Honoré de Balzac – Gesammelte Werke. Honore de Balzac
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Название: Honoré de Balzac – Gesammelte Werke

Автор: Honore de Balzac

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Gesammelte Werke bei Null Papier

isbn: 9783962815226

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СКАЧАТЬ Was lie­ben sie in uns? Le­dig­lich sich sel­ber noch ein­mal! Hüllt sich aber ein ar­mer stol­zer, mit schöp­fe­ri­scher Kraft be­gab­ter Künst­ler nicht in einen ver­let­zen­den Ego­is­mus? Ihn um­gibt ein ei­gen­ar­ti­ger Wir­bel von Ide­en, in den er al­les, selbst sei­ne Ge­lieb­te hin­ein­zieht, die de­ren Be­we­gung fol­gen muß. Kann eine um­wor­be­ne, um­schmei­chel­te Frau an die Lie­be ei­nes sol­chen Man­nes glau­ben? Kann sie eine sol­che Lie­be su­chen? Ein sol­cher Lieb­ha­ber hat nicht die Muße, sich vor ei­nem Di­wan all den äf­fi­schen Sen­ti­men­ta­li­tä­ten zu über­las­sen, auf die die Frau­en so großen Wert le­gen und die ge­ra­de die falschen und herz­lo­sen Män­ner bei­spiel­los be­herr­schen. Er hat für sei­ne Ar­beit nicht Zeit ge­nug, wie soll­te er sie da­mit ver­geu­den, sich zu er­nied­ri­gen und den Ge­cken zu spie­len? Ich war be­reit, mein Le­ben auf ein­mal hin­zu­ge­ben, nie aber stück­wei­se weg­zu­wer­fen. Au­ßer­dem liegt in dem dienst­eif­ri­gen Ge­ba­ren ei­nes Wech­sel­mak­lers, der für so eine blas­se Zier­pup­pe den Lauf­bur­schen spielt, et­was der­art Er­bärm­li­ches, daß es dem Künst­ler ein Greu­el ist. Die ab­strak­te Lie­be ge­nügt ei­nem ar­men großen Mann nicht, er ver­langt alle Hin­ga­be. Die see­len­lo­sen Ge­schöp­fe, die ihr Le­ben da­mit ver­brin­gen, Kasch­mir­schals zu pro­bie­ren oder Klei­der­stän­der der Mode zu spie­len, sind kei­ner Hin­ga­be fä­hig, für sie ist die Lie­be al­lein das Ver­gnü­gen zu be­feh­len, nicht das, zu ge­hor­chen. Die wah­re Gat­tin, die es mit See­le und Leib und ih­rem gan­zen We­sen ist, folgt je­nem wil­lig, in dem ihr Le­ben, ihre Kraft, ihr Ruhm und ihr Glück be­schlos­sen liegt. Gro­ße Män­ner brau­chen ori­en­ta­li­sche Frau­en, die kei­nen an­de­ren Ge­dan­ken ken­nen, als de­ren