Mörder-Paket Juli 2020: 10 Krimis für den Strand: Sammelband 9015. A. F. Morland
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СКАЧАТЬ wechselte noch ein paar höfliche Floskeln mit dem Notar, bevor er das Gespräch beendete.

      Danach wandte er sich an June, die schweigend zugehört hatte: „Heute Abend werden wir es ganz genau wissen, ob Phra Kwan Ho ein Halunke ist. Er hat jetzt genügend Zeit, seine eventuellen Komplizen zu informieren. Zur angegebenen Zeit werde ich zur Bank fahren, natürlich ohne Elefanten. Wenn dann die Ratten aus ihren Löchern kommen, kennen wir zumindest einen Mann, über den wir an die übrige Gang herankommen können.“

      „Demnach verzichtest du vorläufig auf deinen Spaziergang mit den Versandhauskatalogen“, vermutete June.

      „Nicht ganz. Ich gehe jetzt mit einem der Tierchen zu Geoffrey Harrison.“

      „Verstehe. Du legst seine Expertise der Versicherung vor. Ich finde es auch unbegreiflich, dass Shao Ch’eng seine kostbare Sammlung nicht versichern ließ.“

      „Eben, und das wird schleunigst nachgeholt. Ich habe keine Lust, bis zum Dezember von Alpträumen geplagt zu werden.“

      „Und wenn die Versicherungsgesellschaft verlangt, dass du die Elefanten in einen Banktresor gibst?“

      „Dann tue ich es eben. Aber einzeln, Stück für Stück. Und dazu noch bei unterschiedlichen Geldinstituten. So einfach mache ich es dem Lumpenpack nicht.“

      Er entnahm seinem Safe den kleinsten Elefanten der Sammlung und steckte ihn mitsamt seinem stoßsicheren Behälter in seine Hosentasche. Auf den Aktenkoffer verzichtete er trotzdem nicht. Er wollte nicht ausschließlich auf Phra Kwan Ho setzen. Vielleicht war der Chinese doch nicht in die Angelegenheit verwickelt.

      Geoffrey Harrison war ein Wissenschaftler, der bis vor einem Jahr als Sachverständiger bei Gerichtsverhandlungen herangezogen worden war. Eines Tages wurde sein Name im Zusammenhang mit einem Museumsdiebstahl genannt. Er musste zwar mangels Beweisen freigesprochen werden, sein untadeliger Ruf war aber seitdem dahin.

      Bount kannte den Experten seit jener Zeit. Er war es gewesen, der die Einbrecher in zwei Geschäften des Antiques Centers of America gefasst hatte. Er konnte sich Harrison als Hehler nur schwer vorstellen, wusste aber auch, dass schon die standhaftesten Leute Verlockungen erlegen waren, wenn sie nur einen entsprechend hohen Gewinn erwarten ließen.

      Da Geoffrey Harrison nicht verurteilt worden war, galt er für Bount als unschuldig. Und seinen Kunstverstand konnte ihm niemand absprechen. Er war der richtige Mann für diese Aufgabe. Vor allem würde er für eine Expertise keine unverschämten Forderungen stellen.

      Geoffrey Harrison wohnte in Brooklyn. Obwohl Bount etwaigen Gangstern auf der Fahrt dorthin bewusst ausreichend Gelegenheit für einen Überfall gab, ereignete sich nichts. Er erreichte unangefochten die Adresse, die ihm June aus dem Telefonbuch herausgesucht hatte.

      Der Kunstsachverständige wirkte verbittert. Er erinnerte sich an den Detektiv, und die Vergangenheit stand wieder vor ihm.

      „Sind Sie gekommen, um mich zu rehabilitieren, Reiniger?“, wollte er wissen.

      Bount runzelte die Stirn. „Was wollen Sie, Harrison? Man hat Sie freigesprochen.“ Er wusste, dass das leere Worte waren. Ein Richterspruch und das Verhalten der Öffentlichkeit gegenüber einem einmal Verdächtigten waren zwei Paar Stiefel.

