Begegnungen mit Bismarck. Robert von Keudell
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Название: Begegnungen mit Bismarck

Автор: Robert von Keudell

Издательство: Автор

Жанр: Историческая литература

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isbn: 9783806242683

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СКАЧАТЬ abgleichen. Das bedeutet jedoch nicht, dass sie als Informationsquellen vollkommen kompromittiert sind. Im Gegenteil: Jede Verzerrung, die wir ausmachen, verrät uns etwas über den Bismarck-Kult, zu dessen Narrativ die beiden Werke nach ihrer Veröffentlichung beitrugen. So ist es durchaus vielsagend, dass Keudell den Drang verspürte, den ohnehin großen Anteil seines Chefs an der Ausarbeitung der Verfassung noch weiter zu überhöhen. Denn diese Übertreibung zeigt uns, dass bestimmte Kreise Bismarck nicht nur als Staatsgründer, sondern auch als Verfassungsvater verehrt wissen wollten.

      Alles in allem gleichen die Bismarck-Erinnerungen Keudells und Ballhausens also einem Paar Scheinwerfer, die Licht auf das Phantom im Nebel werfen, dabei aber – wie jede andere intensive Lichtquelle auch – das, was sie beleuchten, zu einem gewissen Grade verzerren. Es liegt an uns, diese Unschärfe zu korrigieren, indem wir unseren Blick weiten und das, was wir im Schein des einen Lichtkegels erkennen, zusammen mit dem betrachten, was wir durch die Leuchtkraft anderer Lichtquellen sehen können. Tun wir das, so können wir mithilfe der Aufzeichnungen Keudells und Ballhausens das Phantom im Nebel ein ganzes Stück weit besser ausmachen. Das gilt nicht zuletzt insofern, als dass die beiden uns auf ihre jeweils eigene Weise vergegenwärtigen, dass für die so umstrittene historische Figur Bismarck ganz besonders die Schlussfolgerung gilt, die Thomas Nipperdey am Ende seiner epochalen Darstellung des Kaiserreiches für die Geschichte insgesamt gezogen hat: „Die Menschen unterschieden sich nicht in gute und böse, das Kaiserreich war nicht gut und nicht böse oder nach Gutem und Bösem deutlich unterscheidbar: Die Grundfarben der Geschichte sind nicht Schwarz und Weiß, ihre Grundmuster nicht der Kontrast eines Schachbretts; die Grundfarbe der Geschichte ist grau, in unendlichen Schattierungen.“20

      Anmerkungen

      1Zur Geschichte der Bismarck-Historiographie der Artikel von Karina Urbach, „Between Saviour and Villain: 100 Years of Bismarck Biographies“, in Historical Journal, 41/4 (1998), 1141–60, auf dem der folgende Überblick über die Entwicklung der Bismarck-Forschung beruht.

      2Wilhelm Mommsen, Bismarck: Ein politisches Lebensbild (München 1959). A. J. P. Taylor, Bismarck: the man and the statesman (London 1955).

      3Johannes Willms, Dämon der Deutschen. Anmerkungen zu einer Legende (München 1997). Lothar Gall, Bismarck. Der weiße Revolutionär (Frankfurt a. M. 1980). Ernst Engelbert, Bismarck, 2. Bd. (Berlin 1985 und 1990). Jonathan Steinberg, Magier der Macht (Berlin 2012).

      4Urbach, „Between Saviour and Villain“ (wie Anm. 1).

      5Christopher Clark, Von Zeit und Macht (München 2018), Kapitel 3.

      6Erste Begegnung mit Bismarck geschildert in Robert von Keudell, Fürst und Fürstin Bismarck. Erinnerungen aus den Jahren 1846 bis 1872, Original Stuttgart 1901 (Neuauflage Darmstadt 2020), S. 28 f. Zu den Russlandreisen Keudells siehe Johannes Schultze, „Robert von Keudell „als Tourist“ in Rußland 1860“, in Jahrbücher für Geschichte Osteuropas, 20/4 (1972), 571–80.

      7Schilderung der Biographie Keudells nach Günter Richter, „Keudell, Robert v.“, in Neue Deutsche Biographie, Bd. 11 (Berlin 1977), S. 560 f., online verfügbar unter https://www.deutsche-biographie.de/pnd116152133.html#ndbcontent (letztmals abgerufen: Juli 2020). Zu Roberts musikalischen Bekanntschaften über Alexandra siehe zum Beispiel Stephen A. Bergquist, Music in Art, 35/1–2 (2010), 271–289 [278 f.].

      8Zit. in Ulf Morgenstern, „Arzt und Abenteurer, Minister und Memoirenschreiber. Autobiographische Aufzeichnungen des Bismarck-Vertrauten Robert Lucius von Ballhausen“, in ders. (Hrsg.), Arzt und Abenteurer, Minister und Memoirenschreiber. Autobiographische Aufzeichnungen des Bismarck-Vertrauten Robert Lucius von Ballhausen, S. 8.

      9Erste Begegnung mit Bismarck geschildert in Robert Lucius von Ballhausen, Bismarck-Erinnerungen, Original Berlin 1920 (Neuauflage Darmstadt 2020), S. 16.

