Sieh nichts Böses. Kayla Gabriel
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Sieh nichts Böses - Kayla Gabriel страница 6

Название: Sieh nichts Böses

Автор: Kayla Gabriel

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Alpha Wächter

isbn: 9783969695388

isbn:

СКАЧАТЬ große Verantwortung auf mir. Mit sieben Jahren war ich täglich auf dem Trainingsplatz, mit zwölf Jahren trainierte ich andere, mit zweiundzwanzig Jahren kämpfte ich für den König. Ich wusste immer, dass ich…“

      Rhys brach mitten im Satz ab. Mein Volk regieren würde, hatte ihm auf der Zungenspitze gelegen, aber er konnte die Worte nicht aussprechen. Sein Kiefer verspannte sich, als er zum vielleicht tausendsten Mal im vergangenen Jahr darüber nachdachte, dass er in Wahrheit nie wieder irgendjemanden regieren würde. Er hatte dieses Recht in der Sekunde geopfert, in der er einen Deal mit Mere Marie eingegangen war.

      „Rhys… wir haben nicht mehr 1764“, erinnerte Gabriel ihn und warf ihm einen halb mitleidigen Blick zu, bei dem sich Rhys‘ Magen verknotete. „Wir befinden uns im Jahr 2015 und du musst dich an die Tatsache gewöhnen, dass du jetzt ein Wächter bist. Eine einfache Arbeitsbiene in Mere Maries kleinem Bienenstock, der New Orleans beschützt. Es ist ja auch nicht so, als wärst du der Einzige, den sie einige hundert Jahre in der Zeit nach vorne befördert hat, damit er Soldat spielt.“

      Rhys‘ Kiefer mahlte bei Gabriels lässigem Tonfall. Es stimmte wohl, dass Rhys seinen Clan aufgegeben und sein Recht zu Regieren gegen Mere Maries Versprechen eingetauscht hatte, dass sein Volk überleben und trotz zahlreicher Bedrohungen gedeihen würde. Das hieß aber nicht, dass Rhys sein ganzes vorheriges Leben vergessen oder so tun müsste, als würde er seine Entscheidung nicht betrauern. Rhys und Gabriel hatten exakt diese Diskussion im Verlauf des vergangenen Jahres mehrmals geführt, sowie die Macken und Schwächen des anderen kennengelernt, während sie daran gearbeitet hatten, zu einer geeinten Kampfeinheit zu werden.

      Der dritte Wächter in ihrem Team… tja, er war ein großartiger Kämpfer, aber er war auch um einiges weniger freundlich. Für Rhys war Aeric, der Wikingerkrieger, der irgendwie in ihrer Gruppe gelandet war, immer noch eine Art Rätsel.

      „Ich bin am Verhungern“, verkündete Gabriel, womit er Rhys aus seinen Gedanken riss. Rhys glaubte, dass Gabriel wahrscheinlich das Thema wechselte, um Rhys ungesunden Gedankengang zu unterbrechen. Rhys wusste, dass Gabriel dies wegen ihrer neuentdeckten Freundschaft tat. Die zwei Männer hatten im vergangenen Jahr zu einer Art stillschweigender Übereinkunft gefunden, anders als mit Aeric. Aeric war immer noch distanziert und blieb meist für sich.

      „Na schön“, sagte Rhys und wischte sich über die Stirn. „Ich habe gesehen, wie Duverjay einige Sandwiches zubereitet hat, als wir auf dem Weg hierher waren.“

      Gabriel und Rhys verließen den Fitnessraum und liefen nach draußen über die große Grünfläche, die den wenig genutzten Garten des Herrenhauses darstellte. Sie betraten das Haupthaus und passierten das Wohnzimmer, um stattdessen direkt in die Küche zu laufen, wo der Butler des Herrenhauses, Duverjay, mehrere Gatorades auf einer Schale mit Eiswürfeln drapierte. Der kleine Kreole war am ersten Tag nach Rhys Ankunft im Herrenhaus erschienen, bereit, sich um ihre Bedürfnisse zu kümmern. Rhys war sich allerdings ziemlich sicher, dass Duverjay außerdem Mere Marie jede einzelne ihrer Bewegungen meldete.

      „Ah, Duverjay, du weißt wirklich immer, was ich möchte“, foppte Gabriel ihn. Duverjay zog eine Braue hoch, aber reagierte ansonsten nicht. Der Mann war ein Butler der klassischen Schule und würde genauso wenig auf Gabriels Geplänkel eingehen, wie er einen Arbeitstag in Flipflops beginnen würde.

      Die Wächter triezten Duverjay gnadenlos wegen seines makellosen schwarzen Anzugs und dem weißen Hemd, das er jeden Tag trug. Der Butler wich nie von seiner selbst ausgewählten Uniform ab, was ihn jedoch nicht davon abhielt, jedes Mal missbilligende Blicke auf die Wächter abzuschießen, wenn sie nach einem langen Tag des Trainings in Sportshorts und Sneakers im Haus herumlümmelten.