      Geoffrey Harrisons Unmut verrauchte, als er spürte, dass Bount Reiniger ihm keinerlei Voreingenommenheit entgegenbrachte. Er hörte sich an, worum es ging. Seine matten Augen begannen zu leuchten.

      „Acht Porzellanelefanten aus der Zeit der Tang-Dynastie?“, wiederholte er begeistert. „Eine solche Sammlung erreicht nur äußerst selten die Neue Welt. Ein Jammer, dass Sie mir nur eines der Stücke mitgebracht haben.“

      „Wenn es Ihnen Freude macht, bin ich gerne bereit, Ihnen die komplette Herde in meinem Büro zu zeigen“, willigte Bount ein. „Ich hoffe jedoch, dass dieses eine Tier ausreicht, um den Wert der ganzen Sammlung abzuschätzen. Ich habe die Größe der einzelnen Stücke hier aufgeschrieben.“ Er reichte dem Wissenschaftler ein Blatt Papier mit den Daten. Auch ein Foto hatte er mitgebracht, das alle acht Porzellanelefanten zeigte.

      Geoffrey Harrison holte eine starke Lupe, während Bount das Kästchen aus der Tasche zog.

      Danach verstummte die Unterhaltung. Der Wissenschaftler widmete sich der Prüfung der wertvollen Probe.

      Er brauchte nicht lange, bis er den Kopf hob und die Lupe aus der Hand legte.

      Bount sah ihn gespannt an.

      „Fünftausend“, sagte Harrison fast drohend.

      Bount verstand nicht. Mit einem so hohen Preis für ein ausführliches Gutachten hatte er nicht gerechnet.

      „Sie fordern fünftausend Dollar für Ihre Expertise?“, vergewisserte er sich.

      Geoffrey Harrison lachte geringschätzig auf. „Halten Sie mich für größenwahnsinnig, Reiniger? Sie bekommen keine Expertise. Die Sammlung, so wie ich sie auf diesem Foto sehe, ist nach meiner Schätzung nicht mehr als fünftausend Dollar wert. Ich darf wohl davon ausgehen, dass es sich auch bei den restlichen sieben Elefanten ebenfalls um Fälschungen handelt.“

      Bount schluckte. „Sie meinen, sie stammen nicht aus der Zeit der Tang Dynastie?“

      „Auf gar keinen Fall. Der Besitzer hätte klug daran getan, schon vor dem Kauf einen Fachmann um Rat zu fragen. Man hat ihn schlichtweg betrogen. Die Fälschung wurde nicht ungeschickt ausgeführt, was ihren Wert aber kaum erhöht.“

      Bount brauchte ein paar Augenblicke, um diese Nachricht zu verkraften. Er dachte daran, dass wegen einer angeblichen halben Million Dollar bereits drei Menschen gestorben waren: Shao Ch’eng, der Antiquitätenhändler in Paris und jener Gangster, der von seinem eigenen Gefährten zum Schweigen gebracht worden war. Möglicherweise würde die Gang weitere Anstrengungen unternehmen, um die Sammlung in ihren Besitz zu bringen. Sie würde wohl auch vor einem vierten Mord nicht zurückschrecken. Und das alles für eine Fälschung.

      „Sind Sie ganz sicher?“

      „Absolut. Ein Irrtum ist ausgeschlossen. Es hat wohl wenig Sinn, Ihnen einen Vortrag über die Merkmale zu halten, an denen ich die Wertlosigkeit erkenne.“

      „Ich muss mich da auf Ihr Urteil verlassen“, gab Bount zu. „Ich verstehe nicht viel von asiatischer Kunst.“

      „Der Chinese, der sich den Krempel hat andrehen lassen, verstand offensichtlich auch nicht viel davon. Hoffentlich hat das keine unangenehmen Konsequenzen für Sie.“ Konsequenzen? Daran durfte Bount gar nicht erst denken. Myang stand mit einem Schlag so gut wie mittellos da. Für ihr Studium und den Lebensunterhalt war zwar durch ein Konto gesorgt, über das die Chinesin verfügen konnte. Doch diese Tatsache würde ihr kaum über den Verlust einer halben Million hinweghelfen.

      Bount würde ihr die Wahrheit sehr schonend beibringen müssen.

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