Название: Sammelband 6 Extra Western September 2018
Автор: Alfred Bekker
Издательство: Readbox publishing GmbH
Жанр: Вестерны
isbn: 9783745205664
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„Und wer soll das schaffen? Wer soll das Pferd hinaufziehen?“, fragte Weber.
„Es sind genug Lassos da“, erklärte ich ihm. „Mit Hilfe der Maultiere, die schon oben sind, bekommen wir das Pferd hinauf. Es funktioniert. Mach dir keine Sorgen, Otto.“
Wir waren auch alle ziemlich fertig. Dieses ständige Hoch und Runter mit den Maultieren war eine zusätzliche Belastung gewesen. Keiner hatte sich in dieser Zeit um Johnny kümmern können.
Ab und zu sah ich natürlich einmal hin. Er stand wie angenagelt an einer Stelle, starrte vor sich hin, lallte manchmal etwas, aber daran hatten wir uns gewöhnt. Meine einzige Sorge war die, dass er womöglich wieder die Hosen voll machte. Und wir hatten nichts Frisches für ihn.
Als wir dann die Vorbereitungen trafen, das Pferd aufzuseilen, wollte ich wieder einmal einen kurzen Blick auf Johnny werfen, aber der war nicht dort, wo er die ganze Zeit gestanden hatte.
Jesse hatte gerade die Seile und Riemen um den Fuchs gelegt, als ich ihn fragte: „Weißt du eigentlich, wo Johnny ist?“
„Er wird uns schon nicht abhanden kommen“, meinte Jesse. „Hier, pack mal an!“
Das Aufseilen des Pferdes nahm unsere ganze Konzentration in Anspruch. Wir hatten oben an der Felskante eine Rolle angebracht, und über die lief ein Seil, das oben von sechs Mulis gezogen wurde. Unten, am anderen Ende des Seiles hing das Pferd. Die Mulis zogen es praktisch nach oben, und als es an der Rolle angelangt war, hängten wir mit einem Karabinerhaken eine zweite Leine unten am Bauch des Fuchses in eine Schlaufe, ließen die Mulis abermals anziehen, und 50 wurde der Fuchs regelrecht über die Felskante hinweggerollt.
Das Tier wieherte kläglich, sprang entsetzt auf die Beine, kaum dass es oben angelangt war, und wir hatten Mühe, es davor zu bewahren, in Galoppsprüngen davonzuhetzen.
Aber Abe Winnigall hatte die Figur dazu, den tobenden Fuchs zu bändigen, dass wir die Leinen und Riemen abnehmen konnten, und er sich nicht noch mehr darin verhedderte.
Alles hatte wunderbar funktioniert. Und nun, da wir es geschafft hatten, erinnerte ich mich wieder an Johnny. Auch Weber schien an ihn zu denken, denn er fragte: „Wo steckt der Kerl?“
„Falls du Johnny meinst, so weiß ich es auch nicht. Ich hab’ vorhin schon mal Jesse gefragt, aber der hat ihn offenbar auch nicht gesehen.“
„Er war doch immer da unten“, meinte Abe. „Immer an derselben Stelle.“
„Da nimm ihn weg, wenn du ihn dort stehen siehst“, spottete Jesse.
Joshua packte gerade die Vorräte aus, denn wir wollten noch einmal rasten. „Ich brauche Holz!“, rief er.
Holz gab es nur in Form von vielen Zweigen und Gestrüpp; Bäume wuchsen hier oben keine. Und dieses Holz war zum größten Teil nass; es brannte schlecht und qualmte stark. Wir mussten versuchen, abgebrochenes Gehölz zu finden. So zogen wir, Jesse, Abe und ich, los. Otto würde sich um die Tiere kümmern, Joshua bereitete das Essen vor.
Und weil wir ziemlich weit herumstreifen mussten, um wirklich dürres Brennmaterial zu finden, trennten wir uns und gingen in verschiedene Richtungen.
*
WO WIR UNS BEFANDEN, war eine Art Hochfläche. Ganz eben war sie nicht. Sie stieg immer noch an. Es gab eine Menge Gestrüpp hier, aber ich hoffte, weiter zur Felswand eines benachbarten Berges hin größere Sträucher anzutreffen, wo natürlich auch die Ausbeute an dürren Zweigen und Ästen reichhaltiger sein würde.
