Im Zeichen des Drachen. Karl May
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Название: Im Zeichen des Drachen

Автор: Karl May

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

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isbn: 9783780213068

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СКАЧАТЬ Vegetation die nördliche, auf der wir unser Lager aufgeschlagen hatten. Es gab hier hohen, breitwedeligen Farn, der ein unbemerktes Anschleichen begünstigte. Ich pirschte mich so schnell wie möglich näher.

      Er stieß sein Kanu ans Ufer. Es war eins der auf den Gesellschaftsinseln gebräuchlichen, einfach aus einem Stamm gehauenen Fahrzeuge mit einem runden Boden. Durch diese Bauart vermag ein solcher Kahn rascher zu segeln, würde aber auch sehr leicht umschlagen, wenn er nicht durch einen so genannten Outrigger3 davor bewahrt würde.

      Diese Ausleger bestehen aus zwei quer über das Kanu befestigten Stangen oder Hölzern, die nach rechts hinaus einen leichten, kufenartig geschnittenen Balken halten, der gleichlaufend mit dem Kahn unter die Hölzer gebunden ist. Der Balken schwimmt also, etwa vier Fuß vom Steuerbord des Kahns entfernt, auf dem Wasser und ist mit Baststricken fest an die Querhölzer geschnürt. Ein Umschlagen des Fahrzeugs, ja selbst ein Schaukeln wird dadurch zur Unmöglichkeit gemacht. Denn das Boot kann nicht nach links hinüberkippen, weil es dann den ganzen nahezu eineinhalb Meter abstehenden Balken aus dem Wasser heben müsste; und nach rechts ebenso wenig, da sich der aus leichtem Holz bestehende Balken mit den Querstangen und auf diese Entfernung hin nicht unter Wasser drücken lässt. Diese Kanus fahren daher selbst bei unruhiger See sicher und zuverlässig. Freilich würde man sich ohne die Ausleger nur äußerst vorsichtig darin bewegen dürfen, da der runde Boden der geringsten Neigung des Körpers folgt; bei der kleinsten Schwankung liefe man nicht nur Gefahr, zu kentern und ein unfreiwilliges Bad zu nehmen, sondern man könnte diesen an und für sich kleinen Unfall leicht mit dem Leben bezahlen, da die Buchten und sonstigen Wasser dieser Inseln von gefräßigen Haien wimmeln.

      Der Verfolgte zog sein Boot halb aus dem Wasser, hing sich den Köcher über, nahm den Bogen zur Hand und griff dann auch nach einer Flinte, deren Riemen er über die Schulter legte. Er schritt nach der Stelle, wo sein Pfeil lag, hob ihn auf und marschierte dann in gleich großen Schritten und gerader Linie landeinwärts. Jedenfalls wollte er die Entfernung messen für den Fall, dass seine Verfolger in die Bucht drangen und zu landen versuchten. Sein Benehmen war das eines kühnen und dabei doch vorsichtigen Mannes, der keinen Umstand, der ihm nützlich sein kann, unberücksichtigt lässt. Er näherte sich mir dabei so, dass ich ihn deutlich seine Schritte zählen hörte.

      „Satu, dua, tiga, ampat, lima, anam, tudschuh, dalapan, sambilan, sapuluh“, murmelte er von eins bis zehn und fuhr dann fort: „Sapuluh-satz, spuluh-dua, spuluh-tiga...“

      „Rorri – halt!“, gebot ich da, mich aus dem Farn erhebend und ihm die Hand auf die Schulter legend. „Was tust du hier?“

      Er erschrak über mein plötzliches Erscheinen, hatte sich aber im nächsten Augenblick gefasst und zog das Messer aus dem Gürtel. Jetzt erkannte er, dass ich kein Eingeborener sei, und ließ den zum Stoß erhobenen Arm wieder sinken.

      „Inglo?“

      „Nein, ich bin kein Engländer.“

      „Franko?“

      „Ja“, antwortete ich, denn ich nahm an, dass er mit dem Wort nicht einen Franzosen bezeichnen wollte, sondern es in dem weiteren Sinn gebrauchte, mit dem alle Abendländer gemeint sind.

