Kaiserliche Kindheit. Gabriele Praschl-Bichler
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Название: Kaiserliche Kindheit

Автор: Gabriele Praschl-Bichler

Издательство: Bookwire

Жанр: Документальная литература

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isbn: 9783902998347

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СКАЧАТЬ Vormittag in erweiterter Gesellschaft. Die Mittagstafel eines Festtages fand – wie die sonntäglichen Diners – im großen Familienkreis und im Beisein des Kaisers statt.

      Zu den beliebtesten Mitgliedern der Familie zählte Erzherzog Ludwig. Er war ein jüngerer Bruder von Carl Ludwigs Großvater, Kaiser Franz II./I., zum Zeitpunkt der Eintragung 61 Jahre alt und galt als hochbegehrter Gesellschafter. Obwohl niemals verheiratet, verehrte er schöne Frauen, wobei Erzherzogin Sophie und ihre Zwillingsschwester Marie, Königin von Sachsen, zu seinen Favoritinnen zählten. Für Carl Ludwig und seine Brüder galt er – im Fall der Abwesenheit der Eltern – als Ersatzvater, der sie mit Spiel und Unterhaltung erfolgreich von ihren kleinen Sorgen abzulenken verstand.

      Erzherzog Johann entstammte derselben Generation wie ›Onkel Ludwig‹. Bei ihm handelt es sich um einen in der Familie nicht unumstrittenen Mann. Er hatte sich seit seiner Jugend gegen Zeremoniell und Etikette aufgelehnt und früh dem Hofleben entsagt, um (zunächst in Tirol, später) in der Steiermark ein Leben nach eigenen Vorstellungen zu führen. Dazu gehörte für ihn die Verbindung mit einer Frau ›aus dem Volke‹ – er war seit 1827 mit der Bürgerlichen Anna Plochl verheiratet – und die Verwirklichung zahlreicher anderer Ideale, die in den seltensten Fällen mit denen der kaiserlichen Familie übereinstimmten.

       Donnerstag

      16. Heute ist Christihimmelfahrt; Mittags sind wir in den Prater gefahren, aber es hat geregnet; der Abbé Kiss speiste bei uns, und gleich nach dem Essen sind wir in den Kaisergarten gegangen, um ihm Alles zu zeigen. Nachmittags sind wir mit der Mama, und mit dem Papa in den Prater gegangen. Wir gingen Abends zur Mama und haben dort Thee getrunken. Mehrere Damen waren bei der Mama; die Herzogin (unleserlich), die Gräfin Maria (unleserlich), die Gräfin Erdödy, das Fräulein Fuchs, die Gräfin Schönborn und die Gräfin Stadion.

      An diesem Tag durften die Erzherzoge Ferdinand Maximilian und Carl Ludwig das erste Mal nach der Scharlacherkrankung ihres ältesten Bruders wieder an einer Abendgesellschaft ihrer Mutter teilnehmen.

      Bei den anwesenden Damen handelt es sich um Gräfin Ernestine Erdödy, Sternkreuzordensdame und Palastdame; ein nicht genauer zu bestimmendes Fräulein Fuchs; die seit 1841 verwitwete Gräfin Ernestine Schönborn, Obersthofmeisterin der Erzherzogin Sophie, und Gräfin Maria Anna Stadion-Thannhausen, eine ihrer Hofdamen.

       Freitag

      17. Mittags waren wir auf der Bastei und im Kaisergarten; heute habe ich den Franzi gesehen (wohl nur von weitem, denn seine Quarantäne war noch nicht aufgehoben). Es geht ihm gut. Nachmittags waren wir mit der Mama und mit dem Papa im Prater. Abends sind wir nach dem Souper zum Johannes von Nepomuck (eine Statue) bei den (außerhalb der Bastei gelegenen) Stallungen und dann in den Volksgarten gegangen.

      Die nächsten Tage waren von Spaziergängen und Alltagsgewohnheiten geprägt. Sonntag (19. Mai) exerzierten die jungen Erzherzoge – vermutlich gemeinsam mit ihren Kameraden – im Kaisergarten. Diese militärische Übung zählt zu den wenigen im Tagebuch erwähnten Unterrichtsstunden, was darauf schließen läßt, daß Carl Ludwig sie nicht ungern hatte. Den darauffolgenden Abend gab es ein Hofkonzert, an dem die Kinder – von der Galerie aus zusehend – teilnehmen durften.

       Dienstag

      21. Mittags waren wir im Augarten und um ½ 4 Uhr Nachmittags sind wir auf den Glashausball gegangen, und haben dort getanzt; ich habe die Quadrille mit der älteren Taaffe getanzt und mit der jungen Bellegarde den Cotillon, nach dem sind wir in den Prater spazierengegangen. Abends waren wir bei der Mama. Die Tante Amelie und der Prinz Wasa waren dort.

      Schon sehr früh durften die Erzherzoge an Kinderoder Adoleszentenbällen teilnehmen, die am Nachmittag oder frühen Abend stattfanden und – wie die meisten Bälle bei Hof – zeitlich genau begrenzt waren. Carl Ludwig war wie seine Brüder ein begeisterter Tänzer und Ballbesucher – eine Leidenschaft, die er bis an sein Lebensende beibehielt.

