Führerin. Gregor Eisenhauer
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Название: Führerin

Автор: Gregor Eisenhauer

Издательство: Автор

Жанр: Зарубежные детективы

Серия:

isbn: 9783954622962

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СКАЧАТЬ warum auch immer! Na ja, Sie werden es herausfinden! Hier, in diesem Fall wird es mit Sicherheit zur Konfrontation kommen. Erkennen Sie die Frau?»

      Er tippte in geradezu freudiger Erregung auf den Bildschirm, was bei ihm selten vorkam.

      Das Gesicht einer etwa fünfzigjährigen, sehr gepflegten Dame, die ihr bekannt vorkam, ohne dass sie sie im Moment verorten konnte. «Ich kenne das Gesicht …!»

      «Sicher, kennen Sie diese Frau, die halbe Welt kennt sie mittlerweile, zumindest in Amerika!»

      Kehrtmann schwang sich einmal im Stuhl herum und wandte dann Martina sein ein wenig hektisch geflecktes Gesicht zu. Er glaubte, an einer wirklich großen Story dran zu sein, das sah man ihm an. Einen Augenblick lang wirkte er geradezu sympathisch in seiner jugendlichen Aufgeregtheit.

      «Lady Dolorosa, so ihr Spitzname in den einschlägigen Kreisen, oder auch Lady Macbeth, wie ihre politischen Gegner sie betiteln. Mit richtigem Namen: Ayn Goldhouse, Führerin der New-Virgins-Bewegung, eine wiedergeborene Ayn Rand, wie ihre Anhänger glauben, eine seltsame Mischung aus Sandra Palin und Lady Gaga, wie ich finde. Wieder andere nennen sie die Heidi Klum der Esoterik, allerdings ist sie ungleich geschäftstüchtiger. Als Hohepriesterin der ‹Neuen Unschuld› führt sie eine unüberschaubare Schar von extrem fanatischen Anhängerinnen an. Ihr Erkennungszeichen ist übrigens eine eintätowierte schwarze Rose, unauffällig, aber aussagekräftig: Schönheit bereitet Schmerzen, sie ist der Dorn im Herzen der Ungläubigen!»

      «Klingt ein wenig bizarr», wandte Martina geistesabwesend ein, was Kehrtmann allerdings nicht zu bemerken schien.

      «Das ist bizarr! Aber mich dürfen Sie nicht für den ganz normalen Wahnsinn dieser Welt verantwortlich machen … Hier ein kleines Dossier, in dem alles Wichtige über sie zusammengefasst ist. Die Informationslage ist ziemlich gut. Sie hasst Klimt wie die Pest, verfolgt ihn seit Jahren. Eine hochintelligente Stalkerin. Für sie verkörpert er seit seinem Gottesleugnerbuch schlichtweg alles, was sie verabscheut. Antiquierte Männlichkeit, intellektuelle Arroganz und – ein unsportliches Äußeres. In ihren Augen ist er der Antichrist – und gehört liquidiert, das sagt sie ganz offen.»

      Martina hatte ihn reden lassen, obwohl sie vieles von dem, was er erzählte, schon wusste. Aber sie war fasziniert von den Augen dieser Frau, die in unverwandtem Hass Richtung Klimt starrten. Was ihr bislang allerdings noch nie aufgefallen war: Da war noch etwas anderes im Blick, etwas das sie selbst sehr gut kannte, weil sie schlechte Erfahrungen damit gemacht hatte.

      Dieser Kick Grausamkeit. Eiseskälte. Sie kannte dieses satanische Glänzen von ihren Ex-Kokser-Freunden. Eine seelische Unberührbarkeit, die viele mit Macht verwechseln, mit der Macht jener, die von sich glauben, durch die Hölle gegangen zu sein und nun auf alle Ewigkeit zu den Unberührbaren zu gehören.

      «Hatte sie je mit Drogen zu tun?», fragte Martina Kehrtmann. Der nickte.

      «Ein guter Riecher! Das hab ich Ihnen ja immer attestiert! Als sie sechzehn war, brach sie mit einer Gouvernante zu einer Europareise auf. In Paris büxte sie aus, es dauerte Monate, bis die Eltern sie wiederfanden, gefangen im totalen Drogendelirium. Sie kam in ein amerikanisches Sanatorium – und im Jahr darauf war sie geläutert. Sie selbst hat übrigens nie einen Hehl daraus gemacht, die Junkie-Ausreißer-Story ist Bestandteil der Legende ihrer wundersamen Erweckung …»

      «Was hat sie mit Klimt vor?»

      «Sie will ihn nicht sofort liquidieren, sie will ihn langsam grillen. Noch lieber als seinen Tod hätte sie es wohl, würde er der Lächerlichkeit preisgegeben. Ihre Kunst, fürchte ich, besteht darin, beides möglich zu machen!»

      «Wird ein schwieriger Job mit den beiden!»

      «Der Job ist gefährlich, ohne Frage!»

      «Aber ich hab ja ohnehin nichts mehr zu verlieren bei meiner reduzierten Lebenserwartung, denken Sie sich wohl.»

