Название: Alles aus Neugier
Автор: Georg Markus
Издательство: Bookwire
Жанр: Документальная литература
isbn: 9783903217393
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Während es nach dem Zweiten Weltkrieg um Korngold ruhiger wurde, setzte Steiner seine Karriere als Komponist mit immer neuen Erfolgen fort. Da die beiden noch aus ihren Wiener Tagen miteinander befreundet waren, hielt Steiner 1957 zu Korngolds 60. Geburtstag, der in Hollywood gefeiert wurde, die Laudatio. Nach ein paar launigen Worten der Erinnerung gelangte Max Steiner zu dem liebevoll-bissig-ironischen Schluss: »Ich kann es gar nicht verstehen, mein lieber Korngold, dass ich in Hollywood nach wie vor gefragt bin, aber nach dir kein Hahn mehr kräht!«
Korngold stand auf, ging ans Rednerpult und erwiderte: »Schau, lieber Max, das mit dem Erfolg ist doch ganz einfach. Seit 20 Jahren schreibst du von mir ab, und seit 20 Jahren schreib ich von dir ab. Da darfst du dich nicht wundern, dass du erfolgreicher bist als ich.«
Etwas ganz anderes. Sie kennen sicher Professor Antal Festetics, einen der führenden Wildbiologen Europas, der überdies als Moderator populärwissenschaftlicher Tiersendungen im Fernsehen bekannt geworden ist. Von dieser seiner Tätigkeit im Fernsehen handelt die nun folgende Episode.
Festetics gestaltete Mitte der 1990er-Jahre für den ORF einen Tierfilm über Bären. In der Dokumentation wurde auch eine dramatische Szene gezeigt, die ein Amateurfilmer zufällig im Zoo von Peking eingefangen hatte: Man sah drei Chinesen, die vor dem Käfig der Pandabären standen. Nun drehte sich einer der Herren mit dem Rücken zum Käfig, um sich von einem der anderen Herren fotografieren zu lassen.
In dem Moment, da er dem Käfig seinen Rücken zuwandte, wurde der Mann aber von dem bärenstarken Tier gepackt, das ihn durch die Gitterstäbe in den Käfig zu zerren versuchte.
Die Attacke endete glimpflich, da es den beiden anderen Chinesen gelang, ihren Freund den Krallen des Pandabären zu entreißen. Das aufgebrachte Tier musste sich schließlich mit dem eroberten Sakko seines Opfers zufriedengeben.
Als Festetics dann, wie er mir erzählte, mit seinem Team am Schneidetisch saß, um seine Bären-Dokumentation zusammenzustellen, gab der Cutter zu bedenken, dass der Amateurfilm aus Peking leider ohne Ton und damit zur Ausstrahlung nicht geeignet sei.
Die Experten berieten nun, wie man – um die Atmosphäre des Zoos in Peking auch akustisch einzufangen – zu ein paar chinesischen Wortfetzen gelangen könnte. Festetics selbst hatte die rettende Idee. Er ging mit den Tonleuten in ein ihm bekanntes China-Restaurant im 3. Bezirk und ließ an der Kassa ein paar zufällig gefallene Worte aufnehmen, die dem Film unterlegt wurden. Die Dokumentation Der große Bruder Bär lief dann samt Ton mit Erfolg im Fernsehen.
Einige Zeit später freilich wurde Festetics von einem Angehörigen der chinesischen Botschaft angesprochen. »Herr Professor«, sagte der Diplomat zu Festetics, »das war ein sehr schöner Film, den Sie gezeigt haben, wir haben uns auch sehr darüber gefreut, dass Sie einen Beitrag aus dem Zoo in Peking gebracht haben. Nur eines, Herr Professor, haben wir nicht verstanden …«
»Ja, was denn?«, wollte Festetics wissen.
»Warum hat, während wir den Herrn sahen, wie er um sein Leben kämpfte, jemand im Hintergrund auf Chinesisch zwei Frühlingsrollen bestellt?«
Eine Geschichte noch zum Abschluss: Den Wiener Philharmonikern wird nachgesagt, hin und wieder zugunsten eines lukrativen »Nebenjobs« nicht an der Vorstellung in der Staatsoper mitzuwirken. Durchaus legal übrigens, da es den Mitgliedern des Staatsopernorchesters vertraglich erlaubt ist, zur Vorstellung einen würdigen Vertreter zu entsenden, einen sogenannten Substituten. Ein Vorgang, der sich unter den Musikern des gefeierten Orchesters großer Beliebtheit erfreut.