      10Schilderung der Biographie Ballhausens nach Karl Erich Born, „Robert Frhr. L. v. Ballhausen“, in Neue Deutsche Biographie, Bd. 15 (Berlin 1987), S. 278 f., online verfügbar unter https://www.deutsche-biographie.de/pnd117261386.html#ndbcontent (letztmals abgerufen Juli 2020) und den beiden Aufsätzen von Ulf Morgenstern, „Arzt und Abenteurer“ (wie Anm. 8) bzw. dem Nachfahren Ballhausens Robert von Lucius, „Der vierte Bruder. Die Gebrüder Lucius – Weltreisende, Abgeordnete, Bismarck-Vertraute, Kaufleute“, beide in Morgenstern (Hrsg.), Arzt und Abenteurer, Minister und Memoirenschreiber. Autobiographische Aufzeichnungen des Bismarck-Vertrauten Robert Lucius von Ballhausen, S. 5–12, 13–27.

      11Zit. aus Morgenstern, „Arzt und Abenteurer“ (wie Anm. 8), S. 7.

      12Zur Familie Ballhausen als Beispiel für die Verflechtung von Wirtschaft und Politik siehe Lucius, „Der vierte Bruder“ (wie Anm. 10), S. 20. Zu Ballhausen als Beispiel für die Verbindung der Gegensätze des Transnationalen und des Nationalistischen siehe Morgenstern, „Arzt und Abenteurer“,(wie Anm. 8) S. 6 f.

      13Keudell, Fürst und Fürstin Bismarck (wie Anm. 6), S. 27. Gesammelte Werke, 4 Bd., ges. u. hrsg. v. Bruno Walden (Berlin 1890). Gedanken und Erinnerungen, 3. Bd. (Bd. 1–2 Stuttgart 1998. Bd. 3 Stuttgart 1919). Fürst Bismarcks Briefe an seine Braut und Gattin, hrsg. v. Fürst Herbert von Bismarck (Stuttgart 1900).

      14Ballhausen, Bismarck-Erinnerungen (wie Anm. 9), S. 15. Hellmuths Vorbemerkung in ebd., S. 7. Zu Hellmuth als Herausgeber siehe Lucius, „Der vierte Bruder“ (wie Anm. 10), S. 19. 1922 gab Hellmuth zwei weitere autobiographische Aufzeichnungen seines Vaters heraus, eine kurze Selbstbiographie und einen Aufsatz über die Entlassung Bismarcks, der sich in großen Teilen mit den „Bismarck-Erinnerungen“ überschneidet. Beide Texte sind vor einigen Jahren von der Otto-von-Bismarck-Stiftung in dem schon erwähnten Band Morgenstern (Hrsg.), Arzt und Abenteurer, Minister und Memoirenschreiber (wie Anm. 10) herausgegeben worden. Zitat Morgenstern ebd., S. 5.

      15Keudell, Fürst und Fürstin Bismarck (wie Anm. 6), S. 27.

      16Ballhausen, Bismarck-Erinnerungen (wie Anm. 9), S. 15. Zum erstaunlichen „Understatement“ der Erinnerungen siehe Morgenstern, „Arzt und Abenteurer“ (wie Anm. 8), S. 10.

      17Keudell, Fürst und Fürstin Bismarck (wie Anm. 6), Kapitel 10, bes. S. 227, 231–234. Zu den Putbuser Diktaten und ihrer Bedeutung im Entstehungsprozess der Reichsverfassung siehe Oliver Haardt, Bismarcks ewiger Bund. Eine neue Geschichte des Kaiserreichs 1871–1918 (Darmstadt 2020), Kapitel 2,

      18Ballhausen, Bismarck-Erinnerungen (wie Anm. 9), Kapitel 1888, bes. S. 391–393, 407–413, Zit. S. 413. Zu der geschilderten Auseinandersetzung um die Vetos Friedrichs III. siehe Haardt, Bismarcks ewiger Bund (wie Anm. 17), Kapitel 4. Zur Erbfolgepolitik um Friedrich III. siehe Frank Lorenz Müller, Der 99-Tage-Kaiser. Friedrich III. von Preußen. Prinz, Monarch, Mythos (München 2013), Kapitel 4 und 5.

      19Keudell, Fürst und Fürstin Bismarck (wie Anm. 6), S. 237. Zu den Vorarbeiten der Verfassung siehe Haardt, Bismarcks ewiger Bund (wie Anm. 17), Kapitel 2.

      20Thomas Nipperdey, Deutsche Geschichte 1866-1918, Bd. 2, Machtstaat vor der Demokratie (München 1992), S. 905.

      Robert von Keudell um 1875

      Vorwort

      Fürst Bismarck steht der heutigen Welt als bejahrter Reichskanzler vor Augen. Die Zeugen seines Wirkens, welche ihm als Abgeordneten, Gesandten und jugendlichem Minister nahestanden, sind nach und nach fast alle verstummt, ohne Berichte über ihn zu hinterlassen. An mich trat daher die Aufgabe heran, zu СКАЧАТЬ