Название: Becca - Liebe ist nichts für Feiglinge
Автор: Rachel Hauck
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9783765574740
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Ich habe sie mit der Perspektive aus sechstausend Metern Höhe abgespeist: klarer Himmel, ruhige See.
Sie hat gegackert, mir den Arm getätschelt und ist dann in die Vergangenheit zurückgewandert, als hätte sie nicht ein einziges flockiges Wörtchen von dem gehört, was ich gesagt hatte. Erste Haltestelle: mein Weihnachtssolo als Drittklässlerin. Dad, der sich mit dem Pastor unterhielt, bekam mit, dass Mrs Riley „Im Stall in der Krippe“ erwähnte, und winkte mich zu sich.
„Zeit fürs Mittagessen, Becca.“
Und da stehe ich nun und arbeite mich durch das Salatbüfett bei Sizzler. Plötzlich kreuzt Joley McGowan auf, eine ehemalige Mitschülerin.
„Rebecca, dachte ich’s mir doch, dass du das warst in der Kirche.“
Sie schlingt ihre anmutigen Arme um mich, als wäre ich eine lang vermisste Freundin. Mir fällt fast der Teller in den Krautsalat.
„Hey, Joley.“ Ich betrachte sie flüchtig – nur eben um zu sehen, ob irgendwo etwas durchhängt oder sich vorwölbt. Zu blöd! Sie sieht so hinreißend aus wie immer.
„Sieh dich bloß mal an“, sprudelt es aus ihr heraus. „Die Karrierefrau, wie sie im Buche steht. Du hast von unserem Klassentreffen gehört, oder? Natürlich. Ich bin nämlich dieses Jahr im Komitee.“ Joley sprüht vor Energie und Begeisterung. In der Schule habe ich sie nicht sehr gemocht, weil sie mit meinem Highschool-Schwarm ging, Dylan Braun. Dylan – betörendes Lächeln, sanfte Stimme, athletischer Körper, blonde Locken und schwer in Ordnung.
„Schön für dich.“ Ich schreite weiter das Büfett ab. Joley schlendert mit mir mit wie eine Gazelle – anmutig und langbeinig. Es raubt mir den Appetit.
„Rebecca, würdest du in diesem Jahr das Treffen moderieren?“
„Was?“ Ich höre auf, mein Essen zusammenzusammeln. Aus mandelförmigen grünen Augen sieht Joley mich eindringlich an.
„Tja, schließlich bist du die aus unserem Jahrgang, der alle zugetraut haben, dass sie es mal am weitesten von uns allen bringt.“ Sie schwenkt die Arme über meinem Kopf, als lese sie eine imaginäre Headline: Rebecca Moore hat es tatsächlich geschafft.
Ich ziehe eine Grimasse. „Tatsächlich?“
„Ja, natürlich“, strahlt sie.
Ich halte die Schlange am Büfett auf, also mache ich einen Schritt nach vorn. „Bist du sicher, dass ihr mich wollt? Wie wär’s mit Lucy O’Brien? Sie ist Journalistin bei einer der größten Zeitungen in Florida. Oder John Friedman? Ist der nicht inzwischen Millionär?“
„Stell dein Licht nicht so unter den Scheffel. Du bist die perfekte Besetzung für diese Aufgabe.“ Sie tätschelt mir den Arm. „Skip ist Millionär, aber wir würden ihn nie bitten zu moderieren.“ Sie hüstelt hinter vorgehaltener Hand. „Kannst du dir Skip mit einem Mikro in der Hand vorstellen?“
Ich ziehe meine Stirn kraus. „Welcher Skip? Skip Warner?“
Sie lächelt und zeigt mir den Ring an ihrem Finger. „Ja, ich bin jetzt Mrs Joley McGowan-Warner. Wir haben vor zwei Jahren geheiratet.“
„Ach, wirklich. Na dann, herzlichen Glückwunsch.“ Große Güte. Joley McGowan und Skip Warner mit den Trauerrändern unter den Fingernägeln? Läuft denn bei niemandem das Leben so, wie ich es geplant hatte?