Eines Nachmittags klopfte ein philharmonischer Geiger, der abends als Gast an einem Hauskonzert teilnehmen sollte, an der Tür seines Hausmeisters: »Herr Novak«, sagte er, »da haben Sie 300 Schilling, dafür spielen Sie heute für mich in der Oper!«
Der Hauswart, ein redlicher Mann, entgegnete entsetzt: »Aber Herr Professor, ich kann doch gar net Geige spielen!«
Darauf der Philharmoniker: »Das macht nichts, Sie brauchen ja nur zu schauen, was die anderen machen – und dann tun Sie dasselbe. Bei so vielen Geigern im Orchester kann gar nix passieren.«
Herr Novak ging in die Oper, der Philharmoniker zu seinem Hauskonzert, und danach schaute er noch beim Hausmeister vorbei, um ihn zu fragen: »Na, Herr Novak, wie war’s?«
Worauf er als Antwort erhielt: »Herr Professor, die Vorstellung war eine Katastrophe!«
»Ja, aber warum denn?«, wollte der Geiger wissen.
»Es waren nur Hausmeister da!«
Aus »Die Enkel der Tante Jolesch« (2001)
DIE GEHEIMEHE
Kaiser Franz Joseph und die Schauspielerin
Als im Herbst 1982 meine Biografie über die Schauspielerin Katharina Schratt erschien, gab es einen ziemlichen Wirbel in Österreich. Kaiser Franz Joseph I. und seine langjährige Seelenfreundin seien möglicherweise eine Geheimehe eingegangen, stand darin zu lesen. Das durfte nicht sein, auch wenn die Monarchie längst nicht mehr existierte, Kriege und Revolutionen die Welt verändert hatten, das war zu viel. Also meldete sich die damals in der Schweiz lebende Ex-Kaiserin Zita zu Wort und behauptete, dass »Kaiser Franz Joseph natürlich nicht mit Katharina Schratt verheiratet« gewesen sei.
Allerdings verkündete »die letzte Kronzeugin der Monarchie« ein halbes Jahr später, Kronprinz Rudolf sei in Mayerling von dunklen Mächten ermordet worden. Spätestens da begannen die Geschichtsforscher Zitas Aussagen generell infrage zu stellen: »Wenn die Enthüllungen der Kaiserin so weitergehen, wie sie jetzt sind, wird das nur eine Seifenblase sein«, meinte die Historikerin Brigitte Hamann. »Das ist schade, denn von einer Zeugin der Geschichte könnte man ein wahrhaftiges Zeugnis erwarten. Wir wären glücklich, wenn wir durch Zita an neue Quellen kämen, aber das, was die ehemalige Kaiserin berichtet, ist keine Quelle, das ist Tratscherei.«
Aus ihrer »Mordtheorie« von Mayerling ergab sich, dass Zitas Behauptung, Franz Joseph sei »natürlich nicht mit Katharina Schratt verheiratet« gewesen, ebenso zweifelhaft war. Es ist auch nicht anzunehmen, dass die spätere Kaiserin je von dieser Eheschließung informiert worden wäre.
Der Historiker Adam Wandruszka – damals wohl der profundeste Kenner des Hauses Habsburg – war jedenfalls aufgrund der von mir vorgelegten Zeugenaussagen und Indizien »überzeugt, dass der Kaiser und die Schauspielerin eine Geheimehe eingegangen sind«.
Versetzen wir uns in die letzten Jahre der Monarchie. Ein alter Herr, gezeichnet von den Lasten eines sorgenreichen Lebens, und eine um 23 Jahre jüngere Frau betreten das Erzbischöfliche Palais am Wiener Stephansplatz. Ein Priester geleitet sie in die Andreaskapelle, wo die beiden getraut werden. Sie gehen eine Ehe ein, die »vor Gott« geschlossen, vor der Öffentlichkeit aber geheim gehalten wird. Dieses Paar konnte und durfte keine »normale« Hochzeit feiern. Denn er war der Kaiser von Österreich und sie die Tochter eines Papierwarenhändlers aus Baden bei Wien, von Beruf Schauspielerin. Beide waren verwitwet. So unterschiedlich ihre Herkunft, ihr gesellschaftlicher Rang auch gewesen sind, zum Zeitpunkt dieser Eheschließung verband sie doch eine rund drei Jahrzehnte andauernde Romanze, wie sie in der Geschichte der österreichisch-ungarischen Monarchie einmalig ist.
»Gewissensehe« nennt die katholische Kirche die geheim zu haltende Legalisierung einer Verbindung. Damals wie heute werden solche Gewissensehen äußerst selten eingegangen, denn normalerweise will man seinen Partner vor Zeugen und vor der СКАЧАТЬ