Be­dürf­nis­se zu er­kun­den; denn ihr Un­glück ist das Miß­ver­hält­nis zwi­schen ih­ren Wün­schen und ih­ren Mit­teln. Und ich, der ich mich für ein Ge­nie hielt, muß­te aus­ge­rech­net sol­che Mo­de­däm­chen lie­ben! Ich heg­te Ge­dan­ken, die al­len über­lie­fer­ten wi­der­spra­chen; war fes­ten Wil­lens, den Him­mel ohne Lei­ter zu stür­men; ich be­saß Schät­ze, die kei­nen Kurs­wert hat­ten; ich war mit Kennt­nis­sen voll­ge­stopft, die mein Ge­dächt­nis be­las­te­ten, weil sie noch nicht ge­ord­net, ja kaum ver­daut wa­ren; ich stand in der grau­en­haf­tes­ten Wüs­te, in ei­ner Wüs­te, die ge­pflas­tert und be­lebt war, die dach­te, leb­te, in der ei­nem al­les mehr als feind­lich ge­gen­über­steht, näm­lich gleich­gül­tig, mut­ter­see­len­al­lein. Ohne El­tern und ohne Freun­de. Da war der Ent­schluß, den ich faß­te, so toll er war, doch na­tür­lich; er ver­lang­te Un­mög­li­ches, und das mach­te mir Mut. Es war, als hät­te ich mit mir selbst ge­wet­tet, wo­bei ich Spie­ler und Ein­satz zu­gleich war. Höre, wel­chen Plan ich faß­te: Mit mei­nen 1100 Fran­cs woll­te ich drei Jah­re lang mein Le­ben fris­ten und die­se Zeit dar­an wen­den, ein Werk zu ver­fas­sen, das die öf­fent­li­che Auf­merk­sam­keit auf mich len­ken, mir ein Ver­mö­gen oder einen Na­men schaf­fen muß­te. Ich schwelg­te in dem Ge­dan­ken, daß ich mich mit­ten im lär­men­den Pa­ris in ei­ner Sphä­re der Ar­beit und des Schwei­gens ein­gra­ben woll­te wie eine Schmet­ter­lings­pup­pe, um glän­zend und glor­reich auf­zu­er­ste­hen. Ich mal­te mir aus, wie ich, ei­nem Ein­sied­ler der The­bais ver­gleich­bar, in die Welt der Bü­cher und der Ge­dan­ken un­ter­tau­chen und ab­ge­schlos­sen und un­zu­gäng­lich von Milch und Brot le­ben woll­te. Ich woll­te mein Le­ben aufs Spiel set­zen, um zu le­ben. Ich fand, daß, wenn ich mich auf die wah­ren Be­dürf­nis­se, auf das un­be­dingt Not­wen­di­ge be­schränk­te, 365 Fran­cs im Jahr für mein ärm­li­ches Le­ben rei­chen müß­ten. Und in der Tat habe ich mit die­ser kar­gen Sum­me mein Da­sein so lan­ge ge­fris­tet, wie ich mich mei­ner selbst­au­fer­leg­ten klös­ter­li­chen Dis­zi­plin fü­gen woll­te …«

