Honoré de Balzac – Gesammelte Werke. Honore de Balzac
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Название: Honoré de Balzac – Gesammelte Werke

Автор: Honore de Balzac

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Gesammelte Werke bei Null Papier

isbn: 9783962815226

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СКАЧАТЬ ein­mal vol­ler Lei­den­schaft ge­we­sen sein; denn eine wis­sen­de Sinn­lich­keit ver­riet sich selbst in der Art, wie sie sich vor je­man­den hin­stell­te, um mit ihm zu spre­chen; sie lehn­te sich ko­kett an die Tä­fe­lung wie eine Frau, die nahe am Um­sin­ken ist oder be­reit zu ent­flie­hen, wenn ein all­zu ver­we­ge­ner Blick sie ein­schüch­tert. Mit läs­sig ver­schränk­ten Ar­men stand sie da, schi­en die Wor­te zu trin­ken, hör­te sie so­gar mit den Bli­cken wohl­ge­fäl­lig an; sie war ganz Ge­fühl. Ihre fri­schen ro­ten Lip­pen sta­chen leb­haft von dem blen­dend­wei­ßen Teint ab. Ihr brau­nes Haar har­mo­nier­te ei­gen mit den oran­ge­far­be­nen Au­gen, die ge­ädert wa­ren wie Flo­ren­ti­ner Mar­mor und de­ren Spiel ih­ren Wor­ten Fein­heit ver­lieh. Ihr Wuchs war von lo­cken­der An­mut. Eine Ri­va­lin hät­te viel­leicht die dich­ten, fast zu­sam­men­ge­wach­se­nen Au­gen­brau­en zu streng ge­fun­den und den un­merk­li­chen Flaum, der die Kon­tu­ren ih­res Ge­sichts um­gab, ge­ta­delt. Ich fand al­les von Lei­den­schaft ge­prägt. Lie­be lag auf den ita­lie­ni­schen Li­dern die­ser Frau, auf ih­ren schö­nen Schul­tern, die ei­ner Ve­nus von Milo an­ge­stan­den hät­ten, auf ih­ren Zü­gen, auf der ein we­nig vor­tre­ten­den und leicht be­schat­te­ten Un­ter­lip­pe. Sie war mehr als eine Frau, sie war ein Ro­man. Frei­lich, all die­se pracht­vol­le Weib­lich­keit, die Har­mo­nie der Li­ni­en, die Ver­hei­ßun­gen der Lei­den­schaft, die man aus die­sem vol­len Zu­sam­men­klang emp­fing, wur­den von ei­ner stän­di­gen Sprö­dig­keit ge­dämpft, ei­ner au­ßer­ge­wöhn­li­chen Sitt­sam­keit, die ih­rer gan­zen Er­schei­nung wi­der­sprach. Es be­durf­te ei­ner so schar­fen Beo­b­ach­tung wie der mei­ni­gen, um in die­ser Na­tur die An­zei­chen zu ent­de­cken, daß sie zur Wol­lust ge­schaf­fen sei. Um mei­ne Ge­dan­ken kla­rer aus­zu­drücken: Fœ­do­ra be­stand aus zwei Frau­en, die viel­leicht die Tail­le von­ein­an­der trenn­te: die eine war kalt, der Kopf al­lein schi­en lie­bes­fä­hig zu sein. Be­vor sie ihre Au­gen auf einen Mann rich­te­te, be­rei­te­te sie erst ih­ren Blick vor, als ob sich ir­gend et­was Ge­heim­nis­vol­les in ihr voll­zö­ge; eine Art krampf­haf­ter Ver­zückung war in ih­ren strah­len­den Au­gen. Kurzum, ent­we­der war mein Wis­sen un­voll­kom­men, und ich hat­te noch vie­le Ge­heim­nis­se der geis­ti­gen Welt zu ent­de­cken, oder die Com­tes­se hat­te eine schö­ne See­le, de­ren Ge­füh­le und Auss­trah­lun­gen ih­rem Ge­sicht die­sen be­stri­cken­den Zau­ber lieh, der uns un­ter­wirft und fas­zi­niert, ein aus der See­le strö­men­der Ein­fluß, der um so mäch­ti­ger wirkt, als er mit un­se­ren Be­gier­den über­ein­stimmt. Ich ging ent­zückt fort, hin­ge­ris­sen von die­ser Frau, be­rauscht von ih­rem Lu­xus, in al­lem auf­ge­reizt, was in mei­nem Her­zen edel, las­ter­haft, gut und böse war. Und wie ich mich so be­wegt, so le­ben­dig, so be­geis­tert fühl­te, glaub­te ich zu ver­ste­hen, wel­cher An­zie­hung alle die­se Künst­ler, Di­plo­ma­ten, die­se Män­ner der Macht, die­se Spe­ku­lan­ten, die wie ihre Kas­set­ten in­nen aus Blech wa­ren, ge­horch­ten; zwei­fel­los such­ten auch sie in ih­rer Nähe die wahn­wit­zi­ge Er­re­gung, die alle Kräf­te mei­nes We­sens vi­brie­ren ließ, mein Blut bis in die kleins­te Ader auf­peitsch­te, den feins­ten Nerv an­spann­te und in mei­nem Hirn beb­te. Sie hat­te sich kei­nem hin­ge­ge­ben, um sie alle zu be­hal­ten. Eine Frau ist ko­kett, so­lan­ge sie nicht liebt. ›Au­ßer­dem‹, sag­te ich zu Ras­ti­gnac, ›ist sie viel­leicht an einen al­ten Mann ver­hei­ra­tet oder ver­kauft wor­den, und die Erin­ne­rung an die­se Ehe flö­ßt ihr Grau­en ein vor der Lie­be.‹