Honoré de Balzac – Gesammelte Werke. Honore de Balzac
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Читать онлайн книгу Honoré de Balzac – Gesammelte Werke - Honore de Balzac страница 186

Название: Honoré de Balzac – Gesammelte Werke

Автор: Honore de Balzac

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Gesammelte Werke bei Null Papier

isbn: 9783962815226

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СКАЧАТЬ ver­lei­hen, sie fort­schleu­dern, sie ein­fach oder ins Unend­li­che tei­len, da­durch daß wir sie zer­bre­chen oder pul­ve­ri­sie­ren; wir kön­nen sie fer­ner dre­hen, sie ro­tie­ren las­sen, sie ver­än­dern, zu­sam­mendrücken, deh­nen, stre­cken. Die­se gan­ze Wis­sen­schaft be­ruht auf ei­ner ein­zi­gen Tat­sa­che. Sie se­hen die­se Ku­gel. Sie be­fin­det sich auf die­sem Stein. Jetzt ist sie hier. Wie nen­nen wir die­sen Akt, der phy­sisch so na­tür­lich und geis­tig so au­ßer­ge­wöhn­lich ist? Be­we­gung, Orts­wech­sel, Orts­ver­än­de­rung? Welch un­ge­heu­rer Dün­kel steckt in den Wor­ten! Ist ein Name denn eine Lö­sung? Und trotz­dem be­ruht dar­auf die gan­ze Wis­sen­schaft. Un­se­re Ma­schi­nen wen­den die­sen Vor­gang, die­se Tat­sa­che an oder neu­tra­li­sie­ren sie. Wird die­ses un­schein­ba­re Phä­no­men auf große Mas­sen über­tra­gen, kann ganz Pa­ris in die Luft flie­gen. Wir kön­nen die Ge­schwin­dig­keit auf Kos­ten der Kraft oder die Kraft auf Kos­ten der Ge­schwin­dig­keit ver­meh­ren. Was ist Kraft, und was ist Ge­schwin­dig­keit? Un­se­re Wis­sen­schaft ist un­fä­hig, das zu sa­gen, so wie sie un­fä­hig ist, eine Be­we­gung her­vor­zu­brin­gen. Eine Be­we­gung, wie sie auch be­schaf­fen sein mag, ist eine un­ge­heu­re Kraft, und der Mensch er­fin­det kei­ne Kraft. Die Kraft ist ein Gan­zes wie die Be­we­gung; sie ist das We­sen der Kraft. Al­les ist Be­we­gung. Der Tod ist eine Be­we­gung, de­ren Gren­zen uns we­nig be­kannt sind. Wenn Gott ewig ist, dann ist er, das dür­fen Sie glau­ben, im­mer in Be­we­gung. Vi­el­leicht ist Gott die Be­we­gung. Da­rum ist die Be­we­gung wie er un­er­klär­lich, wie er un­er­gründ­lich, gren­zen­los, un­faß­bar und un­greif­bar. Wer hat je die Be­we­gung be­rührt, er­faßt, ge­mes­sen? Wir spü­ren ihre Wir­kung, ohne sie zu se­hen. Wir kön­nen sie so­gar leug­nen, wie wir Gott leug­nen. Wo ist sie? Wo ist sie nicht? Wo be­ginnt sie? Wo ist ihr Ur­sprung? Wo ist ihr Ende? Sie um­gibt uns, drängt uns und ent­weicht uns. Sie ist klar wie eine Tat­sa­che, dun­kel wie eine Abstrak­ti­on, ist Ur­sa­che und Wir­kung in ei­nem. Sie braucht wie wir den Raum, und was ist der Raum? Die Be­we­gung al­lein er­klärt ihn uns; ohne die Be­we­gung ist er nichts mehr als ein lee­res Wort ohne Sinn. Die Be­we­gung ist wie der lee­re Raum, wie die Schöp­fung, wie das Unend­li­che ein un­lös­ba­res Pro­blem, sie ver­wirrt das mensch­li­che Den­ken, und al­les, was der Mensch zu be­grei­fen ver­mag, ist, daß er sie nie­mals be­grei­fen wird. Zwi­schen je­dem der Punk­te, die die­se Ku­gel nach­ein­an­der im Raum ein­nimmt, klafft für die mensch­li­che Ver­nunft ein Ab­grund, der Ab­grund, in den Pas­cal ge­stürzt ist. Um nun auf den un­be­kann­ten Stoff, den Sie ei­ner un­be­kann­ten Kraft un­ter­wer­fen wol­len, ein­zu­wir­ken, müs­sen wir zu­erst die­sen Stoff un­ter­su­chen; nach sei­ner Na­tur wird er ent­we­der un­ter ei­nem Stoß zer­bre­chen oder wird ihm wi­der­ste­hen; wenn er in Stücke bricht und es nicht in Ih­rer Ab­sicht liegt, ihn zu tei­len, so kön­nen wir das ge­setz­te Ziel nicht er­rei­chen. Wol­len Sie ihn kom­pri­mie­ren, so muß auf alle Tei­le des Stof­fes eine glei­che Be­we­gung der­art über­tra­gen wer­den, daß der Raum zwi­schen den Tei­len gleich­mä­ßig ver­min­dert wird. Wol­len Sie ihn aus­deh­nen, so müs­sen wir ver­su­chen, auf je­des Mo­le­kül eine glei­che ex­zen­tri­sche Kraft aus­zuü­ben; denn ohne ge­naue An­wen­dung die­ses Ge­set­zes wür­den wir den Zu­sam­men­hang des Stof­fes ver­nich­ten. Sie müs­sen be­den­ken, die Be­we­gung kennt un­end­li­che Mo­da­li­tä­ten, zahl­lo­se Kom­bi­na­tio­nen. Zu wel­cher Wir­kung wol­len Sie sich ent­schlie­ßen?«

