Honoré de Balzac – Gesammelte Werke. Honore de Balzac
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Название: Honoré de Balzac – Gesammelte Werke

Автор: Honore de Balzac

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Gesammelte Werke bei Null Papier

isbn: 9783962815226

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СКАЧАТЬ Man­nes von Welt; aber hin­ter die­sen Zer­streu­un­gen und mei­nem Ei­fer, mit ein­fluß­rei­chen Ver­wand­ten und Leu­ten, die uns nüt­zen konn­ten, in Ver­bin­dung zu tre­ten, ver­barg sich un­end­li­che Müh­sal. So­gar mei­ne Ver­gnü­gun­gen wa­ren noch Plä­doy­ers und mei­ne Ge­sprä­che Ein­ga­ben. Bis da­hin war ich tu­gend­haft ge­we­sen, weil es mir un­mög­lich war, mei­nen ju­gend­li­chen Lei­den­schaf­ten nach­zu­ge­hen; nun aber, da ich fürch­te­te, durch ein Ver­säum­nis mei­nen und mei­nes Va­ters Ruin zu ver­ur­sa­chen, wur­de ich mein ei­ge­ner De­spot und ge­stat­te­te mir we­der ein Ver­gnü­gen noch eine Aus­ga­be. Wenn wir jung sind, wenn uns die Men­schen und Din­ge noch nicht so tief ver­letzt ha­ben, daß jene zar­te Blü­te des Ge­fühls in uns zer­stört ist, jene Fri­sche des Ge­dan­kens, die edle Rein­heit des Ge­wis­sens, die sich im­mer ge­gen das Böse auf­lehnt, füh­len wir un­se­re Pf­lich­ten; un­se­re Ehre spricht laut und for­dert Ge­hör; wir sind of­fen und ohne Falsch: so war ich da­mals. Ich woll­te das Ver­trau­en mei­nes Va­ters recht­fer­ti­gen. Vor­dem hät­te ich ihm mit tau­send Freu­den einen jäm­mer­li­chen Be­trag ent­wen­det; aber seit­dem ich die Last sei­ner Ge­schäf­te, sei­nes Na­mens, sei­nes Hau­ses mit ihm trug, hät­te ich ins­ge­heim mein Erbe, mei­ne Hoff­nun­gen für ihn hin­ge­ge­ben, so wie ich ihm mei­ne Ver­gnü­gun­gen op­fer­te und glück­lich über die­ses Op­fer war. Als dann auch noch Mon­sieur de Villèle4 ei­gens für uns ein kai­ser­li­ches De­kret über den Ver­fall der Schen­kun­gen aus­grub und uns da­mit rui­niert hat­te, un­ter­zeich­ne­te ich den Ver­kauf mei­ner Gü­ter und be­hielt nur eine wert­lo­se, in­mitt­ten der Loi­re ge­le­ge­ne In­sel, auf der sich das Grab mei­ner Mut­ter be­fand. Heu­te wür­de es mir wahr­schein­lich nicht an Ar­gu­men­ten, Aus­flüch­ten, phi­lo­so­phi­schen, phil­an­thro­pi­schen und po­li­ti­schen Be­weis­füh­run­gen feh­len, um dem, was mein Ad­vo­kat eine »Dumm­heit« nann­te, zu ent­ge­hen; aber mit ein­und­zwan­zig Jah­ren sind wir, ich wie­der­ho­le es, ganz Groß­mut, ganz Ei­fer, ganz Lie­be. Die Trä­nen, die ich in den Au­gen mei­nes Va­ters sah, wa­ren da­mals für mich das schöns­te al­ler Gü­ter, und die Erin­ne­rung an die­se Trä­nen hat mich in mei­nem Elend oft ge­trös­tet. Zehn Mo­na­te, nach­dem mein Va­ter sei­ne Gläu­bi­ger be­zahlt hat­te, starb er vor Gram. Er lieb­te mich über al­les und hat­te mich rui­niert; die­ser Ge­dan­ke tö­te­te ihn. Im Jah­re 1826, zwei­und­zwan­zig Jah­re alt, ge­gen Ende des Herbs­tes, folg­te ich ganz al­lein dem Sarg mei­nes ers­ten Freun­des, mei­nes Va­ters. Nur we­ni­ge jun­ge Leu­te sind wohl je so al­lein mit ih­ren Ge­dan­ken, so ver­lo­ren in Pa­ris, ohne Zu­kunft, ohne Ver­mö­gen hin­ter ei­nem Lei­chen­wa­gen her­ge­gan­gen. Die Wai­sen, de­ren sich die öf­fent­li­che Wohl­tä­tig­keit an­nimmt, ha­ben we­nigs­tens das Schlacht­feld als Zu­kunft, die Re­gie­rung oder den kö­nig­li­chen Pro­ku­ra­tor zum Va­ter, das Wai­sen­haus als Zuf­lucht. Ich hat­te nichts! Drei Mo­na­te spä­ter hän­dig­te mir ein Auk­tio­na­tor 1112 Fran­cs aus, der Rein­er­lös der vä­ter­li­chen Erb­schaft. Gläu­bi­ger hat­ten mich ge­zwun­gen, un­ser Mo­bi­li­ar zu ver­kau­fen. Von Ju­gend auf dar­an ge­wöhnt, einen großen Wert auf die Lu­xus­ge­gen­stän­de zu le­gen, die mich um­ga­ben, konn­te ich mich nicht ent­hal­ten, ein ge­wis­ses Er­stau­nen über die­sen ge­ring­fü­gi­gen Er­trag zu äu­ßern. – ›Oh!‹ sag­te der Auk­tio­na­tor, ›das war al­les schon sehr ’alt­mo­disch’!‹ Schreck­li­ches Wort, das den Glau­ben mei­ner Kind­heit zer­stör­te und mir die ers­ten Il­lu­sio­nen, die liebs­ten von al­len, raub­te. Mein Ver­mö­gen be­leg­te ein Auk­ti­ons­ver­zeich­nis, mei­ne Zu­kunft ruh­te in ei­nem Lei­nen­beu­tel, der 1112 Fran­cs ent­hielt, die Ge­sell­schaft er­schi­en mir in der Ge­stalt ei­nes Ta­xa­tors, der den Hut auf­be­hielt, wenn er mit mir re­de­te. Ein Kam­mer­die­ner na­mens Jo­na­thas, der mich ins Herz ge­schlos­sen hat­te und dem mei­ne Mut­ter einst 400 Fran­cs Lei­b­ren­te aus­ge­setzt hat­te, sag­te zu mir, als wir das Haus ver­lie­ßen, aus dem ich in mei­ner Kind­heit so oft fröh­lich im Wa­gen fort­ge­fah­ren war: »Sei­en Sie recht spar­sam, Mon­sieur Ra­pha­el.« Er wein­te, der gute Mann.