köder brauchst, um dir einen Kerl klarzumachen – such woanders! Ich stehe ab sofort nämlich nicht mehr zur Verfügung!“
Damit mache ich auf dem Absatz kehrt, marschiere in mein Zimmer und knalle die Tür mit Schwung hinter mir zu.
„Wow“, klingt es noch gedämpft durchs Holz, aber dann herrscht Stille auf der anderen Seite. Offenbar hat Niko beschlossen, mich nicht weiter zu reizen. Eigentlich erstaunlich einfühlsam von ihm und obendrein doch genau das, was ich gerade noch wollte. Aber nun stelle ich plötzlich fest, dass mir das auch nicht passt.
Aaargh! Was bin ich eigentlich? Ein zickiges, pubertäres Mädchen?
Ich tigere in meinem Zimmer hin und her wie ein Puma im Käfig, während in meinem Kopf die Szene mit Alexander im Bistro wieder und wieder abläuft.
„Ich glaube, wenn du ein bisschen mehr aus dir machen würdest, wärst du ein echter Hingucker“, höre ich ihn quasi in einer Endlosschleife СКАЧАТЬ