      »Mon­sieur«, ver­setz­te Ra­pha­el un­ge­dul­dig, »ich wün­sche ir­gend­ei­nen Druck, der stark ge­nug ist, um die­ses Le­der be­lie­big zu deh­nen …«

      »Da die Sub­stanz nicht be­lie­big groß, son­dern be­grenzt ist«, er­wi­der­te der Ma­the­ma­ti­ker, »kann sie nicht be­lie­big oder un­be­grenzt ge­dehnt wer­den; der Druck wird mit Not­wen­dig­keit den Um­fang auf Kos­ten der Di­cke ver­grö­ßern; die Sub­stanz wird dün­ner wer­den, bis es an Ma­te­rie zu feh­len be­ginnt …«

      »Wenn Sie die­ses Re­sul­tat er­rei­chen«, rief Ra­pha­el, »so ha­ben Sie Mil­lio­nen ver­dient!«

      »Ich wür­de Ih­nen Ihr Geld steh­len«, er­wi­der­te der Pro­fes­sor mit dem Phleg­ma ei­nes Hol­län­ders. »Ich will Ih­nen mit zwei Wor­ten eine Ma­schi­ne be­schrei­ben, un­ter der so­gar Gott sel­ber wie eine Flie­ge zer­quetscht wür­de. Sie ist im­stan­de, einen Men­schen samt Stie­feln, Spo­ren, Kra­wat­te, Hut, Geld, Schmuck, kurz, mit al­lem in ein Blatt Lösch­pa­pier zu ver­wan­deln …«

      »Was für eine furcht­ba­re Ma­schi­ne!«

      »An­statt ihre Kin­der ins Was­ser zu wer­fen, soll­ten die Chi­ne­sen sie sich lie­ber auf die­se Wei­se nutz­bar ma­chen«, fuhr der Ge­lehr­te fort, ohne dar­an zu den­ken, daß ein Mensch sei­nen Nach­kom­men eine ge­wis­se Ach­tung zol­len soll­te.

      Plan­chet­te war ganz von sei­ner Idee er­füllt, nahm einen lee­ren Blu­men­topf, der ein Loch im Bo­den hat­te, und stell­te ihn auf die Schei­be der Son­nen­uhr; dann hol­te er aus ei­nem Win­kel des Gar­tens et­was Ton. Ra­pha­el stand ge­spannt da wie ein Kind, dem sei­ne Amme ein Mär­chen er­zählt. Plan­chet­te leg­te sei­nen Ton auf die Schei­be, zog dann ein Gar­ten­mes­ser aus der Ta­sche, schnitt zwei Ho­lun­derzwei­ge ab und be­gann, das Mark her­aus­zu­drücken, da­bei pfiff er vor sich hin, als ob Ra­pha­el gar nicht da wäre.

      »Da ha­ben wir die ein­zel­nen Be­stand­tei­le der Ma­schi­ne«, sag­te er.

      Mit Hil­fe ei­nes aus dem Ton ge­form­ten Knies be­fes­tig­te er eine der Holz­röh­ren am Bo­den des Top­fes, so daß die Öff­nung des Ho­lun­ders mit dem Loch des Top­fes ver­bun­den war. Es sah wie eine un­för­mi­ge Pfei­fe aus. Auf der Schei­be brei­te­te er eine Schicht des Tons aus, daß die Form ei­ner Schau­fel ent­stand, setz­te den Blu­men­topf auf den brei­tes­ten Teil und drück­te den Ho­lun­derzweig auf dem Teil, der den Griff vor­stell­te, fest. Schließ­lich kleb­te er et­was Ton um das äu­ße­re Ende des Ho­lun­der­rohrs, steck­te den zwei­ten hoh­len Zweig auf­recht hin­ein, form­te den Ton zu ei­nem zwei­ten Knie­stück, das ihn mit dem ho­ri­zon­ta­len Zweig ver­band, so daß die Luft oder eine be­lie­bi­ge Flüs­sig­keit in die­ser im­pro­vi­sier­ten Ma­schi­ne von der Mün­dung des ver­ti­ka­len Roh­res durch den Ver­bin­dungs­ka­nal bis zu dem lee­ren Blu­men­topf flie­ßen konn­te.

      »Die­ser Ap­pa­rat, Mon­sieur«, sag­te er nun zu Ra­pha­el mit dem Ernst ei­nes Aka­de­mi­kers, der sei­ne An­tritts­vor­le­sung hält, »ist eine der wun­der­bars­ten Er­fin­dun­gen des großen Pas­cal.«

      »Ich ver­ste­he nicht.«

      Der Ge­lehr­te lä­chel­te. Er nahm von ei­nem Obst­baum ein Fläsch­chen, in der sein Apo­the­ker ihm eine Flüs­sig­keit zum Fan­gen der Amei­sen ge­schickt hat­te; er schlug den Bo­den ab, so daß ein Trich­ter ent­stand, hielt ihn sorg­fäl­tig auf die Öff­nung des hoh­len Zwei­ges, den er ver­ti­kal ge­gen­über dem großen Re­ser­voir, das der Blu­men­topf bil­de­te, in den Ton ge­steckt hat­te; dann goß er aus ei­ner Gieß­kan­ne so viel Was­ser in den Trich­ter, daß es in dem großen Topf und in dem klei­nen kreis­run­den Mund­stück des Ho­lun­derzwei­ges gleich hoch stand. Ra­pha­el dach­te an sein Cha­grin­le­der.

      »Das СКАЧАТЬ