Mörder-Paket Juli 2020: 10 Krimis für den Strand: Sammelband 9015. A. F. Morland
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      10

      Jaques Cloussard lauschte ins Telefon. Er unterbrach den Anrufer nicht. Sein Gesicht mit der Adlernase und den metallgrauen Augen wirkte voll konzentriert.

      Von Zeit zu Zeit machte er sich ein paar Notizen. Er würde die Angaben auswendig lernen und den Zettel anschließend verbrennen. Ein Profi wie er hinterließ nicht derart verräterische Beweismittel.

      „Haben wir uns genau verstanden, Cloussard?“, wollte sein Gesprächspartner schließlich wissen.

      „Oui, Monsieur. Es ist alles klar.“

      „Und Sie werden nicht etwa den verkehrten Mann umlegen?“

      „Wenn ich mich auf Ihre Informationen verlassen kann, wird es der richtige sein. Ich wiederhole zur Sicherheit die Daten, die Sie mir gegeben haben. Unterbrechen Sie mich, wenn etwas falsch ist.“

      Diesmal hörte der Mann am anderen Ende der Leitung zu und fand keinen Grund, den Killer zu unterbrechen.

      „Perfekt!“, lobte er schließlich. „Man hat mir versichert, dass ich mich auf Sie verlassen kann.“

      „Kann ich mich auch auf Sie verlassen, Monsieur?“ Jaques Cloussards Augen wurden enge Schlitze. Er arbeitete ungern ohne Lohn.

      „Sie haben Angst, ich könnte Sie betrügen, Cloussard?“

      Der Gangster lachte unfroh. „Hat man Ihnen weisgemacht, Jaques Cloussard hätte jemals Angst um seine Bezahlung gehabt? Dann wissen Ihre Gewährsleute nur die Hälfte über mich. Die Narren, die versucht haben, mich aufs Kreuz zu legen, liegen längst auf ihrem eigenen. Ihre Gesichter werden von ein paar Schaufeln Erde bedeckt, oder man hat sie an irgendeiner Stelle aus der Seine gefischt. Jaques Cloussard leistet hervorragende Arbeit. Aber er erhält auch seinen Lohn dafür. Immer.“

      „Ihre Unerschrockenheit gefällt mir, Cloussard. Die werden Sie auch brauchen. Ihnen darf keine Panne passieren. Fahren Sie jetzt zum Pont Neuf. An der nördlichen Seite werden Sie einen gelben Abfallcontainer entdecken. An dessen Unterseite klebt ein Briefumschlag. Er enthält Ihre Anzahlung. Den Rest erhalten Sie nach Erledigung des Auftrags, dann aber am südlichen Ufer. Haben Sie noch eine Frage, Cloussard?“

      „Ihnen liegt nur an diesem einen Mann, Monsieur?“

      „Das wird genügen. Ich wünsche Ihnen viel Erfolg.“

      „Und ich Ihnen, dass Ihre Pläne aufgehen.“

      „Das werden sie, Cloussard. Das werden sie ganz bestimmt.“

      11

      Die Maschine landete pünktlich in Orly.

      Bount Reiniger wurde ausgerufen und zum Informationsschalter gebeten.

      „Das wird der Commissaire sein“, meinte er hoffnungsvoll. „Ich bin froh, dass alles so gut klappt.“

      „Hoffentlich tut es das wirklich.“ Die Chinesin zweifelte noch immer.

      Der Commissaire begrüßte Bount mit überschwänglicher Herzlichkeit. Vor einiger Zeit hatte der Privatdetektiv einen gefährlichen Rauschgifthändler dingfest gemacht, den die Pariser Polizei nach New York hatte entkommen lassen. Durch ihn hatte ein weitverzweigter Heroin-Ring gesprengt werden können. Um ein Haar hätte der Commissaire wegen dieser Panne seinen Hut nehmen müssen. Aber wozu hatte man schließlich Freunde?

      Das sagte sich Bount jetzt auch und war zufrieden, als er mit Myang im Polizeiwagen zur Rue Clovis gefahren wurde. Bei dieser Bewachung musste jeder Gangster erkennen, dass ein Überfall aussichtslos war. Selbst wenn es ihm gelang, Myang oder Bount mit einem gezielten Schuss aus sicherer Entfernung zu töten, hatte er doch keine Möglichkeit, sich in den Besitz der Porzellanelefanten zu bringen. Ein Attentat wurde also sinnlos.

      „Adolphe Giraque gilt als Kapazität auf dem Gebiet asiatischer Kunst des vorigen Jahrtausends“, erklärte Bount während der Fahrt ins Zentrum von Paris. „Ich hätte ihn gerne schon von Bangkok aus auf unseren Besuch vorbereitet, aber ich wusste leider seine Telefonnummer nicht. Nur die Adresse kenne ich. Rue Clovis Nummer 17.“

      „Hoffentlich ist er überhaupt zu Hause“, gab Myang zu bedenken.

      „Wenn nicht, wäre das allerdings Pech“, gab Bount zu. „Doch ich rechne fest damit. Der Mann war, als ich ihn das letzte Mal sah, schon annähernd siebzig. Er ging wegen eines Rheumaleidens nur noch selten aus dem Haus. Das wird sich in den letzten Jahren kaum gebessert haben.“

      „Viel Zeit, einen anderen Experten aufzusuchen, haben wir jedenfalls nicht“, meinte die Chinesin. „Wir müssen ja auch noch zur Versicherung.“

      Der Polizeiwagen hielt vor dem von Bount bezeichneten Haus.

      Bevor Bount ausstieg, ließ er keine Vorsichtsmaßnahme außer Acht. Ihm war zwar auf der Herfahrt kein verdächtiger Wagen aufgefallen, und auch der Commissaire hatte die Augen offen gehalten, trotzdem gestattete er sich keine Nachlässigkeit.

      „Die Luft scheint rein zu sein“, stellte er beruhigt fest. „Ich hoffe, dass es nicht zu lange dauert.“

      „Soll ich Sie begleiten, Monsieur Reiniger?“, erbot sich der Commissaire.

      Bount lehnte dankend ab. „Es ist mir lieber, wenn Sie auf Mademoiselle Myang achtgeben“, sagte er. „Ihr Leben ist noch kostbarer als die Elefanten.“

      „Seien Sie unbesorgt. Ihrer Begleiterin wird nichts zustoßen, solange wir sie beschützen.“

      Bount stieg aus und verschwand im Hauseingang.

      Adolphe Giraque besaß ein Antiquitätengeschäft im Erdgeschoss. Die Auslagen deuteten schon darauf hin, dass er sich auf fernöstliche Kunst spezialisiert hatte.

      Bount zog die Luft ein. Es roch eigentümlich. Wahrscheinlich Räucherkerzen.

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