Название: Der Kaiser
Автор: Geoffrey Parker
Издательство: Автор
Жанр: Историческая литература
isbn: 9783806240108
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»Ich versichere Euch, mein Herr, dass ich Euch, wann immer es Euch gefällt, Euch meiner zu bedienen (und mich dabei zu achten und zu behandeln, wie die Vernunft es gebietet), gut und treu dienen will, und ich will mein Leben und meine Güter für Euch einsetzen (wie ich es bisher schon getan habe); aber wenn es Euch gefallen sollte, ohne jeden Beweis alles zu glauben, was die Leute Euch über mich erzählen, und wenn Ihr zulasst, dass ich so behandelt werde, wie es mir gegenwärtig scheinen will, dann würde ich mich lieber um meine eigenen bescheidenen Angelegenheiten kümmern und meinen Abschied nehmen – was ich den Kaiser bereits zu bewilligen gebeten habe … So bitte ich Euch denn, mein Herr, dass Ihr mir Eure Absichten in dieser Angelegenheit mitteilt.«
Einem Vermerk auf der Briefrückseite zufolge antworteten Karl und seine Räte auf diese Forderung einigermaßen halbherzig in diesem Sinne: »Madame hat Ihre Pflicht durchaus erfüllt, mit anderen freundlichen Worten und Versprechungen«. Daraufhin ließ Margarete eine Bestandsaufnahme all ihrer Besitztümer durchführen – allem Anschein nach, um ihre Abreise aus den Niederlanden vorzubereiten.6
Karls Entlassung aus der Vormundschaft untergrub auch Maximilians Autorität. Der Kaiser beabsichtigte noch immer, dass sein Enkel sich ihm auf einer Rundreise durch die österreichischen Erblande anschließen sollte, um den Eid als Thronerbe abzulegen (siehe Kap. 2). Und »wenn ich ihn in meinen Händen habe«, so vertraute er seiner Tochter Margarete an, »wird es ein Leichtes sein, alles wieder ins Lot zu bringen«. Insbesondere versprach er ihr: »Sobald er die Niederlande verlassen hat, werdet Ihr sie wieder regieren wie zuvor.« Als Karl die Reise jedoch aufschob, verkündete der Kaiser, dass er »bald nach Worms reisen werde, wo der Prinz sich ihm anschließen« solle – und wolle der Prinz sich ihm nicht anschließen, dann werde er, Maximilian, »persönlich in die Niederlande ziehen und dort ein wenig Ärger machen«.7 Wie so oft sorgten Maximilians zahlreiche andere Vorhaben im Zusammenspiel mit seinem chronischen Geldmangel dafür, dass dieser Plan nie in die Tat umgesetzt wurde. Und obwohl der Kaiser seine persönlichen Financiers optimistischerweise schon einmal ermächtigt hatte, das ihm für seine Zustimmung zu Karls Mündigsprechung versprochene Geld entgegenzunehmen, wies Karl die entsprechende Zahlung erst im Mai 1515 an. Mit der Zahlung der Pension für seinen Großvater ließ er sich sogar noch 18 weitere Monate Zeit.8 Anstatt gen Westen zu ziehen, blieb der Kaiser in Wien, wo er mit den benachbarten Herrschern zusammentraf und die Doppelhochzeit seiner Enkelkinder Maria und Ferdinand mit dem König von Ungarn und Böhmen und dessen Schwester ins Werk setzte. Damit war das Fundament für ein neues Großreich am Mittellauf der Donau gelegt, das 400 Jahre lang Bestand haben sollte.
