Название: Vom Wind geküsst
Автор: Lin Rina
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9783959913683
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Schweigend setzte sich der Zug in Bewegung und die schlechte Stimmung lag deutlich spürbar über uns allen.
Justus neben mir war warm und das gleichmäßige Ruckeln des Wagens machte meine Augenlider träge, auch wenn ich mich darum bemühte, wach zu bleiben. Denn Justus war so still, dass es schon unheimlich war, und starrte so verbissen auf das Kappa vor sich, als wollte er es mit seinem Blick in Brand setzen. Als die Zügel zwischen seinen Fingern zu qualmen begannen, legte ich ihm schnell die Hand auf den Arm, damit er sich beruhigte.
»Wir schaffen das schon«, flüsterte ich und rutschte noch ein Stück näher an ihn heran, sodass unsere Knie bei jeder Bodenwelle aneinanderstießen. »Wir haben doch dich, der auf uns aufpasst.« Ich lächelte und Justus atmete tief durch, ein verstecktes Schmunzeln im Mundwinkel.
Seine Nähe tat mir gut und ihm die meine wohl ebenfalls, denn seine Schultern entspannten sich nach einer Weile wieder.
Das Land zog an uns vorbei. Wald löste Felder ab und dann kamen wir durch eine sanfte Hügellandschaft. Auf den weiten Wiesen grasten Kappa, Schafe und ein paar Esel. Die Schäferhunde hoben verschlafen die Köpfe, wenn wir auf den festen Straßen vorbeiratterten.
Ich sah in den Himmel, beobachtete die Vögel beim Segeln und spürte mein schlechtes Gewissen, weil ich heute Morgen ein wenig in den Baumkronen gesessen hatte, obwohl ich wusste, was Justus davon hielt.
Der Wind flüsterte, erzählte von weißen Städten, fröhlichen Farben und vom Meer, das nicht mehr weit war. Bald würden wir es erreichen.
Doch dann kam mir in den Sinn, dass Berill, die Hauptstadt von Mari, tiefer im Landesinneren lag und nicht gerade am Ozean. Außerdem war sie fernab der Route, die wir sonst nahmen.
Wenn Kai die Fürstentochter tatsächlich zurückbringen wollte, kürzte er dann die Strecke ab und fuhr dafür nicht ans Meer?
Ich seufzte und hoffte, dass es nicht so war.
8
Ich erwachte, als der Wagen holpernd vom Weg auf eine kleine Waldlichtung fuhr. Der Schreck fuhr mir in die Glieder und ich brauchte einen Moment, um zu begreifen, wo ich war und wieso ich mich nicht bewegen konnte.
Mein Kopf ruhte auf Justus’ Schoß und er hielt mich mit einem Arm fest an sich gedrückt. Mit der anderen Hand zog er an den Zügeln, um das widerwillig muhende Kappa zu verlangsamen.
Bei allen Winden, ich war auf Justus eingeschlafen!
Schnell wollte ich mich aufrichten, der unangenehmen Situation entfliehen, doch Justus verstärkte seinen Griff um mich, verhinderte, dass ich durch den Ruck vom Kutschbock geschleudert wurde, der den Wagen zum Stehen brachte.
Unüberhörbar klopfte mir das Herz in der Brust und ich richtete mich eilig auf, als Justus mich losließ. Mein Gesicht war heißer als je zuvor.
»Was sollte das denn?«, wollte ich ihn anfahren und gab vor, entrüstet zu sein. Doch mein Ton verunglückte in einer viel zu hohen Stimmlage.
»Entschuldigung«, erwiderte Justus außer Atem und hängte die Zügel an den Knauf des Kutschbocks. »Es kam alles auf einmal. Das Kappa wollte ausbrechen, und du hast dich plötzlich bewegt, und …« Er blickte in mein feuerrotes Gesicht und es war mir, als verfärbten auch seine Ohren sich langsam. War ihm die Situation etwa genauso peinlich wie mir? Das hatte es ja noch nie gegeben.