Joley und Skip Warner. Wow. Moment mal. Hat sie gerade die Worte Millionär und Skip in ein und demselben Satz gebraucht? Insgeheim begutachte ich sie noch einmal. Ihr Sonntagskleid ist hübsch, aber schlicht. Die Schuhe? Braungraue Pumps, die zu allem passen. Ich schiele auf ihre linke Hand und sehe einen einfachen Goldring mit einem bescheidenen Diamanten. Skip ist Millionär? Ist sie sich sicher?
Joley redet immer noch. „John Friedman ist hoffnungslos kleinkariert. Komm schon, übernimm du die Moderation.“ Sie schenkt mir ein perfektes Lächeln. „Du machst das bestimmt fantastisch.“
„Gib mir ein bisschen Bedenkzeit.“ Mehr als darüber nachzudenken kann ich wirklich nicht versprechen. Ich presse meinen Kiefer zusammen, um nicht auf der Stelle mit der Wahrheit herauszuplatzen und vor der versammelten Gemeinde zu bekennen, dass Rebecca Moore keineswegs der strahlende Siegertyp ist, sondern eine erbärmliche Versagerin.
Ich kann unser Klassentreffen nicht moderieren, wenn mein Leben sich gerade auf der Achterbahn befindet. Ich kann nicht. Und ich werde es auch nicht.
„Ich hab gesehen, dass du dich mit Joley Warner unterhalten hast.“ Dad wirft mir vom anderen Ende des Tisches einen Blick zu.
„Sie möchte, dass ich unser Klassentreffen moderiere.“
„Wunderbar. Das solltest du machen.“ Er nippt an seinem Eistee.
Ich lehne mich zu ihm vor. „Du hast mir nie erzählt, dass sie Skip Warner geheiratet hat und dass er Millionär ist.“
„Du hast nie danach gefragt.“ Er spießt ein Stück Steak auf die Gabel.
„Wirst du mir verraten, wie er’s zu seiner Million gebracht hat, oder muss ich zwanzig Fragen stellen?“
„Ach, wo denkst du hin, Becca. Er ist in der Autobranche.“ Mom wirkt aufgescheucht wie ein verrücktes Huhn. Sie hasst Tischgespräche dieser Art. „Er handelt mit exklusiven Luxuswagen. Jede Menge betuchte Kunden.“
Ich stochere im Salat auf meinem Teller. Skip hat mich im letzten Schuljahr mal gefragt, ob ich mit ihm ausgehe, aber ich habe abgelehnt. Er sei nicht mein Typ, hab ich Lucy gesagt.
Ich will jetzt nur noch eins: nach Hause rennen, mich in einem Mauseloch verkriechen und erst beträchtliche Zeit nach dem Atomschlag wieder herauskommen. Aber ich reiße mich zusammen und betrachte meinen Teller. Ganz offensichtlich bin ich nicht bei der Sache gewesen. Zwei Salatblätter, ein paar Karottenschnitzel und ein Berg von Mungosprossen. Das dürfte nicht ganz reichen.
Also stehe ich auf, stelle mich wieder in die Schlange und ergänze meine Auswahl mit Tomaten, Gurken, ein paar Scheiben Schinken, geriebenem Käse und einer Kelle Dressing.
Als ich an den Tisch zurückkomme, erzählt Suzanne Mom gerade etwas über ihren Stundenplan. Mir gegenüber sind Dad und Josh in ein intensives Gespräch über ein bevorstehendes Autorennen vertieft.
„Jeff Gordon.“
„Nein, Dale Junior.“
Rennsport ist nun wirklich kein Sonntag-Mittag-Gesprächsthema für mich. Ich verfolge das Gespräch zwischen Mom und Suzanne, denn ich muss mich unbedingt auf etwas anderes konzentrieren als auf mich selbst. Sonst ertrinke ich im Selbstmitleid.
„Zehn Jahre mache ich schon diese Abendkurse und jetzt sehe ich endlich Licht am Ende des Tunnels“, sagt Suzanne mit Nachdruck, während ihre kastanienbraunen Haare ihr ins Sandra-Bullock-Gesicht fallen. „Ich kann es kaum erwarten.“
„Ich bin stolz auf dich, Suzy“, sage ich und meine es auch.
Sie drückt mir den Arm, zieht die Schultern hoch СКАЧАТЬ