Ich hatte mein Gewehr zurückgelassen. Es hätte mich zu sehr beim Brennholztragen behindert. Aber mein Revolver steckte im Holster. Wegen der Gefahr, dass es beim Klettern herausfallen könnte, trug ich nicht das offene Holster wie sonst, sondern eines, das am Gürtel festgeschnallt war und mit einer Schlaufe den Colt festhielt, damit er nicht herausrutschen konnte.
Dass ich kein Gewehr bei mir hatte, sollte mir in wenigen Sekunden leid tun. Aber daran war nun auch nichts mehr zu ändern.
Ich entdeckte plötzlich unterhalb der Steilwand einen ganzen Riegel von Himbeergestrüpp. Es waren auch reife Beeren dabei.
Die Zeit kann ich mir nehmen, dachte ich, ein paar Beeren zu naschen. Ich ging hin, zupfte da und dort die reifen heraus und wollte gerade nach weiteren Beeren Ausschau halten, als ich links von mir ein Geräusch hörte.
Ich zuckte herum, und da sah ich keine zehn Schritt von mir entfernt zwei kleine Bären.
Die sahen possierlich aus, diese beiden kleinen Grislys. Aber ich war zu lange in der Wildnis gewesen, um nicht zu wissen, was das zu bedeuten hatte für mich.
Wo ist die Alte? dachte ich sofort, und sah mich suchend um.
Da kam sie schon!
In Sorge um ihre Jungen näherte sie sich von weiter oben. Sie kam auf allen vieren gelaufen. Und wer Bären kennt, der weiß, dass sie unverschämt schnell sein können. Viel zu schnell für einen Menschen, wenn sie ihn angreifen wollen.
Für mich gab es nur eins: Ich musste zusehen, dass ich weg von den Kleinen kam. Weit weg möglichst. Denn der Alten ging es zunächst nur um die Sicherung der Kleinen.
Also lief ich. Ich rannte, was ich konnte, talwärts bis in die Nähe der Stelle, wo wir den Fuchs aufgeseilt hatten.
Als ich mich umdrehte, kam die Bärin mir nach. Sie beließ es eben nicht nur dabei, ihre beiden Jungen zu schützen, sie wollte diesen vermeintlichen Angreifer ein für allemal vertreiben oder ihn vernichten. Sie stieß urige und gefährlich klingende Töne aus.
Ich hatte schon sehr oft mit Bären gekämpft, und halte sie für einen der gefährlichsten Gegner, den ein Jäger haben kann. Bär und Wolverine (amerikanischer Vielfraß) werden von Jägern mehr gefürchtet als Wölfe oder Pumas.
Man kann einem Bär nie ansehen, was er denkt. Während ein Puma seine Wut auch durch seine Mimik zeigt, ebenso wie der Wolf und andere Raubtiere, bleibt das Gesicht des Bären immer gleich. Aber diese Bärin wollte mich gewiss nicht nur freundlich begrüßen.
Ich zog meinen Revolver, lud durch und wartete. Vielleicht konnte ich sie mit einem Schreckschuss vertreiben, falls sie nicht vorher umkehrte.
Aber sie kehrte nicht um.
Ich schoss in die Luft.
Die Bärin wurde davon nur den Bruchteil einer Sekunde verblüfft. Dann rannte sie weiter. Und als sie in meine Nähe kam, blieb sie stehen, richtete sich auf den Hinterbeinen auf. Jetzt sah ich sie in ihrer ganzen Größe. Es war ein riesiges Prachtexemplar, und ich fragte mich, ob es denn nichts gäbe, sie abzuschrecken. Ich wollte sie nicht erschießen, aber ich konnte auch nicht mehr weglaufen. Hinter mir war die Steilwand.
Vielleicht war ihr in diesem Augenblick auch bewusst, dass sie mit dem Leben spielte, wenn sie noch näher an mich herankam. Jedenfalls stand sie da, die Tatzen erhoben, den Kopf hochgereckt, das Maul geöffnet, dass ich die gefährlichen Eckzähne sehen konnte. Aber sie griff noch nicht an.
Geifer lief ihr die Lefzen herunter. So zornig СКАЧАТЬ