»Ach, vergiss es«, murmelte er schnell, wandte sich hastig ab und stieg nach unten, um das Tier zu beruhigen, das immer noch aufgeregt muhte.
Ich wusste nicht, was ich sagen sollte, wusste nicht mal, was ich denken sollte. Nur Tausende kleine Schmetterlinge kribbelten in meinem Bauch, als ich Justus hinterherblickte.
Der Wind kam zu mir, blies mir beschwingt eine Böe ins Gesicht und pustete dabei meine Röcke durcheinander.
Das nächste Dorf hat einen wunderschönen Brunnen und der Dorfälteste Ranu hat eine so große Nase, dass alle ihn heimlich Ranu Rübennase nennen, flüsterte er vergnügt. Über seinen Übermut konnte ich nur den Kopf schütteln, aber wenigstens lenkte es mich von Justus ab.
Hinter mir erwachte Marc mit einem Schnarcher und setzte sich auf. Verschlafen rieb er sich die Augen und streckte seine Arme über den Kopf, sodass sein Hemd die Muskeln an seinem Bauch freigab.
Dante schlief an ihn gelehnt und sabberte auf seinen Hemdkragen.
Was für ein fürchterlich träger Abend, dachte ich und wünschte mir, er wäre es wirklich. Denn in dem Moment fiel mir die Fürstentochter wieder ein.
Fin tauchte neben uns auf und klatschte laut in die Hände, worauf Marc zusammenzuckte und Dante aus dem Schlaf schrak. »Los, Jungs, Holz sammeln!«, rief sie beschwingt.
Holz sammeln? Mit großen Augen sah ich sie an und sie lächelte mir flüchtig zu.
Das Feuervolk benötigte nicht viel Holz, um ein Feuer in Gang zu halten. Normalerweise schichteten wir ein paar dickere, angekokelte Holzklötze übereinander und einer der Feuerleute entzündete sie.
Durch die Anwesenheit des Feuervolkes brannte es weiter, ohne das Holz zu verschlingen. Daher benutzten wir schon seit Wochen die gleichen vier Scheite, um den Eindruck eines normalen Feuers zu erwecken.
Dante sah verwirrt aus und Marc war gerade im Begriff, sich lautstark zu beschweren, als die Tochter des Landesfürsten sich neben Fin stellte und uns interessiert beäugte.
Den Dörflern, die abends dem Spektakel beiwohnten, fiel ein seltsames Feuer nicht auf. Doch jemandem, der den ganzen Tag mit uns zusammen war, dem musste irgendwann etwas komisch vorkommen.
Marc klappte den Mund wieder zu, ohne etwas gesagt zu haben. Mit grimmiger Miene packte er den verschlafenen Dante am Arm und zog ihn mit sich in Richtung Wald.
Auch ein paar der anderen waren bereits dabei, Holz zu suchen. Es war leicht, den Unmut in ihren Gesichtern zu lesen.
Es würde sich so einiges ändern, solange Elyssabed bei uns war.
Auch Fin ging davon und ließ mich mit der Fürstentochter allein zurück. Justus war mit dem Kappa irgendwohin verschwunden.
Sie musterte mich mit ihren hellblauen Augen abschätzig von Kopf bis Fuß und ich hatte das Gefühl, unter ihrem kritischen Blick zu schrumpfen. Musste ich etwas sagen? Sollte ich vielleicht einfach weggehen wie die anderen auch? Erwartet sie irgendeine bestimmte Reaktion von mir?
»Wie war dein Name? Cathrin?«, fragte sie mich schließlich, fasste mit der zierlichen Hand um den Knauf am Kutschbock und schwang sich graziös herauf. Sie setzte sich, platzierte ihren Zopf über ihrer Schulter und kontrollierte den Fall ihres Rockes.
Sie war wahrhaftig die Tochter eines Fürsten.
»Cate«, korrigierte ich sie mit leiser Stimme und ärgerte mich, weil ich es lauter hatte sagen wollen. Warum wurde ich nur immer so schnell nervös? Meine Hände schwitzten bereits, obwohl noch nichts weiter passiert СКАЧАТЬ