      »Un­mög­lich!« rief Émi­le.

      »Ich habe fast drei Jah­re so ge­lebt«, ver­setz­te Ra­pha­el mit ei­nem ge­wis­sen Stolz. »Rech­nen wir nach!« fuhr er fort. »Für drei Sous Brot, für zwei Sous Milch, für drei Sous Fleisch lie­ßen mich nicht Hun­gers ster­ben und hiel­ten mei­nen Geist in ei­nem Zu­stand selt­sa­mer Klar­heit. Wie du weißt, habe ich be­ob­ach­tet, daß die Diät einen wun­der­ba­ren Ein­fluß auf die Phan­ta­sie aus­übt. Mein Zim­mer kos­te­te mich drei Sous täg­lich, nachts ver­brann­te ich für drei Sous Öl, ich räum­te mein Zim­mer selbst auf und trug Fla­nell­hem­den, um nicht mehr als zwei Sous pro Tag für Wä­sche aus­ge­ben zu müs­sen. Ich heiz­te mit Stein­koh­le und habe, wenn man die Aus­ga­be auf alle Tage des Jah­res ver­teilt, nie mehr als zwei Sous täg­lich da­für aus­ge­ge­ben. Ich be­saß Klei­der, Wä­sche und Schu­he für drei Jah­re und ge­dach­te, mich nur or­dent­lich an­zu­klei­den, wenn ich in eine öf­fent­li­che Vor­le­sung und in die Biblio­the­ken ging. Die­se Aus­ga­ben mach­ten ins­ge­samt nur 18 Sous, es blie­ben mir also für Un­vor­her­ge­se­he­nes zwei Sous täg­lich. Ich er­in­ne­re mich nicht, wäh­rend die­ser gan­zen lan­gen Ar­beits­pe­ri­ode ein ein­zi­ges Mal über den Pont-des-Arts ge­gan­gen zu sein oder mir Was­ser ge­kauft zu ha­ben. Ich hol­te es mir mor­gens vom Brun­nen der Place-Saint-Mi­chel, Ecke der Rue des Grès. Oh! ich trug mei­ne Ar­mut stolz. Wer eine schö­ne Zu­kunft vor sich sieht, schrei­tet in sei­nem Elend da­hin wie ein Un­schul­di­ger, der zum Gal­gen ge­führt wird, er schämt sich nicht. Krank­heit hat­te ich nicht ein­kal­ku­lie­ren wol­len. Wie für Aqui­li­na hat­te der Ge­dan­ke ans Spi­tal für mich kei­nen Schre­cken. Ich habe nicht einen Au­gen­blick lang an mei­ner Ge­sund­heit ge­zwei­felt. Zu­dem darf ein Ar­mer sich nur hin­le­gen, um zu ster­ben. Ich schnitt mir die Haa­re bis zu dem Au­gen­blick selbst, wo ein En­gel der Lie­be und Güte … Doch ich will nicht vor­grei­fen. Nur ei­nes sollst du wis­sen, lie­ber Freund, daß ich statt mit ei­ner Ge­lieb­ten mit ei­nem großen Ge­dan­ken, ei­nem Traum, ei­ner Lüge zu­sam­men­leb­te, an die wir alle mehr oder we­ni­ger zu­erst glau­ben. Heu­te la­che ich über mich, über die­ses »Ich«, das viel­leicht hei­lig und er­ha­ben war und das jetzt nicht mehr exis­tiert. Die Ge­sell­schaft, die Welt, un­se­re Bräu­che, un­se­re Sit­ten ha­ben mir, als ich sie aus der Nähe sah, die Ge­fah­ren mei­ner un­schul­di­gen Gläu­big­keit und die Über­flüs­sig­keit mei­nes in­brüns­ti­gen Ar­bei­tens ent­hüllt. All die­se Vor­keh­run­gen sind un­nütz für den Ehr­gei­zi­gen. Wer dem Glück nach­jagt, muß leich­tes Ge­päck ha­ben! Hoch­be­gab­te Men­schen be­ge­hen den Feh­ler, daß sie ihre jun­gen Jah­re ver­geu­den, um sich für den Er­folg wür­dig zu ma­chen. Wäh­rend die­se Ärms­ten ihre Kraft und ihr Wis­sen auf­spei­chern, um mü­he­los die Bür­de ei­ner Macht tra­gen zu kön­nen, die sie flieht, sind die wort­rei­chen und ide­en­ar­men Int­ri­gan­ten pau­sen­los da­bei, die Dum­men zu über­töl­peln und sich in das Ver­trau­en der Ein­fäl­ti­gen ein­zu­schlei­chen. Die einen stu­die­ren, die an­de­ren mar­schie­ren, die einen sind be­schei­den, die an­de­ren sind un­ver­fro­ren; das Ge­nie un­ter­drückt sei­nen Stolz, der Int­ri­gant pflanzt ihn auf und muß mit Not­wen­dig­keit ans Ziel ge­lan­gen. Die Mäch­ti­gen ha­ben den Glau­ben an das fer­ti­ge Ver­dienst und das dreis­te Ta­lent so un­be­dingt nö­tig, daß es wahr­haft kin­disch ist, wenn der wirk­li­che Ge­lehr­te von den Men­schen einen Lohn er­war­tet. Es liegt mir wahr­haft nichts dar­an, den Ge­mein­plät­zen über die Tu­gend et­was hin­zu­zu­fü­gen, noch das ur­al­te Lied, das die ver­kann­ten Ge­nies im­mer ge­sun­gen ha­ben, neu an­zu­stim­men; ich will le­dig­lich lo­gisch den Grund su­chen, warum mit­tel­mä­ßi­ge Men­schen so häu­fig Er­folg ha­ben. Mein Gott, das Stu­di­um ist eine so gute Mut­ter, daß СКАЧАТЬ