      «Unsinn! Kokettieren Sie nicht immer mit Ihrer Krankheit, das hilft Ihnen nicht weiter und überfordert nur Ihre Freunde, zu denen Sie mich im Übrigen zählen dürfen, auch wenn Ihnen das ein wenig peinlich sein mag.» Er lächelte maliziös. «Wie auch immer: Sehen Sie es positiv! Das ist die Story Ihres Lebens. So oder so!»

      Donnerstag, 8. März, 6 Uhr

       Martinas Wohnung

      Drei Männer umstanden ihr Bett. Sie schloss die Augen. Horchte auf ihren Atem. Horchte auf den Atem der Männer. Aber sie hörte nur sich selbst immer heftiger ein- und ausatmen. Ihre Brust hob und senkte sich, ihr ganzer Körper wollte aufbegehren, aber Füße und Hände waren fixiert. Ausatmen, einatmen. Sie öffnete die Augen. Der Mann am Fußende des Bettes fasste beruhigend ihre Füße, dann gab er den beiden anderen das Zeichen. Sie konnte kein Gesicht erkennen. Die Männer waren ganz in Weiß gekleidet, trugen weiße Handschuhe, weiße Atemmasken, weiße Kopfhauben. Farbig waren nur die hölzernen Mikadostäbe in den Händen der Männer, die rechts und links von ihrem Bett standen. Sie konnte ihren Kopf nur leicht hin und her bewegen, ein Stirnband aus weichen Mullbinden presste ihn auf die Liege. Ihre Arme waren fest an den Körper gebunden, ihre Finger flatterten ängstlich, und wieder strich ihr der Mann am Fußende des Bettes beruhigend über die nackten Zehen. Der Mann links von dem Bett beugte sich über sie, zog das Bettlaken beiseite und legte ihre linke Brust frei. Er tat es ruhig und nahezu ohne sie zu berühren. Seine Hand zitterte nicht, und als die Brust frei lag, die Warze klein und hart, weil sich ihr ganzer Körper in Angst versteifte, trat er wieder zurück und wartete auf das Zeichen des anderen. Der nickte dem Mann rechts von ihrem Bett zu. Sie wollte schreien. Sie öffnete den Mund, riss ihn auf, und biss sich gleich darauf auf die Zunge. Sie hatte geschworen, tapfer zu sein. Der Blutgeschmack beruhigte sie ein wenig. Sie hatte geschworen, tapfer zu sein, das alles zu ertragen, den Schmerz hinzunehmen, für welche Schuld auch immer. Sie glaubte, ein Lächeln auf dem Gesicht des Mannes am Fußende des Bettes zu sehen. Dankbar blickte sie ihm direkt in die Augen. Er würde sie vom Schmerz erlösen, losbinden, nach Hause schicken … Er hob den Arm, in der Hand den pfeilspitzen Mikadostab. Sie musste unwillkürlich lächeln. Er hatte das Spiel gewonnen. Sie brauchte keine Angst zu haben. Er konnte zufrieden sein. Er hatte gewonnen. Der Mann rechts an ihrem Bett trat vor, nahm einen der Stäbe, die nicht aus Holz waren, das sah sie jetzt mit Schrecken, das waren nicht die Holzstäbe ihrer Kindheit, das Mikadospiel, das ihren Vater immer zur Verzweiflung gebracht hatte, weil er mit seinen zitternden Händen nie einen Stab wegbewegen konnte, ohne einen anderen zu berühren. Ihre Mutter war gut darin. Sehr gut. Sie rollte die Stäbe weg, nahm sie aus der Luft, wie ein Raubvogel unhörbar seine Beute, sie konnte die Stäbe anheben, ganz leicht, indem sie einfach fest auf die Spitze drückte, sie hin- und herschwang ganz nach Belieben. Sie lernte das Spiel von ihrer Mutter, sie spielte es gern, es war ein Geschicklichkeitsspiel und ein Orakel zugleich. Chien Tung, so hieß die buddhistische Wahrsagemethode, in der es auch einen Mikado gab, den Herrscherstab, benannt nach dem japanischen Kaiser, mit dessen Hilfe alle anderen Stäbe, die Mandarin, die Bonzen, die Samurai und die Kulis bewegt werden durften. Ihre Mutter war sehr gut darin, mit dem Mikado die anderen Stäbe auseinanderzudividieren, wegzurollen, hochzuwerfen. Ihr Lachen war dann immer so froh, selten hörte sie ihre Mutter so froh lachen wie beim Mikadospiel.

      Der Schmerz kam so überraschend, dass sie gar nicht wusste, woher er eigentlich rührte. Sie riss die Augen auf. Der Mann hatte sich nur leicht über ihr Bett gebeugt und den lanzenartigen, zugespitzten Mikadostab kurz oberhalb ihres Brustansatzes in ihr Fleisch gebohrt, tief genug, um brutal zu schmerzen, aber es würde sie nicht töten. Das spürte sie. Ein einzelner Mikadostab würde sie nicht töten. Sie musste lächeln bei dem Gedanken. Tränen schossen in ihre Augen, als der zweite Stab sich neben den ersten bohrte. Der Mann links von ihrem Bett war vorgetreten und hatte die zweite Lanze direkt neben die erste gesetzt. Noch ehe СКАЧАТЬ