      Der elfjährige Tagebuchschreiber erwähnte zunächst einen Tanz mit der ›älteren (von zwei Schwestern) Taaffe‹. Vermutlich ist damit eine der drei Töchter Graf Ludwig Taaffes, k.k. Kämmerers, Geheimen Rats, Präsidenten der Obersten Justizstelle und der Hofkommission in Justizgesetzsachen, gemeint. Es wird sich dabei wohl nicht um die älteste, neunzehnjährige Clementine gehandelt haben, sondern eher um die nächstältere Walburga, die zu dem Zeitpunkt aber auch schon siebzehn Jahre alt war. Wahrscheinlich besuchte sie gemeinsam mit ihrer vierzehnjährigen Schwester Amalie den Ball, weshalb Walburga als ›die ältere‹ der beiden bezeichnet wurde. Der auf jeden Fall enorme Altersunterschied von sechs Jahren, den Walburga von ihrem Tänzer trennte, wurde durch seinen Status wettgemacht: Carl Ludwig war ein ranghoher Erzherzog, mit dem zu tanzen jeder auch noch so alten Gräfin eine Auszeichnung darstellen mußte.

      Mit der ›jungen Bellegarde‹ ist die 14jährige Pauline gemeint, deren Vater, August Graf Bellegarde, Obersthofmeister der Kaiserin Caroline Auguste war.

      Ein gesellschaftliches Detail am Rande: Wäre Erzherzog Carl Ludwig zum Zeitpunkt dieses Balles an die 18 Jahre alt gewesen und würde er den Cotillon mit der Gräfin Bellegarde während einer Saison noch einmal getanzt haben, dann hätte er sie innerhalb der nächsten Monate heiraten müssen. Dieser Tanz galt für Heiratsfähige damals als öffentliches Bekenntnis der gegenseitigen Liebe. Allerdings hatte der erwachsene Carl Ludwig sehr darauf geachtet, wann und mit wem er den Cotillon tanzt, da er wußte, daß die Verbindung mit einer Gräfin unstandesgemäß war und mit großer Wahrscheinlichkeit den Ausschluß aus dem Kaiserhaus nach sich gezogen hätte.

      Tante Amelie und Prinz Wasa waren Geschwister, Kinder des letzten regierenden Königs von Schweden aus dem Hause Wasa, und mit Erzherzogin Sophie im ersten Grad vercousint. Ihre Mütter, Friederike und Karoline, Königinnen von Schweden und Bayern, waren Schwestern und Töchter des Erbprinzen Carl Ludwig von Baden. Amelie war seit Kindertagen die beste Freundin Sophies, mit der sie über Jahre hindurch einen innigen Briefverkehr hegte. Sie blieb unverheiratet und lebte als erwachsene Frau vorwiegend in Wien. Ihr Bruder, Prinz Gustav Wasa, der als Offizier in der österreichischen Armee diente, wäre der schwedische Thronprätendent gewesen, wenn sein Vater, König Gustav IV. Adolf, nicht im Jahr 1809 den Thron verloren hätte.

       Mittwoch

      22. Mittags sind wir mit der Mama und mit dem kleinen Ludwig in den Pratergarten gefahren, und haben dort mit der Mama, mit dem kleinen Ludwig, mit der Gräfin Arco, mit der Stephanie (unleserlich), mit der Gräfin Schönborn, mit der Marie Stadion und mit der Marie Vécsey gefrühstückt. Wir sind wieder zum Franzi in unsere alte Wohnung gezogen; er befindet sich sehr wohl. Nachmittags fuhren wir in den Prater, und sind dort dem Stephan, dem Kaiser und dem Franzi begegnet. Wir waren bis ¼ 10 Uhr Abends bei der Mama. Heute war auch der schöne Ball im Augarten, den der Gordon (vermutlich der damalige englische Botschafter in Wien) gibt. Die Mama geht auch hin.

      An diesem Tag wurde die Krankheit Franz Josephs offiziell für beendet erklärt. Die Brüder Ferdinand Maximilian und Carl Ludwig zogen zurück in ihre Wohnung, die sie mit dem ältesten Bruder teilten. Deshalb fanden etliche Familienzusammenkünfte statt, um die Quarantäne feierlich zu beschließen.

      Bei den neu hinzugekommenen Gesellschafterinnen während des Praterspaziergangs handelt es sich zunächst um eine – ohne Vornamen unter einer Vielzahl von weiblichen Familienmitgliedern nicht zu bestimmende – Gräfin Arco und um eine in den folgenden Eintragungen zigmal zitierte Gräfin Marie Vécsey, die mit der Leitung der Kammer des dreijährigen Ludwig Victor betraut war. Ihr Rang muß dem einer Aja entsprochen haben, obwohl sie den Titel – verwunderlicherweise – nicht führte.

       Freitag

      24. СКАЧАТЬ