Название: Im Zeichen des Drachen
Автор: Karl May
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9783780213068
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„Getötet hat er dich nicht, aber deine Habe – hast du sie hier im Boot?“
„Nein. Er bekam beides nicht, mein Leben und mein Eigentum, denn meine Hand ist stärker als die seine, und sein Verstand ist dunkler als der eines Ehri. Als ich ihn mit seinen Booten auftauchen sah, fuhr ich ihm entgegen und sandte meine Diener mit den Kähnen, auf denen sich meine Habe befand, auf einem Umweg nach Papetee. Ihn aber lockte ich bis hierher, wo ich ihn hätte töten müssen, wenn er nicht geflohen wäre.“
Sein Auge leuchtete und seine dunkle Wange brannte vor Erregung; er war noch jung und wirklich schön, als er so drohend vor mir stand; auf den langen, schwarzen Flechten den federgeschmückten Turban, zwei wertvolle Perlen an jedem Ohr und die gelbseidene Marra als Gürtel um die rot und weiß gestreifte Tebuta geschlungen, die in reichen Falten von seiner Schulter bis zum Knie reichte und das Ebenmaß seiner schlanken, kräftigen Gestalt vorteilhaft hervorhob.
„Was wirst du jetzt beginnen?“, fragte ich ihn.
„Sage zuvor, was ihr mit mir beginnen werdet, Sahib!“, antwortete er, nach der Höhe deutend, von der sich der Kapitän mit den Seinen näherte.
„Ich bin dein Freund und du hast von uns nichts zu befürchten. Du kannst tun, was dir beliebt. Doch bitte ich dich, dass du auch unser Freund wirst.“
„Ich bin es, Sahib! Sage mir deinen Befehl und ich werde ihn vollbringen, denn ich sehe es an deinem Auge, dass du nichts Böses von mir fordern wirst.“
„Wir bitten dich um Hilfe!“
Er blickte mich so erstaunt an, dass ich mich eines leisen Lächelns nicht erwehren konnte. Ich war einen vollen Kopf höher als er; der Turban mit Schleier, den ich trug, der dichte Vollbart, die abenteuerliche Kleidung, die sich nach unten in einem Paar riesiger Seemannsstiefel verlief: Das alles mochte wohl den Eindruck machen, als sei ich gewohnt, nur auf meine eigene Kraft zu vertrauen und fremder Unterstützung nicht leicht bedürftig.“
„Wer bist du und was tust du hier?“, fragte er.
„Ich bin vom Volk der Germani und die anderen gehören zum Volk der Yanki.“
„Die Germani sind gut, ich habe ihr Schiffe gesehen auf den Inseln von Samoa; was sie verkaufen, ist ehrliche Ware, und was sie sagen, das gilt als ein Schwur. Aber die Yanki sind anders, ihre Zunge ist glatt und untreu. Ihre Waren glänzen und haben den Betrug in sich. Wie kommst du zu ihnen und auf diese Insel, die noch nicht einmal einen Namen hat?“
„Ich fuhr mir ihnen, weil ich in das Land der Chinesen wollte, aber das Wetter trieb uns an dies Eiland, sodass unser Schiff zerbrach und unsere Boote zerschellten. Nun können wir nicht fort und müssen warten, bis ein anderes Schiff kommt, das uns mitnimmt. Du kehrst nach Papetee zurück?“
„Ja. Mich verlangt, zu Pareyma, meinem Weib, und zu meiner Mutter zu kommen, die mir lieber sind als alle meine Habe und mein Leben. Die Stimme meines Herzens sagt mir, dass ihnen Gefahr droht von Anoui, meinem Feind.“
„Auf Tahiti findet man immer Schiffe der Ingli, Franki, Ynaki und der Hollandi; vielleicht ist auch eines der Hispani oder gar der Germani da. Willst du sie aufsuchen, wenn du nach Papetee kommst, und eines von ihnen senden, dass uns von hier abholt?“
„Das will ich, Sahib. Aber sie möchten mir nicht glauben, und daher ist es besser, wenn ihr mir einen eurer Männer mitgebt, der selber für euch reden und bitten kann.“
„Fasst dein Boot zwei Männer?“
„Wenn ein anderer rudert, nein; aber wenn ihr einen mutigen Mann wählt, der das Wasser nicht fürchtet, so werde ich ihn glücklich nach Tahiti bringen, denn keiner nimmt es im Fahren mit Potomba, dem Ehri, auf.“
In diesem Augenblick hatte uns der Kapitän erreicht.
„Nun? Wer ist dieser Mann, Charley?“
„Ein Ehri von Tahiti.“
„Ein Ehri? Was ist das?“
„Ein Fürst, Käpt’n.“
„Pshaw! Diese Art von Fürsten kennt man. Der Bursche wird uns sein Boot überlassen müssen, damit wir uns von einer der benachbarten Inseln Hilfe holen.“
„Das wird er nicht tun.“
„Warum nicht, wenn ich fragen darf, he?“
„Weil ich ihm bereits das Gegenteil geraten habe, Käpt’n.“
„Ihr? Ah so, das ist etwas anderes! Ihr habt doch jedenfalls eine gute Meinung dabei gehabt, die auf unseren Vorteil bedacht ist?“
„Das versteht sich! Keiner von uns ist im Stande, ein solches Boot zu lenken, und...“
„Ah, Charley, ist das nicht etwas zu viel behauptet? Sollte ich, Kapitän Roberts aus New York, es nicht fertig bringen, ein solches Ding zu führen, da jedermann weiß, dass ich ganz der Kerl bin, selbst das stärkste Orlogschiff zu befehligen?“
„Könnt Ihr einen Ochsen erschießen, Käpt’n?“
„Welche Frage! Natürlich erschieße ich ihn trotz allem, was ich vorhin sagte, als Ihr mit Euerm Wildbret kamt; vorausgesetzt nämlich, dass die Verhältnisse so sind, dass mir das Viehzeug nicht zu Leib kann und ich so lange schießen darf, bis es tot ist.“
„Schön! Aber könnt Ihr auch eine Schwalbe schießen?“
„Bei allen Winden, nein, das ist ja rein menschenunmöglich, Charley. Ihr seid ein feiner Schütze, wie Ihr schon oft bewiesen habt, aber eine Schwalbe, nein, die holt auch Ihr nicht aus der Luft herab.“
„Ich habe es aber doch getan, und zwar nicht nur einmal; ich habe sogar da drüben in der nordamerikanischen Prärie fünfzehnjährige Indianerbuben gekannt, die das fertig brachten.“
„Ahoi, Charley, ist das nicht eine wilde Ente oder gar eine Seeschlange?“
„Nein, es ist die Wahrheit! Doch dieser Vergleich hatte nur den Zweck, Euch zu beweisen, dass das Große oft leichter ist als das scheinbar Kleine. Ihr versteht es ganz wacker, einen Dreimaster zu befehligen; aber wagt Euch einmal nur mit Euerm Langboot, das Euch doch geläufig ist, hinaus auf die offene See, so werdet Ihr finden, dass zwischen beiden Leistungen ein gewaltiger Unterschied ist. Ich habe mit dem gebrechlichen indianischen Rindenkanu den Missouri und Red River, mit dem Hautkanu der Brasilianer den Orinoko und Marannon und mit dem fürchterlichen Katamorin der Ostinder den Indus und Ganges befahren; aber ich sage Euch offen, Käpt’n, СКАЧАТЬ