Название: Das Jahrhundert des Populismus
Автор: Pierre Rosanvallon
Издательство: Bookwire
Жанр: Социология
isbn: 9783868549850
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Der Protektionismus als Sicherheitsinstrument
Die Kontrolle einer Grenze, vor allem durch den Bau von Mauern oder Zäunen, ist ein wesentlicher Modus zur Bekräftigung einer Souveränität über ein Territorium. Sie ist auch unmittelbarer Ausdruck einer Sicherheitspolitik nach Art und Vorbild der antiken Wälle, die die Städte umgaben. Es besteht eine Kontinuität zwischen diesem physischen Protektionismus und politischen Strategien der inneren Sicherheit. Das Aufhalten von Ausländer*innen und Unerwünschten an den Grenzen hat somit teil an einer erweiterten Vision der Sicherheit als Fernhalten von Bevölkerungen, die als Gefährdung der nationalen Einheit gelten. Der Begriff der kulturellen Unsicherheit ergänzt diesen Ansatz, indem er zur Ablehnung von Ideologien auffordert, die als bedrohlich für die Identität des Volkes gelten (islamische Bevölkerungsgruppen vereinen beide Zuschreibungen). Unabhängigkeit heißt somit auch Verteidigung von Identität und Homogenität in allen Formen. Die verschiedenen Facetten des Nationalprotektionismus bilden somit ein wesentliches Moment der politischen Kultur des Populismus.
1Rede vom 1. April 1846 (in der Diskussion über den Handelsvertrag mit Belgien), in: François Guizot, Histoire parlementaire de France, Band 5, S.120.
2Friedrich List, Das nationale System der Politischen Ökonomie, S.70. List unterschied sich von Fichte, dessen Geschlossener Handelsstaat (1800) einen autarkiepolitischen Protektionismus befürwortete.
3Gemäß der berühmten Losung »There is no alternative« (TINA).
4Siehe dazu das typische Werk von Alain Supiot, La Gouvernance par les nombres. Nebenbei bemerkt ist die Frage der vergleichenden Vorteile einer Regierung nach festen Regeln und eines Vorrangs der politischen Entscheidung Gegenstand einer umfangreichen wirtschaftstheoretischen Literatur. Siehe den grundlegenden Artikel von Finn E. Kydland und Edward C. Prescott, »Rules Rather than Discretion: The Inconsistency of Optimal Plans«, Journal of Political Economy, Bd. 85, Nr. 3, 1977.
5Marine Le Pen, Pour que vive la France (Buchmanifest für die Präsidentschaftswahlen von 2012).
6Jacques Généreux, Nous, on peut! Manuel anticrise à l’usage du citoyen.
7»Die Unumkehrbarkeit der Aufnahme migrantischer Bevölkerungsgruppen«, bemerkt Marcel Gauchet in diesem Sinne, »weist jene interessante Besonderheit auf, dass sie sich der demokratischen Debatte und Entscheidung vollkommen entzogen hat« (La Démocratie contre elle-même, S.220). Gauchet spricht in diesem Zusammenhang auch vom »Verstoß gegen das populäre Souveränitätsempfinden« (ebd.) und betont ferner, dass »Fremdenhass kein Rassismus« sei, sondern dass es sich bei ihm um »ein Gefühl handelt, das sich im demokratischen Rahmen beherrschen lässt« (ebd., S.221–222).
8Ich verweise diesbezüglich auf meine Ausführungen in Die Gesellschaft der Gleichen.
9Die ja ursprünglich (1989), um daran zu erinnern, Liga Nord für die Unabhängigkeit Padaniens hieß.
10»Flämische Interessen«. Die Partei hat seit ihrer Gründung die höheren Ausgaben für den Wohlfahrtsstaat in der Wallonie angeprangert.
11Anzumerken ist, dass die Sozialwissenschaften wiederholt auf den Zusammenhang zwischen Homogenität der Bevölkerungsgruppen und Zustimmung zu Umverteilungsmaßnahmen hingewiesen haben. Siehe beispielsweise Robert Putnam, »E Pluribus Unum: Diversity and Community in the Twenty-first Century«, oder Alberto Alesina und Edward L. Glaeser, Fighting Poverty in US and Europe.
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