Als Nächstes bemühte sich Maximilian, seine Autorität in den Niederlanden wiederherzustellen, indem er Margaretes merklich geschwächten Einfluss auf seinen Enkel zu stärken suchte. Er teilte seiner Tochter mit, dass er Karl geschrieben hatte »mit der Bitte, Euch immer in seiner Nähe zu halten und Euch so zu behandeln, wie es ein guter Neffe nach aller Pflicht und Schuldigkeit mit einer solch tugendhaften und guten Tante tun sollte«. Margarete wies er an, »bei unserem besagten Enkelsohn zu bleiben und die Niederlande nicht zu verlassen, weil Eure Gegenwart dort unerlässlich ist und mir zum großen Vorteil gereichen wird«. An Karl schrieb der Kaiser weiter, dass »wir nicht den geringsten Zweifel daran hegen«, dass dieser Margarete »in allen Euren wichtigsten und schwierigsten Angelegenheiten« um Rat fragen »und ihren Rat beherzigen und befolgen« werde, denn ihr Rat werde stets ein besserer sein »als der von irgendjemandem sonst«. Maximilian schloss mit dem Hinweis darauf, dass Margarete »von Geburt und Erziehung her stets unsere Interessen und Ehre im Sinn hat und auch die Eure: In der Tat betrachten wir uns drei als eines und dasselbe, vereint durch ein einziges Streben, durch eine einzige Zuneigung«.9
Aber Maximilian vergeudete seine Zeit. Schon begannen ausländische Gesandte, Chièvres und Le Sauvage als Karls »Statthalter« oder als »die Regenten« zu bezeichnen, und eine Zeit lang schien den Habsburgern die Herrschaft über die Niederlande so gut wie entglitten. Die neue Vormachtstellung der »Statthalter« trat in der unterwürfigen Frankreichpolitik, die sie in Karls Namen verfolgten, unmittelbar zutage. Der plötzliche Tod Ludwigs XII. am 1. Januar 1515 hatte eine heikle Situation geschaffen. Da der französische König keinen männlichen Erben besaß, folgte ihm sein Vetter François, ein Zwanzigjähriger aus der Angoulêmer Nebenlinie des Hauses Valois, als Franz I. auf dem Thron nach. Bei einer Audienz zwei Tage nach seiner Thronbesteigung teilte Franz einem Abgesandten Karls mit, er wolle diesem »ein guter Verwandter, Freund und Herr sein, denn er ist mein Vasall«. Keinesfalls wolle er hingegen »von ihm gegängelt werden, wie der Kaiser und der König von Aragón [d. i. Ferdinand] den verstorbenen König gegängelt haben«. Karls Gesandter fühlte sich von dieser Spitze grundlos beleidigt und schoss zurück: Zwar wolle Karl mit Frankreich in Frieden leben, »wie es der König sein Vater getan hat, [aber] ich muss Euch doch sagen, Sire, dass Ihr wohl keinen Freund und Vasallen finden werdet, der Euch größeren Schaden zufügen könnte«.10 Karls Statthalter beeilten sich, dieser trotzigen Position den Stachel zu ziehen, und gaben Order, dass Karls Abgesandte bei den Krönungsfeierlichkeiten für Franz I. alle Register der Unterwürfigkeit ziehen sollten. Sie hatten sich dafür zu entschuldigen, dass ihr Fürst nicht persönlich an der Zeremonie teilnehmen konnte »wegen unseres übervollen Terminplans und des kürzlichen Antritts als Herr unserer niederländischen Provinzen«. Weiter sollten sie Karls große Freude darüber zum Ausdruck bringen, auf dem französischen Thron nunmehr einen »solch tapferen und tugendreichen Fürsten in der Blüte und vollen Kraft seines Alters« zu sehen. Sollte »während der Zeit meiner Unmündigkeit irgendetwas vorgefallen sein, das Missfallen erregt hätte«, waren die Gesandten gehalten, »in Anbetracht meines jungen Alters« um Vergebung nachzusuchen. Außerdem sollten sie die Hoffnung äußern, dass die beiden Herrscher, Franz und Karl, »gemeinsam große Dinge vollbringen mögen zu ihrem eigenen Nutzen, zum Wohl der Allgemeinheit und zur Stärkung unseres heiligen katholischen Glaubens«. Schließlich mussten sie Karls Wunsch bekräftigen, ein Bündnis mit der französischen Krone zu schließen, das durch seine Heirat mit der Prinzessin Renée besiegelt werden sollte; die zum damaligen Zeitpunkt Achtjährige war nicht nur eine Tochter des verstorbenen Königs, sondern auch Franz’ Schwägerin. Als Maximilian sich brieflich einschaltete, um den Gesandten eine stärker fordernde Haltung mit Blick auf Renées Mitgift aufzutragen, widersprachen Karl und seine »Statthalter« dem unverzüglich:
»Obwohl wir meinem Herrn und [Groß-]Vater durchaus zu Gefallen sein wollen, damit er keinen Grund zur Beschwerde habe und uns sage, wir hätten seine Anweisungen nicht befolgt … dürft Ihr doch dem König [von Frankreich] oder seinen Leuten keinen Grund oder Anlass zu der Vermutung geben, wir würden einen Bruch unseres Bündnisses wünschen oder riskieren.«11
Die »Statthalter« СКАЧАТЬ