      Die Wächter waren von Mere Marie gegründet worden mit der speziellen Absicht, die Stadt New Orleans vor der zunehmenden Bedrohung durch böse Kräfte zu beschützen, insbesondere einer aalglatten, zwielichtigen Gestalt auch bekannt als Pere Mal. Daher verbrachten sie den Großteil ihrer Zeit damit, die Straßen der Stadt zu patrouillieren. Im Allgemeinen überwachten sie das Treiben der Kith, was die Bezeichnung für die paranormale Gemeinschaft war. Sie konnten jedoch auch gerufen werden, um Menschen zu helfen, falls das Anliegen dringend genug war. Wenn sie nicht auf Patrouille waren, fochten die Wächter Übungskämpfe miteinander aus oder übten sich im Waffengebrauch, was üblicherweise in der Form von Schießtraining mit Handfeuerwaffen oder einer Armbrust vollzogen wurde.

      Der Butler hatte es sich zur Aufgabe gemacht, einen frischen Anzug und Krawatte gebügelt und griffbereit in dem Schlafzimmer eines jeden Wächters zu deponieren. Als ob Rhys jeden Moment seine Jeans wegwerfen und seine Stiefel in die Ecke treten würde, um stattdessen in Kleider zu schlüpfen, die einer Abendgarderobe nahekamen. Von all den modernen Annehmlichkeiten mochte Rhys die anschmiegsamen Jeans und schnellen Autos am meisten.

      Auch wenn Rhys mit seinem alten Leben eine Menge hinter sich gelassen hatte, hatte er gewisse Teile dieses neuen Lebens schätzen gelernt. 2015 trumpfte beispielsweise mit einem ungeheuren Reichtum erlesener Weine und Whiskys auf. Die Bandbreite an Kleidungsstilen war verblüffend groß, obwohl Duverjay den Großteil der Einkäufe für die Wächter übernahm. Der Mann hatte wirklich ein Auge für die Passform eines Kleidungsstückes.

      Das Essen hatte ebenfalls etwas für sich, da es eine augenöffnende Vielzahl an Auswahlmöglichkeiten gab, die jede Art Wild oder Federvieh umfasste, die Rhys jemals gekannt hatte, multipliziert um eintausend. Rhys liebte nichts mehr als ein Stück gebratenen Lachses, Fingerling-Kartoffeln und einen frischen Blattsalat. Üblicherweise wurde diese Mahlzeit mit einem Glas Port oder Scotch beendet, auch wenn er seinen Alkoholkonsum stark einschränkte.

      Rhys Magen knurrte und er registrierte, dass er von Lachs träumte, weil er durch das Training mit Gabriel einen großen Appetit entwickelt hatte. Zum Teufel mit dem Mann, aber der andere Wächter war mit dem Schwert mittlerweile fast so gut wie Rhys und Rhys musste sich um einiges mehr anstrengen, um sie beide auf Trab zu halten.

      „Essen?“, fragte Rhys den Butler.

      „Gentlemen“, sagte Duverjay mit einer leichten Verbeugung. „Im Foyer wartet eine sehr aufgebrachte junge Dame auf Sie. Sie sollten sich vielleicht erst um sie kümmern, bevor Sie speisen.“

      Rhys warf Duverjay einen neugierigen Blick zu und ging dann zur Eingangshalle. Eine hellhäutige junge Frau wartete dort und wrang die Hände. Sie trug ein königsblaues Kleid, das sich an ihre Kurven schmiegte. Gepaart mit himmelhohen weißen High Heels stand ihr Outfit in einem heftigen Kontrast zu ihrer elenden Miene.

      Duverjay stellte sich zwischen das Mädchen und Rhys und legte ihr eine tröstende Hand auf den Arm. Rhys bemerkte, dass sich Gabriel zurückfallen ließ. Anscheinend war er damit zufrieden, den Austausch vorerst nur zu beobachten.

      „Das ist Andrea“, stellte Duverjay das Mädchen vor und schenkte ihr ein mitfühlendes, freundliches Lächeln. „Ihre Mutter steckt in Schwierigkeiten. Ist es nicht so, Andrea?“

      Die junge Frau nickte, wobei ihre Unterlippe zitterte. Rhys war völlig erstaunt, dass sich Duverjay aktiv darum bemühte, sie zu trösten. Duverjay zeigte nur selten irgendwelche sichtbaren Emotionen und Rhys hatte noch nie erlebt, dass der Butler irgendeine Art von Mitgefühl ausgedrückt hatte.

      „Dieser Mann, Pere Mal, hat meine Momma geholt“, schluchzte Andrea. „Sie hat nichts Falsches gemacht. Der Mann kann sie doch nicht einfach so entführen, nur weil sie am Le Marchè arbeitet. Oder?“

      Mere Marie, die launische Arbeitgeberin der Wächter, schritt eine der zwei großen Treppen hinab, die die Eingangshalle flankierten. Rhys hatte gar nicht bemerkt, dass sie zugehört hatte. Sie war eine zierliche Frau von vielleicht sechzig Jahren. Rhys wusste jedoch, dass Mere Marie mindestens vier oder fünf Mal so alt war wie sie aussah. Ihre Hautfarbe war typisch СКАЧАТЬ