      „Oh, das ist gut! Bist du allein, Sahib?“

      War er in Indien gewesen, dass er mir diesen Titel gab? Ich zog es vor, ihn noch nicht aufzuklären, und fragte:

      „Was suchst du hier?“

      „Rettung.“ Er wandte sich zurück und deutete mit der Hand auf die Boote, die jetzt so nah waren, dass man ihre Borde deutlich erkennen konnte. „Sie verfolgen mich und wollen mich töten.“

      „Weshalb?“

      „Ich bin reich und ein Christ.“

      „Und sie sind Heiden?“

      Er nickte bejahend.

      „Einige sind noch Heiden und einige haben sich von dem Inglo-Mitonare taufen lassen.“

      Mitonare heißt Missionar und mit diesem Wort bezeichnet das in seinem Sprachschatz arme Inselvolk auch alles, was mit der Religion der Christen in Verbindung steht, wie z. B. Kirche, Prediger, Altar, Kreuz, Predigt, Bibel, selig, heilig, fromm usw. Alles das wird nur ,mitonare‘ genannt. Hier war jedenfalls ein Missionar der anglikanischen Kirche gemeint.

      „So sind diese von dem Inglo-Mitonare Getauften also doch Christen?“

      „Eita – nein. Sie glauben noch immer an Atua, den guten Gott, und an Ori, den Gott alles Bösen, aber sie haben sich taufen lassen, weil sie dann mit den Ingli handeln dürfen und schöne Sachen bekommen.“

      „Wie heißt du?“

      „Potomba.“

      „Von welcher Insel bist du?“

      „Ich wohne in Papetee, der Hauptstadt von Tahiti. Ich bin ein Ehri, ein Fürst des Landes, und werde alle meine Feinde töten!“

      Er blickte zurück. Soeben versuchte das erste Boot seiner Verfolger die Einfahrt durch den engen Kanal. Er sprang zurück bis an den Ort, wo sein Pfeil niedergefallen war, spannte den Bogen und zielte. Der Pfeil schwirrte von der Sehne. Er hätte den Mann sicher getroffen, aber eine jäh hereindrängende Woge hob den Kahn empor und das spitze Geschoss bohrte sich ins Holz. Unwillkürlich hatte sich der Insasse des Bootes aus Furcht vor dem Pfeil niedergebückt und dabei die Ruder außer Tätigkeit gesetzt; dieselbe Woge, die ihn hereingetrieben hatte, erfasste im Zurückfluten sein Fahrzeug und riss es wieder aus der Einfahrt heraus.

      „Hallo – o – oh!“, rief es da von dem Korallenring aus, und als ich mich seitwärts wandte, sah ich – den Steuermann mit den Seinen herbeispringen.

      Der Maat hatte den Pfeilschuss fälschlicherweise für das Zeichen gehalten und machte jetzt meinen ganzen Plan zunichte. Die Verfolger hatten mich zwar bereits gesehen, ohne deshalb von ihrem Vorhaben abzulassen; als sie aber erkannten, dass die Insel von einer ganzen Truppe europäisch gekleideter Männer besetzt war, beschlossen sie den Rückzug, zogen schleunigst die Segel wieder auf und ruderten von dannen.

      Ich schritt jetzt nach dem Strand, wo Potomba auf die Knie gesunken war.

      „Bapa kami iang ada de surga, kuduslah kiranja namamu4“ hörte ich ihn beten nach dem Wortlaut, den die von der Mission Bekehrten anzuwenden pflegen. Dann sprang er freudig auf und rief: „Ich bin gerettet! Sie fliehen und ich brauche keinen zu verletzen. Fast hätte mein Pfeil Anoui, den falschen Priester, getötet, der doch der Vater meines Weibes ist.“

      Nur die Not hatte ihn also zur Gegenwehr gedrängt, und ich erkannte in seinem jetzigen Ausruf und dem vorangehenden Dankgebet eine wahrhaft christliche Gesinnung, die unter den Bekehrten in dieser Herzensaufrichtigkeit nicht häufig angetroffen wird und dem jungen Mann mein Wohlwollen erwarb. Jedenfalls war er aus wirklicher Überzeugung Christ geworden.

      „Wer ist Anoui?“, fragte ich ihn.

      „Der Prister von Tamai.“

      Ich besann mich.

      „Liegt Tamai nicht auf Eimeo, der Nachbarinsel von Tahiti?“

      „Ja, Sahib. Tamai befindet sich nicht weit von der Bai von Opoauho. Pareyma, mein Weib, ist die Tochter des Priesters, denn ein Ehri nimmt sich nur die Tochter eines Fürsten oder Priesters СКАЧАТЬ